„Den Fahrgästen ist es zunehmend unangenehm – unabhängig von irgendwelchen behördlichen Vorgaben – in überfüllten ÖPNV-Fahrzeugen befördert zu werden“, sagte der Geschäftsführer des Verbands Mitteldeutscher Omnibusunternehmen, Tilman Wagenknecht. Nach Angaben des Thüringer Verkehrsministeriums ist die weitere Entwicklung der Fahrgastzahlen 2022 coronabedingt schwer vorherzusagen.
Es sei wichtig, dass die Kommunen auch 2022 ein ausreichend großes Busangebot bestellten und – wo möglich – das vorhandene Angebot noch ausbauten, forderte Wagenknecht. Landkreise und kreisfreie Städte sind für die Bestellung des Personennahverkehrs zuständig, soweit dieser über die Straßen rollt. Nicht zuletzt der Kampf gegen den Klimawandel mache dies notwendig, sagte Wagenknecht. Dafür müssten die Aufgabenträger selbstverständlich über das nötige Geld verfügen, um den Einsatz der Busse auch zu bezahlen.
Eine Sprecherin des Thüringer Verkehrsministeriums sagte, weil es schwierig sei vorherzusagen, wie sich die Pandemie weiter entwickeln werde, lasse sich auch nicht voraussagen, was mit den Fahrgastzahlen bei Bussen und Bahnen geschehen werde. Zudem sei es noch zu früh, um zu sagen, ob zum Beispiel Homeoffice-Modelle mittelfristig dazu führen werden, dass Nahverkehrskunden dauerhaft weniger mit diesen Verkehrsmitteln fahren werden.
Die aktuellen Daten zur Entwicklung des ÖPNV sind nach Angaben des Verkehrsministeriums in diesem Zusammenhang widersprüchlich. So habe es zwar einerseits zuletzt etwa bei Monats- und anderen Zeitkarten vermehrt Kündigungen gegeben. Andererseits gebe es zumindest beim Bahnverkehr vorsichtig positive Signale. So habe das Fahrgastaufkommen beim Bahnnahverkehr im dritten Quartal 2021 nur etwa zehn bis zwanzig Prozent unter dem des dritten Quartals 2019 gelegen – also dem entsprechenden Vergleichszeitraum vor Beginn der Pandemie. Für den Busverkehr gibt es für Thüringen nach Ministeriumsangaben keine verlässlichen Zahlen.
Fachkräftemangel spielt große Rolle
Wie Wagenknecht machte auch Thüringens Verkehrsministerin Susanna Karawanskij deutlich, dass aus ihrer Sicht trotz der Unsicherheiten bei den zukünftigen Fahrgastzahlen das Bus- und Bahnangebot ausgebaut werden muss. „Für unsere weiteren Ziele zum Ausbau eines klimafreundlichen Nahverkehrs brauchen wir handlungsfähige ÖPNV-Partner an unserer Seite“, sagte sie.
Allerdings wird nach Einschätzung Wagenknechts nicht nur die Pandemie das Geschäft der Busunternehmen im nächsten Jahr maßgeblich beeinflussen. Vor allem auch die Suche nach Busfahrern und anderem Personal werde für die Branche eine große Rolle spielen, sagte er. Um dies zu erleichtern, müsse die Politik zum Beispiel dafür sorgen, dass sich Busführerscheine einfacher und preiswerter erwerben ließen. Auch für Teilzeitarbeitsverhältnisse müsse sich der Erwerb eines Führerscheins der Klasse D lohnen. „Das ist derzeit nicht der Fall.“
Wagenknecht machte deutlich, dass seine Branche ohne die staatliche Unterstützung seit Pandemiebeginn von einer Vielzahl von Unternehmenspleiten getroffen worden wäre. „Wenn es diese Hilfen nicht gegeben hätte, wäre diese Pleitewelle eingetreten“, sagte er. „Das steht völlig außer Frage.“ Solche Unterstützungen seien nun aber auch im neuen Jahr weiterhin nötig.