Rund 700.000 Personen seien Neukundinnen und Neukunden, die den ÖPNV bislang in der Regel nicht genutzt haben – in diesem Punkt ist die Rechnung der Politik also aufgegangen. Durch die zusätzliche Nachfrage im Rahmen des Deutschland-Tickets sei die Auslastung im ÖPNV zwar angestiegen, allerdings führt dies nicht zu Überlastungen, wie sie zu Zeiten des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022 eher die Regel als die Ausnahme waren.

VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Die bisherigen Bestellungen und Verkaufszahlen des Deutschland-Tickets bewegen sich in dem von uns prognostizierten Rahmen. Die Anzahl derjenigen, die aus bestehenden Abos ins Deutschland-Ticket wechseln, wird in den kommenden Wochen noch deutlich steigen. Besonders freut uns, dass wir über 4 Millionen Kundinnen und Kunden erstmals von einem Abonnement überzeugen konnten, die bislang mit Tickets aus dem Bartarif oder mit Zeitkarten ohne Abo unterwegs waren.“

„Auch die Anzahl der Neukundinnen und Neukunden ist mit etwa 700.000 ein gutes erstes Ergebnis. Im Zuge dessen werden wir allerdings weiterhin gemeinsam mit Bund und Ländern über bundesweite Verbesserungen des ÖPNV-Angebots sprechen. Den handelnden Akteuren ist bewusst, dass das Deutschland-Ticket für viele Menschen, die vor Ort kein adäquates Bus- und Bahnangebot vorfinden, alleine nicht ausreicht, um dauerhaft in den ÖPNV umsteigen zu können. Der Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV-Gesamtsystems müssen ganz oben auf der politischen Agenda bleiben. Wir brauchen neben dem Deutschland-Ticket auch das Deutschland-Angebot im ÖPNV.“

Auch der neue Geschäftsführer ÖPNV des VDV, Alexander Möller, sagte auf der Social Media Plattform LinkedIn nach einer Podiumsdiskussion mit Vertretern und Vertreterinnen der Verkehrsbranche und Politik: „Auf das #Deutschlandticket muss das #Deutschlandangebot folgen. Volle Bahnen sind meistens okay, aber ohne Angebot nutzen auch die günstigsten Preise nichts. Deshalb geht es jetzt für uns darum den Ausbau- und Modernisierungspakt mit Inhalten, also Angeboten, zu füllen.“

 

Änderungen von der Koalition für 2024 geplant

Für das Jahr 2024 planen die Ampel-Koalitionspartner das 49-Euro-Ticket deutlich familienfreundlicher zu gestalten. Unter anderem soll die Mitnahme von Kindern und Jugendlichen neu geregelt werden. Auch ein Extra-Ticket für Studenten soll kommen, das die Lücke zu den von den meisten Unis angebotenen Semestertickets füllt.

Familien würden bisher beim 49-Euro-Ticket noch zu wenig bedacht. Das Fahren mit Kindern sei immer noch zu teuer, erläuterte Julia Verlinden, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, der Nachrichtenagentur AFP. Bislang dürfen Kinder unter sechs Jahren kostenlos mitfahren, ältere Kinder benötigen ein eigenes Ticket.

Im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel und des Ausbau- und Modernisierungspaktes wollen die Koalitionspartner das Ticket ab 2024 sozial weiterentwickeln. Dafür werde die Bundesregierung Verhandlungen mit den Bundesländern aufnehmen, informierte die Grünen-Politikerin Verlinden die AFP.

 

Mit dem D-Ticket ins Ausland

Eine besondere Volte der Tarifpolitik der Bahn hat unterdessen der Bundesverband Deutscher Busunternehmen (bdo) ausgegraben und unter der Headline „Deutschland-Ticket vs. Bustouristik“ veröffentlicht: Durch das Schneiden der Tarifgebiete, die sich von den Landesgrenzen deutlich unterscheiden, gebe es tatsächlich grenznahe Städte im Ausland, die mit den Regionalverbindungen der Bahn erreichbar sind. Der bdo vermeldet dazu, abweichend von früheren Aussagen des Verbands, als es um die von ihm unterstützte Einbindung des Fernbusses in das Ticket ging: „Laut Umfrage des Marktforschungsinstituts Opinium werden insbesondere reiseaffine Menschen das 49-Euro-Ticket für Städtetrips oder längere Urlaube nutzen. Nach der Umfrage sind die beliebtesten Reiseziele Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen.“ Und weiter: „Das Deutschland-Ticket gilt paradoxerweise aber auch im Ausland. Die tariflichen Grenzen der Bahnen der Nachbarstaaten liegen nämlich nicht auf den tatsächlichen Staatsgrenzen, sondern an Bahnhöfen. Damit kann man mit dem 49-Euro-Ticket viele ausländische Bahnhöfe in Österreich, Niederlande, Belgien, Schweiz, Polen, Frankreich, Dänemark, Luxemburg und Tschechien erreichen.“ Dies kommentiert der bdo dann kritisch so: „Von dieser Situation profitiert hauptsächlich die Bahn und nicht die Bustouristik. Aus Sicht des bdo wäre eine geeignete Kompensation dieser Schieflage eine Mehrwertsteuer-Senkung auf Busreisen.“ Was nun das eine mit dem anderen zu tun hat, und ob man weiterhin die Einbindung des Fernbusses unterstützt, dazu kein Wort aus Berlin. Spätestens bei der Evaluation des Tickets 2025 wird auch der bdo hier Farbe bekennen müssen (siehe auch das Interview mit RDA-Jurist Roman Müller-Böhm zum Thema im aktuellen Bus Blickpunkt).