Die Reisewirtschaft entwickle sich entgegen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und trotz zahlreicher geopolitischer Krisen sehr gut – lautete der Tenor von Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV). Mit einem Umsatzplus von zwölf Prozent im laufenden Touristikjahr würden die Zahlen nach oben zeigen. „Die Urlaubslaune der Deutschen ist trotz aller wirtschaftlichen Unwägbarkeiten ungebremst“, erklärte Fiebig vor rund 450 Teilnehmenden beim dritten DRV-Hauptstadtkongress. Besonders erfreulich sei, „dass sich die Schere zwischen Umsatz und Anzahl der Reisenden immer weiter schließt. Und auch der Marktanteil der organisierten Reise am Gesamtumsatz des Reisemarktes steigt“, so Fiebig.
Ein Ereignis hat die Branche in diesem Jahr stark beschäftigt – die Insolvenz des drittgrößten Reiseveranstalters, FTI, im deutschen Markt. Fiebig betont in diesem Zusammenhang die beispielhafte Gemeinschaftsleistung der gesamten Branche – von Reiseveranstaltern und Reisebüros – und die beeindruckende Leistung des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF): „Die erste große Bewährungsprobe für den Fonds. Kein Pauschalreisegast wird sein Geld verlieren. Das stellt die besondere Sicherheit der Pauschalreise einmal mehr und klar unter Beweis“, so der DRV-Präsident. Gleichzeitig habe der Fonds seine Leistungsstärke und Zukunftsfähigkeit bewiesen.
Das Absicherungssystem habe dafür gesorgt, dass der entstandene Schaden für die Fondsgemeinschaft vergleichsweise gering ausfalle. Für die Zukunft fordert Fiebig eine größere Flexibilität des Fonds hinsichtlich der zu hinterlegenden Sicherungsleistungen.
Novellierung der Pauschalreiserichtlinie im Blick
Trotz der schon heute „unvergleichlich guten Absicherung der Pauschalreise“ stehe – wie bekannt – die Revision der Pauschalreiserichtlinie im Raum: „Akzeptabel ist das vorliegende Werk bei Weitem nicht – nicht für Reiseveranstalter und auch nicht für Reisebüros“, stellt Norbert Fiebig heraus. „Wir brauchen auch keine weiteren Nachteile gegenüber anderen Playern im Markt!“
Zu den Diskussionen zur Absicherung von Einzelleistungen wurde der DRV-Präsident sehr klar: „Wir sind gegen die Absicherung von Einzelleistungen im Geltungsbereich der Pauschalreiserichtlinie.“ Wichtig sei aus Fiebigs Sicht, dass transparent über die Unterschiede der Reiseformen aufgeklärt werde – über alle Kanäle – sowohl im Reisebüro als auch online. „Das muss lückenlos für alle Anbieter gelten. Nur so lassen sich Wettbewerbsverzerrungen vermeiden.“
Darüber hinaus ging er auf die vorgesehene Drei-Stunden-Regelung bei der Reisebuchung ein – ein Beispiel für die überbordende Bürokratieproduktion aus Brüssel: „Ein immenser Überprüfungsaufwand verbunden mit massivem bürokratischem Aufwand“, so Fiebig. „Das kostet einen Haufen Geld – und das alles ohne jeglichen Nutzen.“ Und der DRV-Präsident betont: „Diese Regelung wäre das Ende der verbundenen Reiseleistung. Insbesondere für mittelständische Reisebüros ein harter und perspektivisch existenzgefährdender Schlag.“ Daher setze sich der Verband vehement für die Beibehaltung der verbundenen Reiseleistung ein.
Overtourism bringt touristische Ziele an Kapazitätsgrenze
Auch das Thema Overtourismus war Thema der Diskussionen. Fiebig äußerte dazu: „Tourismus bringt sehr viele Vorteile in den Zielgebieten – zum Teil aber eben auch Nachteile. Eine komplexe, je nach Zielgebiet unterschiedliche Gemengelage.“ Hier brauche es differenzierte Lösungsansätze. „Die Herausforderung besteht darin, die positive Wirkung des Tourismus zu nutzen und die potenziell negativen Folgen auf Menschen und Umwelt zu minimieren.“ Fiebig zeigte sich überzeugt: „Wenn wir als Reisewirtschaft unsere Verantwortung ernst nehmen und die Herausforderungen im Schulterschluss mit den Destinationen und allen Beteiligten angehen, dann bleibt Reisen das, was es ist – eine große Freude und eine Bereicherung für alle.“ Daher habe der DRV auch gemeinsam mit dem BTW einen Roundtable Overtourism ins Leben gerufen.
Wachstumsimpulse und Überregulierungen
Zum Ende seiner Rede betonte Fiebig die Notwendigkeit einer Wirtschaftspolitik, die für Wachstumsimpulse sorgt und die zunehmende Abwanderung von Unternehmen verhindert. Gleichzeitig mahnt der DRV-Präsident: „Entscheidend bleibt, Überregulierungen und weitere Verzerrungen im Wettbewerb zu verhindern.“ Gleichzeitig müsse die ökologische Transformation konsequent und zügig vorangetrieben werden. „DAS“, so Fiebig, „das ist der Schlüssel für unser zukünftiges Wachstum. Das ist unsere Verantwortung!“