Die ersten Berechnungen lägen vor und zeigten, dass kommendes Jahr ohne verkehrsreduzierende Gegenmaßnahmen der Grenzwert für Stickstoffdioxid „wahrscheinlich immer noch an circa 90 Straßenabschnitten überschritten wird“, erklärte das hessische Umweltministerium auf Anfrage in Wiesbaden. Handlungsbedarf sei da, darüber täuschten auch die gesunkenen Werte aufgrund der Corona-Regelungen nicht hinweg. Ende des Jahres werde dazu ein Luftreinhalteplan vorgelegt.

„In den kommenden Wochen werden die Berechnungen für verschiedene Szenarien fortgeführt um zu schauen, wie sich einzelne Maßnahmen auf die Immissionswerte auswirken“, hieß es. Dazu zählten der Ausbau des Radwegenetzes, die Umstellung der Busflotte, der Ausbau von Busspuren und des Parkraummanagements, die Installation von Pförtnerampeln sowie eine Tempo-40-Zone.

Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte am 10. Dezember 2019 ein flächendeckendes Fahrverbot für ältere Diesel in Frankfurt zwar als unverhältnismäßig bezeichnet, doch muss die Mainmetropole Maßnahmen zur Reduzierung angehen. Dazu gehört auch, dass Stadt und Land Fahrverbote auf Einzelstrecken prüfen. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe.

Kritik gibt es an der Stadtpolitik: Nötig sei eine aktive Mitarbeit Frankfurts, damit die Zahl der betroffenen Straßen weiter sinke, erklärte das Ministerium. Frankfurts Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) räumte auf Nachfrage ein, man sei im Verzug. Sie habe gemeinsam mit dem Verkehrsdezernenten einen Vorschlag präsentiert, der ohne Fahrverbote auskomme – und dafür Temporeduzierungen, Schnellbusse für Pendler sowie mehr ÖPNV, Radverkehr und E-Mobilität vorsehe. Es sei schwierig, in der von CDU, SPD und Grünen regierten Stadt einen Konsens zu finden.

In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an die Stadt-Spitze unter dem Betreff „Fehlende Mitwirkung“ hat Landesumweltministerin Priska Hinz (Grüne) eine Frist bis Mitte Juni gesetzt, um notwendige Angaben für Maßnahmen nachzureichen, die eigentlich bis Mitte April vorliegen sollten – auch zu Pförtnerampeln zur Reduzierung des Verkehrs. Sie wären „die letzte wirksame Maßnahme, die wahrscheinlich dazu beigetragen hätte, Fahrverbote zu vermeiden“, heißt es in dem Schreiben.

Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch sagte, es müssten zeitnah geeignete Maßnahmen umgesetzt werden. „Durch den Corona-Lockdown gibt es keinen Aufschub.“ Verklagt wurden auch Wiesbaden und Darmstadt. Für die Landeshauptstadt kam es zu einem Vergleich, in Darmstadt gelten Fahrverbote für alte Diesel und Benziner auf zwei großen Straßen. Beide Kommunen dürften in ihren Anstrengungen nicht nachlassen, mahnte Resch. Über die Klagen im Fall von Limburg und Offenbach hat der VGH für den 14. September zur mündlichen Verhandlung geladen.