Peinlich! Innerhalb eines Jahres fehlen in Hamburg auf einmal 455 Linienbusse. Wie bitte?

Richtig, der Hamburger Senat musste Angaben vom Dezember 2017 als falsch zurücknehmen. 455 Linienbusse gibt es demnach gar nicht. Das sind fast schon römische Verhältnisse, doch statt mafiöser Strukturen sei es in Hamburg einfach nur ein Rechenfehler gewesen, wie zu hören ist.

Die Opposition im Hamburger Senat kann sich das Schmunzeln nicht verkneifen und hat im Sinne der Wähler nachgefragt, was es denn mit dem Diesel-Schummel auf sich habe. Deshalb stellte die CDU in Hamburg ganz offiziell die Schriftliche Kleine Anfrage an den Senat, mit der Bitte um Auskunft, wie viele umweltfreundliche Busse in der Stadt im Einsatz sind.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um Fahrverbote sicherlich wichtig und richtig, dass einmal gezählt wird. Beim Vergleich der aktuellen Zahlen mit früheren stellten die Politiker dann aber fest, dass die neuen Angaben von denen einer früheren Anfrage stark abweichen. In Hamburg waren zu Jahresbeginn 1.272 Busse gelistet, im Juli stehen dann nur noch 817 in den Fuhrparklisten. Hat man sich um 455 Busse verrechnet? Ja, man hat sich verrechnet, wo genau welche Zahlen falsch addiert wurden, konnte der Senat nicht sagen.

Nach genauerer Recherche fanden die CDU-Politiker dann noch heraus, dass von den einst gezählten 361 Bussen mit Euro-V-Norm jetzt nur noch 34 im Fuhrpark sind. Und von angeblich 302 Bussen der Euro-VI-Norm sind nach der neuen Zählung nur 287 vorhanden. Stephan Gamm, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, kommentierte das Zahlenwerk so: „Bei seinem Kampf gegen Hamburgs Autofahrer hat Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) offensichtlich den Überblick über Art und Struktur seines eigenen Fuhrparks komplett verloren. So verwundert es nicht, dass sich der Senat um unfassbare 455 Busse verzählt hat.“

Die Fahrverbote für Dieselfahrzeuge bis Euro V-Norm für die Hamburger Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee sind für viele Hamburger ein großes Ärgernis und stellen insbesondere für Spediteure eine immer größere logistische Herausforderung dar. Der Senat scheint aber nicht so recht zu wissen, inwieweit er selbst eigentlich tangiert ist, wie es seitens der CDU heißt. In der Antwort auf die gestellte Schriftliche Kleine Anfrage zum Thema „SCR-Katalysatoren“ musste der Hamburger Senat nun einräumen, dass nahezu jede seiner Angaben zu Anzahl und Schadstoffklassen des städtischen Fuhrparks und der HVV-Busse in einer früheren Anfrage falsch war.

Nach seiner Auswertung der Senatszahlen erfüllten rund zwei Drittel der im Hamburg „im Einsatz befindlichen Busse noch immer nicht die Schadstoffklasse Euro VI“, sagte Gamm. Der Senat sagt immer noch, dass er von 2020 an nur noch Busse mit Elektroantrieb kaufen wolle.

„Verschwiegen wird dabei gerne, dass vorher verstärkt Dieselbusse angeschafft werden und so noch bis weit in die 2030er-Jahre Dieselbusse den Fuhrpark dominieren“, so Gamm. Und: Im nächsten Jahr wird die Hochbahn 118 Dieselbusse neu anschaffen, im Jahr 2020 dann 30 Elektrobusse. Mit Blick auf drohende Fahrverbote denkt der Senat nicht daran, den Hochbahn-Fuhrpark mit SCR-Katalysatoren umzurüsten.

„Es reicht nicht aus, dass SPD und Grüne einfach nur abwarten, bis die Fahrzeuge aus Altersgründen erneuert werden müssen“, meint Gamm. „Die Nachrüstung muss mit Nachdruck vorangebracht werden.“ Im aktuellen Hamburger Luftreinhalteplan ist immer wieder die Rede vom Einsatz emissionsfreier oder emissionsarmer Busse in stark durch Abgase belasteten Straßen. Deren Existenz im Fuhrpark sei aber kaum spür- und sichtbar. 487 der 817 Hochbahn-Busse gehören zu den älteren Diesel-Bussen, das sind rund 60 Prozent. Auch den Wählern des Hamburger Senats stößt auf, dass diese Busse, wären sie privat unterwegs, natürlich nicht durch die Fahrverbotsstrecken fahren dürften.