Der Wandertourismus schaffe Nachfrage in Gastronomie, Hotellerie und Freizeitwirtschaft, fördere Wertschöpfung in strukturschwachen Regionen und unterstütze den Erhalt kultureller und landschaftlicher Vielfalt. Allerdings warnte Gemke vor Problemen für die Wanderinfrastruktur. Diese resultierten etwa aus der „Erosion des Ehrenamts“. Zudem fehlten den Wanderverbänden Nachwuchs, finanzielle Mittel und institutionelle Unterstützung. Unklare Regelungen im Bundeswaldgesetz begründeten den Verlust von wanderbezogener Infrastruktur. Insbesondere würden Bänke, Informationstafeln und Orientierungshilfen derzeit als „atypische Gefahrenquellen“ gelten, weshalb Waldbesitzer viele für Wanderer unverzichtbare Einrichtungen entfernen würden, um Haftungsrisiken von sich abzuwenden. Für die Instandhaltung von Wanderwegen gebe es darüber hinaus keine institutionelle Förderung. 

Laut Angela Kohls vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club gaben Radtouristen im Jahr 2023 rund 23 Milliarden Euro aus. Handlungsbedarf sieht sie in den Bereichen Infrastrukturqualität, Verkehrsbelastung, Beschilderung und bei der Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr. Zufrieden seien Radreisende mit den Routeninformationen und der Qualität der Unterkünfte. Im Gegensatz dazu würden sie die Oberfläche von Straßen und Wegen, die Verkehrsbelastung und die Beschilderung als nur mittelmäßig bewerten. Verkehrssicherheit und Wege-Befahrbarkeit begründeten großen größte Handlungsbedarf, so Kohls. 

 

Game-Changer E-Bike

Qualitativ gut ausgebaute Radwege, eine gute Wegweisung und eine Beschilderung für die Orientierung seien entscheidend für die Wertschöpfung in den Destinationen, bestätigte auch Svenja Golombek, als Vertreterin von ZIV - Die Fahrradindustrie in der Anhörung. Das radtouristische Netz sei seit 2005 von 40.000 auf 100.000 Kilometer und von 52 Radfernwegen auf 320 Radfernwege ausgebaut worden. Eine kontinuierliche Instandhaltung und Pflege der Infrastruktur sei nun unabdingbar. Nicht zuletzt, weil die von den Reisenden genutzten Fahrradtypen vielfältiger geworden seien. Der E-Bike-Bestand habe sich innerhalb von zehn Jahren von 2,1 Millionen auf 15,7 Millionen erhöht. 43 Prozent der Radreisenden würden E-Bikes benutzen. Im Mittelgebirge sei das E-Bike ein Game-Changer. 

 

Stabilstes Segment

Laut Iris Hegemann vom Deutschen Tourismusverband zählt der Rad- und Wandertourismus zu den stärksten und stabilsten Segmenten des Deutschlandtourismus. Der steigende Anteil von E-Bikes erhöhe dennoch den Bedarf an Servicestellen und Ladepunkten. Ein Mank sei, dass nur ein Teil der Bahnhöfe insbesondere in ländlichen Regionen barrierefrei sei. Die Kapazitäten zur Fahrradmitnahme in den Bahnen reichten nicht aus. 

Den größten Handlungsbedarf sieht Hegemann nicht im weiteren Ausbau, sondern im Erhalt der vorhandenen Infrastruktur. In vielen Regionen sei das Netz grundsätzlich vorhanden – jedoch nicht verlässlich nutzbar: „Oberflächen sind beschädigt, Beschilderung ist lückenhaft, digitale Informationen sind veraltet oder fehlen vollständig“, so Hegemann. Dadurch verliere die bestehende Infrastruktur ihre Wirkung, obwohl sie offiziell „vorhanden“ sei.

 

Themenroutennetz für Rad und E-Bike

Ein interessantes Projekt stellte Susanne Volkheimer von Haßberge Tourismus vor: das „(E-)Radtourismuskonzept“. Ausgehend von mehreren „Kristallisationsorten“ erschließen in der Region Haßberge unterschiedliche Thementouren im Rundtourenformat miteinander vernetzte Destinationen. Radfahrer können entweder immer wieder zum Ausgangspunkt oder zu ihrer Unterkunft zurückkehren. Durch die sternförmigen Routenoptionen werde ein Anreiz für einen längeren Aufenthalt geschaffen. Die „Kristallisationsorte“ verfügten über alle notwendigen Infrastrukturen wie Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, Sehenswürdigkeiten und radspezifische Service-Einrichtungen. Über eine App können sich die Entdecker Hintergrundinformationen über Schlösser, Burgen, bestimmte Häuser oder auch die jeweilige Naturkulisse einholen. Das Projekt soll für eine Steigerung der Gästezahlen, eine längere Aufenthaltsdauer und eine Stärkung der Gastronomiebetriebe sorgen.