„Sehr besorgt“ angesichts der Brüsseler Pläne, die Definition in der Pauschalreiserichtlinie auszuweiten, zeigte sich Alexandra Wolframm, Leiterin Regierungsbeziehungen/Public Affairs DACH beim Buchungsportal Booking.com. Konkret geht es darum,  dass verbundene Reiseleistungen zu einer Pauschalreise mit allen damit verbundenen Konsequenzen vor allem hinsichtlich der Haftung werden könnten. Wenn die Richtlinie in jetziger Fassung komme, so Wolframm, würden Zusammenstellungen verschiedener Reiseleistungen viel früher zur „Pauschalreise“ werden. Dies träfe nicht nur ihr Unternehmen, sondern auch kleine Reisebüros. Es würde bedeuten, dass der Reiseanbieter prüfen müsse, „ob Leistungsträger wie zum Beispiel ein kleines, entlegenes Hotel in der Lage wären, den geforderten Insolvenzschutz abzusichern“.

Dies würde eine „enorme Ausweitung der Haftung“ darstellen, sagte Wolframm. Wenn das Risiko nicht eingegangen werden könnte, müssten technische Lösungen überlegt werden, um bestimmte Reiseleistungen ausschließen zu können. Damit würde „dynamischen Reisen“ viel Flexibilität genommen, zum Nachteil der Kunden und Leistungsträger.

 

Plädoyer für praktikable Rahmenbedingungen

Solveig Mayer, Präsidiumsmitglied im Verband Internet Reisevertrieb (VIR), ergänzte, die erweiterten Haftungsbedingungen würden dazu führen, dass junge, kleine Unternehmen, Start-ups, abgeschreckt werden könnten, bestimmte Produkte überhaupt anzubieten. Es gehe darum, die Bedingungen so zu gestalten, dass „wir international im Wettbewerb bestehen können“. Gebraucht würden praktikable Rahmenbedingungen, damit Innovation weiterhin stattfinden könne, sagte Mayer.

Nach Darstellung von Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbandes, werden 41 Prozent aller Pauschalreisen in Europa in Deutschland verkauft. Die Reisemittler als kleinste Marktteilnehmer würden für die Qualität des Produkts der großen Airlines oder großen Hotels haften. Inger nannte dies eine „dramatische Verlagerung vom großen zum kleinsten Marktteilnehmer“, was politisch nicht gewollt sein könne.

 

KI entlaste den Arbeitsalltag

Deutlich positiver fielen die Urteile zum Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) aus, das ebenfalls Thema der Expertenrunde war. Die Rolle der KI in der Branche bezeichnete beispielsweise Dirk Inger als „hilfreich und positiv“. Viele Arbeiten seien standardmäßige Informationen. Hier könne die KI helfen, diese schnell zu beschaffen und weiterzugeben. Den Expedienten verschaffe dies Zeit für die individuelle Reiseberatung.

Max Hübner, selbstständiger Projektmanager, sagte hingegen einschränkend, die KI könne keine betriebswirtschaftlichen Synthese herstellen. Bei der Reisebuchung solle der individuelle, emotionale Bedarf des Kunden ermittelt werden, und dazu sei die KI noch nicht in der Lage. KI sei kein Allheilmittel.

Das Buchungsportal Booking.com setze KI bereits vielfältig ein, berichtete Alexandra Wolframm. KI sei "ein wertvolles und effizientes Instrument, um Abläufe zu automatisieren und effektiv zu gestalten". Was den sogenannten AI Act, das geplante Regelwerk der Europäischen Kommission zu KI anbelangt, diagnostizierte Wolframm Interpretationsspielraum bei einigen Begriffen wie etwa dem „Hochrisikobereich“. Da brauche es Klarstellungen durch die EU-Kommission.

Solveig Mayer sprach von „Entlastungen im Arbeitsalltag“ durch die KI, die bereits in der Pandemie-Zeit in großem Maße eingesetzt worden sei. KI stelle technologische Unterstützung von der Buchung bis zur Abwicklung des Geschäfts dar. „Wir brauchen Fachkräfte, die dann andere Aufgaben übernehmen“, sagte Mayer.