Für die HVB, für den Hersteller Scania und für den ÖPNV allgemein sind die neuen Busse ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität – und das ohne teure Elektrobusse und deren komplexe Ladeinfrastruktur. Denn die in Wernigerode bei der feierlichen Übergabe aufgereihten Citywide LF sind die ersten CNG-Stadtbusse von Scania, die in Deutschland mit Biogas betrieben werden. Dieser Kraftstoff sei laut dem schwedischen Hersteller der nachhaltigste, den es zur Zeit am Markt gibt. Die neuen Scania Busse sollen in Wernigerode nahezu klimaneutral fahren – gefördert mit Mitteln der Europäischen Union.

Attraktiver unterwegs im ÖPNV

„Wir blicken mit diesen neuen Fahrzeugen optimistisch in die Zukunft“, sagt Christian Fischer, Geschäftsführer der HVB, während der Übergabe. „Ziel der Anschaffung ist es, den Stadtverkehr in Wernigerode attraktiver und klimafreundlicher zu gestalten“, so Fischer. 

Attraktiver könnte das Busfahren für die Fahrgäste vor allem aus diesen Gründen werden: Die 32 verbauten Sitze haben, ähnlich wie in Regionalbussen, hohe Lehnen und sind dadurch deutlich bequemer. An einigen Sitzgruppen gibt es USB-Ladebuchsen, der Innenraum ist vollklimatisiert und der Einstieg ist barrierefrei. „Nicht nur die Fahrgäste, auch die Busfahrerinnen und -fahrer werden sich deutlich wohler fühlen, denn wir haben für eine optimale Erreichbarkeit der Armaturen gesorgt und modernste Fahrerassistenzsysteme eingebaut“, sagt Jens Ludwigkeit, Verkaufsleiter Busse bei Scania Deutschland. 

Angetrieben wird der Scania Citywide LF von einem effizienten Fünfzylinder-Gasmotor, eine fünftöpfige Scania-Spezialität, mit neun Litern Hubraum und 280 PS und 1.350 Newtonmeter an maximalem Drehmoment. „Das ist der modernste und sparsamste Gasmotor für Busse, den es derzeit auf dem Markt gibt“, sagt Jens Ludwigkeit. Die Fahrgestelle des Citywide LF werden am Scania Hauptsitz im schwedischen Södertälje hergestellt, die Endmontage  der Komplettbusse findet im Scania Werk Slupsk in Polen statt.

Biomethan – sofort verfügbar deutlich CO2-reduziert

Die HVB will die Busse auf ihren fünf Stadtlinien ausschließlich mit Biomethan des Herstellers Verbio aus Sachsen-Anhalt fahren. Die Wernigeroder Stadtwerke sorgen hier für den Nachschub. Das Gas wird ausschließlich aus landwirtschaftlichen Abfallstoffen und Stroh hergestellt, ist also nicht Teil der „Tank oder Teller-Diskussion“, die oft als Argument angeführt wird. „Wir wollen durch dieses Projekt 100.000 Liter Diesel einsparen“, sagt Christian Fischer. Das entspreche bis zu 300 Tonnen Kohlendioxid. Im Vergleich zu den Dieselfahrzeugen, die durch die Scania Citywide LF ersetzt werden, würden künftig bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen anfallen. Scania selbst bezifferte bei einem Pressetermin im Juni die CO2-Einsparung auf 80 Prozent, im Vergleich zu 83 Prozent bei HVO (hydiertes Pflanzenöl), 70 Prozent bei Flüssigbioggas und 60 Prozent bei Biodiesel/FAME. Am schlechteste schneide hierbei laut der Schweden Elektromobilität ab – bei dem derzeitigen Strommix in Europa: 55 Prozent. Scania hat sein neues Modell bereits als Elektroversion vorgestellt, aber bisher nur einige in Schweden verkauft. Laut Branchenexperte Wim Chatrou hatte die Marke im ersten Halbjahr 2022 nur einen Marktanteil von unter einem Prozent in der EU.

Im Ergebnis bedeutet die Kooperation der beteiligten Unternehmen in Wernigerode nach deren Fazit: hier entsteht der erste nahezu CO2-neutrale Stadtverkehr in den östlichen Bundesländern.

 

Technische Vorteile bei Betrieb und Wartung

Werkstattleiter Dirk Blum freut sich, dass die gasbetriebenen Busse in der Handhabung diverse Vorteile gegenüber denen mit Dieselantrieb hätten. Zum einen seien die Fahrgeräusche dank des Sauger- statt des Selbstzünderprinzips geringer, sowohl für die Fahrgäste als auch für die Kolleginnen und Kollegen am Steuer. Zum anderen verringere sich im Vergleich zu den Dieselbussen auch der Wartungsaufwand. „Die Diesel mit Euro 6 haben eine komplizierte SCR-Abgasnachbehandlung, die auf hohe Temperaturen und teures AdBlue angewiesen ist“, erklärt er. Diese Temperaturen würden bei den Fahrzyklen in der Stadt aber kaum erreicht, weshalb mehr Arbeit in der Werkstatt entstehe. Bei den Ottomotoren der neuen CNG- und Biomethan-Busse spielen Probleme mit der Abgasnachbehandlung so daher keine Rolle. 

Bereits in der kommenden Woche, also Mitte Oktober, will die HVB Wernigerode ihre sieben neuen Scania Citywide LF im Linienverkehr einsetzen.

 

 

Übergabe der Busse in Wernigerode (v.l.n.r.): Immo Kramer, stellvertretender Oberbürgermeister der Stadt Wernigerode; Christian Fischer, Geschäftsführer HVB ; Heike Schäffer, stellvertretende Landrätin; Jens Ludwigkeit, Key-Account-Manager Bus Großflotte Scania Deutschland/Österreich