Unter den Überraschungen unter den Neuaufnahmen zählen insbesondere das frühere Foltergefängnis ESMA in Buenos Aires, die Kulturlandschaft Zagori im Norwesten Griechenlands sowie der Nyungwe-Nationalpark, der zugleich Ruandas erste Unesco-Welterbestätte überhaupt darstellt. Das UNESCO-Gremium tagt zwar noch bis 25. September in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad, als potenzielle Reisedestinationen lassen wir die „zehn Neuen“ an dieser Stelle aber schonmal debütieren.


ESMA-Museum und Ort der Erinnerung (Argentinien)

Das ESMA-Museum befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Offiziersquartiers der Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA) in Buenos Aires und erinnert an die Schrecken der argentinischen Militärdiktatur. Die Welterbestätte zeugt von der Grausamkeit der Junta in Argentinien und den Methoden südamerikanischer Diktaturen in den 1970er und 1980er Jahren. In ESMA folterten, vergewaltigten und ermordeten Offiziere der argentinischen Marine und ihre Untergebenen mehr als 5.000 Menschen, vorwiegend aus politischen Gründen Inhaftierte. Sie wurden enteignet und mussten Zwangsarbeit leisten. Der Handel mit Kindern, die in Gefangenschaft geboren wurden, blühte.

 

Kulturlandschaft Zagori (Griechenland)

Die Kulturlandschaft von Zagori liegt im Nordwesten Griechenlands. Sie ist von kleinen Dörfern, auch Zagorochoria genannt, und deren traditioneller Architektur mit Kalksteinmauern und gepflasterten Trockensteinwegen bestimmt. In den Dörfern gibt es oft einen zentralen Platz mit einer Platane in der Mitte, umgeben sind die Dörfer von Wald. Infrastruktur entwickelte sich in den Dörfern erst im 18. und 19. Jahrhundert, was zu einer deutlichen Veränderung der Orte führte: es entstand ein Netzwerk aus Steinbogenbrücken, gepflasterten Wegen und Treppen, das die einzelnen Dörfer untereinander verband, sodass sie heute zu einer politischen und sozialen Einheit zusammengewachsen sind.

 

Evaporitischer Karst und Höhlen im Nordappenin (Italien)

Der evaporitische Karst und die Höhlen im Nordapennin erstrecken sich über eine Fläche von mehr als 3.600 Hektar. In dem ausgedehnten Gipskarst-Gebiet sind über 900 Höhlen zu finden, darunter einige der tiefsten Gipshöhlen der Welt. Sie reichen bis zu 265 Meter unter die Erdoberfläche. Die neue Welterbestätte gehört zu den am besten erforschten Karst-Regionen der Erde. Erste wissenschaftliche Arbeiten befassten sich bereits im 16. Jahrhundert mit dem Gebiet. Für die Entwicklung der Geologie, Höhlenforschung, Mineralogie und Hydrogeologie ist es über lange Zeit hinweg von besonderer Bedeutung gewesen.

 

Anticosti (Kanada)

Auf der Insel Anticosti im kanadischen Sankt-Lorenz-Golf befindet sich eine der weltweit bedeutendsten geologischen Fundstätten: Ihre mächtigen Gesteinsschichten geben Aufschluss über Ursachen und Folgen des ersten großen Artensterbens vor rund 450 Millionen Jahren. Fossilien zahlreicher Weichtiere, die hier auf dem Grund eines flachen tropischen Meeres lebten, sind auf Anticosti bis heute bemerkenswert gut erhalten.


Eisinga Planetarium in Franeker (Niederlande)

Das Königliche Eise Eisinga Planetarium in Franeker ist das älteste durchgehend betriebene Planetarium der Welt. Zwischen 1774 und 1781 wurde es in einem bescheidenen Stadthaus errichtet. Heute zeigt es präzise die Positionen von Sonne, Mond, Erde und der fünf anderen damals bekannten Planeten an: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Den raffinierten Mechanismus entwarf und baute die Wissenschaftlerin Eise Eisinga größtenteils selbst. Er ist in Wand und Decke des Wohnzimmers eingelassen, wodurch es möglich war, den Raum unter dem großen Planetarium als Empfangsbereich zu nutzen.

 

Nyungwe-Nationalpark (Ruanda)

Der Nyungwe-Nationalpark liegt im Albert-Rift, das sich durch seinen außergewöhnlichen Artenreichtum auszechnet. Berg- und Bambuswälder, Savanne und hochgelegene Feuchtgebiete sind hier zu finden, darunter auch das Kamiranzovu-Sumpfgebiet, ein mehr als 1.000 Hektar umfassendes Torfmoor. Es gilt als das größte Afrikas und dient der Forschung als Pollenarchiv. Es erlaubt, mehr als 300.000 Jahre in die Erdgeschichte zurückzuschauen. Im Nyungwe-Nationalpark finden sich neben vielen endemischen Pflanzen-, Vogel- und Amphibienarten zahlreiche Primaten, darunter Schimpansen und Angola-Mantelaffen sowie die bedrohten Eulenkopf- und Goldmeerkatzen.

 

Siedlung Jodensavanne und Friedhof Cassipora Creek (Suriname)

Die archäologische Stätte Jodensavanne war früher eine jüdische Kolonie in Südamerika. Gegründet wurde sich in den 1680er-Jahren am Ufer des Flusses Suriname. Ihre Überreste erstrecken sich auf die Ruinen einer der ältesten Synagogen auf dem amerikanischen Doppelkontinent, Friedhöfe, die Fundamente von Backsteingebäuden, Bootsanleger und die Spuren eines Militärpostens. Der Friedhof Cassipora Creek ist Zeuge einer noch älteren Siedlung, die seit den 1650er-Jahren wenige Kilometer flussaufwärts existiert haben soll. Für ihre Zeit untypisch, befanden sich die beiden sephardischen Siedlungen nicht in städtischer Umgebung. Stattdessen lebten die Gemeinden hier lange inmitten indigenen Territoriums mit freien Menschen und Sklaven afrikanischer Herkunft.

 

Die antike Stadt Si Thep (Thailand)

Die antike Doppelstadt Si Thep mit der Tempelruine Khao Klang Nok und dem Höhlenkloster Khao Thamorrat zeugen von der Dvaravati-Kultur, die vom 6. bis 10. Jahrhundert in Zentralthailand gedieh. Die drei Stätten zeigen im Zusammenhang den umfangreichen Kulturaustausch der Dvaravati mit Indien, dem Hinduismus sowie dem Theravada- und Mahayana-Buddhismus. Khao Thamorrat ist das einzige bekannte Höhlenkloster des Mahayana-Buddhismus in Südostasien. Die lokale Auseinandersetzung der Davaravati mit den fremden Einflüssen führte zur Entwicklung einzigartiger künstlerischer und kultureller Merkmale, die sich in Stadtplanung, Mönchtum und religiöser Architektur ausdrückten. Es heißt, dass die Si-Thep-Kunstschule Einfluss auf die gesamte Zivilisationen Südostasiens ausübte.

 

Holzsäulenmoscheen des mittelalterlichen Anatolien (Türkei)

Die Holzsäulenmoscheen des mittelalterlichen Anatolien sind zwischen dem späten 13. Jahrhundert und der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden und bis heute ein bedeutendes Beispiel für die Entwicklung der islamischen Architektur. Fünf an der Zahl, zeichnen sich die Moscheen in ihrer Architektur durch die ungewöhnliche Kombination aus äußerem Mauerwerk und mehreren Reihen hölzerner Säulen im Inneren aus. Sowohl die Säulen als auch die Holzdecken sind von kunstvollen Schnitzereien geschmückt. Das Handwerk brachten einst Künstler aus Zentralasien nach Anatolien, die sich nach den Einfällen der Mongolen in der 1240er-Jahren in der Region niederließen. Dank ihnen sind die fünf Holzsäulenmoscheen ein bis heute bedeutendes Beispiel für die Entwicklung islamischer Architektur.

 

Zeremonielle Erdwerke von Hopewell (Vereinigte Staaten von Amerika)

Die acht monumentalen Hügel und Erdwerke von Hopewell im US-Bundesstaat Ohio wurden vor 2.000 bis 1.600 Jahren errichtet und zeugen von der indigenen Hopewell-Kultur. Die Monumente dienten zeremoniellen Zwecken und wurden von der verstreut lebenden Bevölkerung gemeinsam entlang der Nebenflüsse des Ohio River errichtet. Die immensen Anlagen sind weiträumig verteilt und beeindrucken durch ihre geometrische Präzision: Die Erdwerke, die nach den Phasen von Sonne und Mond ausgerichtet wurden, zeigen exakte Quadrate, Kreise und Achtecke.

 

Historisches Zentrum von Guimarães und die Couros-Zone (Portugal)

Der Welterbestatus des im 4. Jahrhundert gegründeten Guimarães wurde zwar nicht neu in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen, hat aber eine Erweiterung erfahren. Im 12. Jahrhundert wurde die Stadt die erste Hauptstadt Portugals. Ihr historisches Zentrum ist zusammen mit der sogenannten Couros-Zone, die sich außerhalb der Stadtmauern befand, ein äußerst gut erhaltenes Beispiel für die Entwicklung mittelalterlicher Siedlungen zu protoindustriellen Städten. Ihre reiche Gebäudetypologie gilt als Sinnbild für portugiesische Architektur und zeichnet sich durch die konsequente Verwendung traditioneller Baumaterialien und -techniken aus. Typisch sind beispielsweise Gebäude, deren Erdgeschosse aus Granit errichtet und mit Fachwerkkonstruktionen aufgestockt wurden.