Für eine echte Premiere auf der Busworld hat der Entwicklungsstand des „Vision Future“ genannten Neuentwicklung aber wohl noch nicht ausgereicht, die das Unternehmen in dieser Woche der versammelten Fachpresse unter striktem Fotoverbot präsentierte. Vom bereits 2010 präsentierten Vorgänger seien bisher schon über 4.900 Exemplare ausgeliefert worden, so sagte Peter Gerdingh, Produktmanager für Reisebusse auf der Veranstaltung am Unternehmenssitz in Valkenswaard. Gleichzeitig sprach er von einem „neuen Kapitel“, das mit dem Nachfolger des Futura Ende 2024 aufgeschlagen werden solle. Grund für die jetztige Überarbeitung ist wie bei allen Herstellern die neue EU-Verordnung der „General Safety Regulation“ (GSR), die Mitte 2024 scharfgeschaltet wird und viele neue Sicherheitssysteme zur Serie macht. Um diese zu erfüllen, wird auch VDL eine völlig neue Elektrikplattform in den Futura implementieren, ähnlich wie MAN es gerade angekündigt hat. Ob auch das aktuelle Modell in einer Übergangsphase noch „GRS ready“ gemacht wird, wurde nicht gesagt, der Aufwand hierfür dürfte aber technisch und ökonomisch kaum tragbar sein.
Intensive Forschung und Kundenbefragungen zu den Themen „Vision Driver“, „Vision Passenger“ and „Vision Operator“ seien der Konzeption des neuen Fahrzeuges vorangegangen – so wurde eine komplett neue Sitzgeneration angekündigt, deren erste Bilder jedoch wenig komfortabel wirkten. Immerhin soll der neue Innenraum sowohl den „Baby Boomer“ als auch die „Generation Z“ so gut es geht an das eigene Wohnzimmer erinnern. Um die Betriebskosten niedrig zu halten, sei das Gesamtgewicht des Fahrzeuges beim Solobus um weitere 400 Kilogramm reduziert worden – intelligenter Leichtbau ist ja seit Jahren eines der Alleinstellungsmerkmale der Niederländer. Wie genau diese Reduktion von statten gehen soll, blieb aber wie fast alle weiteren Details noch im Dunkeln. Man darf sicher von weiteren Kompositbauteilen ausgehen und weitere Einsparungen beim Gerippe voraussetzen.
Wahlfreiheit beim Zukunfts-Antrieb
Nach dem schmissigen Motto „Power of Choice” soll die neue Plattform nicht nur als Dieselbus, sondern sowohl als Elektrovariante „für kurze Reichweiten“ als auch in einer Wasserstoffversion „für Internationale Verkehre“ entwickelt werden. Leider wurde weder zum Zeitplan noch zur Technik Näheres gesagt. Vorstellbar sei neben der Brennstoffzellentechnik auch eine Kooperation mit dem gut vernetzten Partnerunternehmen DAF für einen Wasserstoffverbrenner (Hubkolbenmotor), der erst unlängst für den Truck kommuniziert wurde. Ob dazu Gasflaschen auf dem Dach oder im Kofferraum untergebracht werden, wurde weder gesagt, noch gab es irgendwelche Hinweise hierauf an dem Prototypen, der noch stark camoufliert gezeigt wurde.
Auch was die finalen Antriebsformen und deren Start betrifft hüllt sich VDL noch in feinen Staub. Foto: VDL Bus & Coach
Geschärftes und "erwachsenes" Design
Deutlicher zu erkennen waren die Änderungen des bisherigen Designs, das von Chefdesigner Bram Veendrick in Form zweier „Mock ups“ (Teilmodelle in echter Größe) von Front und Heck gezeigt und interpretiert wurde. Insgesamt sei das Ziel eine „starke ästhetische Erscheinung“ gewesen, die der Wagen ausstrahlen solle. „Dazu haben wir den Punkt der breitesten Ausdehnung des Wagens im Sinne eines ‚Breiten-Themas‘ deutlich nach unten gezogen, damit der Bus breit und massig auf der Straße steht, und nicht mehr so hochbeinig wie das aktuelle Modell wirkt.“ Die Front wurde nochmal etwas abgerundet, so dass die Aerodynamik „auf eine neue Ebene gehoben“ wurde – ohne genau zu sagen, was das heißt. Wie beim Citea wurden die beiden A-Säulen mit „heruntertropfenden Applikationen“ in Wagenfarbe versehen – sie reichen hier aber deutlich weiter nach unten als beim Stadtbus. Insgesamt gehe es jedoch eher um „ein gestalterisches Update als um etwas ganz Neues,“ so Veendrick weiter., und zudem „seien alle ästhetischen Punkte immer auch mit funktionalem Hintergrund versehen.“ Als wichtigstes Merkmal der Front wurden neugestaltete LED-Scheinwerfer und eine teilweise schwarz lackierte Bugmaske mit integriertem Logo gezeigt. Tatsächlich wirkt diese Feinarbeit zusammen mit dem physisch in 3D-Optik ausgeformtem Frontspoiler deutlich erwachsener als das derzeitige Modell, dessen Front stark zerklüftet daherkommt. Auch der deutlich verkürzte Heckaufsatz (bessere Sicht in der letzten Reihe!) ist dem Experten durchaus bekannt, allerdings wurde hier deutlich nachgeschärft, was die Abrisskanten an den Seiten und an der Dachkante betrifft, was auch eine deutlich verbesserte Aerodynamik nach sich ziehen sollte. Erstmals wurden die neuen Heckleuchten des Stadtbusses Citea verwendet, die um die Heckecke herumgezogen sind und Seitenbegrenzungsleuchten beinhalten – dieses nette Detail könnte sich durchaus als markenprägend erweisen. Fazit des Designers Bram Veendrick: „Ein charakterstarkes Design das freundlich und zeitgemäß ist und gleichzeitig von der Masse heraussticht.“ Dem kann man nur beipflichten. Schade nur, dass der Kunde noch ähnlich lange gedulden muss, wie es beim neuen Citea der Fall war, bis dessen Produktion (bisher rund 20 Busse von 750 verkauften Fahrzeugen!) im neuen Werk in Roeselare angelaufen ist.