Meinhold Hafermann, Geschäftsführer der traditionsreichen Busreiseveranstalters Hafermann Reisen in Witten, ist erleichtert über die Entscheidung des Landgerichts Bochum (10.08.2021), das das Urteil des Amtsgerichts Witten gekippt, geändert und neu gefasst hat. Die Klage wurde laut Hafermann voll abgewiesen. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir uns mit unserer Rechtsauffassung vor dem Landgericht Bochum durchgesetzt haben und hoffen, dass dieses Urteil vielen Reiseveranstaltern in ähnlich gelagerten Fällen eine Hilfe sein wird“, erklärt er in einer Pressemitteilung.

Was war geschehen?

Eine Kundin von Hafermann Reisen buchte am 31. Oktober 2019 für ihren Ehemann und sich eine 15-tägige Flusskreuzfahrt auf der Rhône und Saône (15. bis 29.08.2021). Ende Juni 2020 erklärte die Kundin den Rücktritt vom Reisevertrag. Sie gab die Ausbreitung des Corona-Virus als Grund an und berief sich auf „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne des § 651 h Abs. 3 BGB. Zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bestand keine Reisewarnung. Der Reiseveranstalter lehnte eine kostenfreie Stornierung ab und bot stattdessen die Reise unter Abzug einer entsprechenden Stornogebühr zu stornieren und für den Fall einer Reiseverlegung einen Anteil der Stornokosten auf die neue Reisebuchung anzurechnen. Zudem klärte Hafermann Reisen die Kundin über sein umfassendes Sicherheits- und Hygienekonzept auf. Die Kundin ging aber auf das Angebot nicht ein und bestand darauf, dass der Reiseveranstalter die geleistete Anzahlung zurückzuerstatten hat. Und so landete dieser Fall vor dem Amtsgericht Witten.

Das Amtsgericht gab der Klägerin im Urteil vom 16.02.2021 recht. Doch das wollte Hafermann Reisen nicht auf sich sitzen lassen und ging in Berufung. Das Landgericht Bochum gab Hafermann Recht und erklärte in der Urteilsbegründung u.a.: „Aufgrund des niedrigen und in der Tendenz abfallenden Infektionsgeschehens und der Aufhebung sämtlicher Reisewarnungen kurz vor der Kündigungserklärung, konnte die Klägerin bei ihrer ex-ante zu treffenden Prognoseentscheidung nicht davon ausgehen, dass die erst in etwa acht Wochen stattfindende Reise im Hinblick auf gesundheitliche Risiken erheblich beeinträchtigt seien würde, sondern wäre vielmehr gehalten gewesen, die weitere Entwicklung des Pandemiegeschehens abzuwarten, zumal von der Klägerin keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen worden sind, die eine Kündigung bereits zu diesem Zeitpunkt erfordert hätten.“

Auch die Behauptung der 60-jährigen Klägerin, aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen zu der Corona-Risikogruppe zu gehören, sei in diesem Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, heißt es in der Urteilsbegründung. Dazu führt das Gericht folgendes aus: „Die Frage, ob ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB·vorliegt, ist vielmehr objektiv und damit unabhängig von der subjektiven Konstitution der Reisenden zu bestimmen. Für eine solche Auslegung der Norm spricht zunächst deren Wortlaut, wonach außergewöhnliche Umstände solche sind, die am Ort des Reiseziels auftreten. Maßgeblich für die Bestimmung einer erheblichen Beeinträchtigung sind mithin allein die Umstände vor Ort und nicht die Frage, ob die Reise für die Reisende aufgrund ihrer Konstitution beeinträchtigt sein wird. Hierfür spricht auch der Erwägungsgrund 31 der Richtlinie (EU) 2015/2302, der als außergewöhnliche Umstände unter anderem schwerwiegende Beeinträchtigungen der Sicherheit wie Terrorismus oder erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit wie einen Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel aufzählt.“