Das Deutsche Auswandererhaus legt mit der Produktion einen Film über den fast vollständigen Bevölkerungsaustausch vor, den die Stadt Breslau (polnisch: Wrocław) nach 1945 erlebte. Nachdem der Zweite Weltkrieg die meisten deutschen Bewohner zur Flucht aus der Stadt veranlasst hatte, kamen zahlreiche Vertriebene u.a. aus dem russischen Lwow nach Wrocław – unter ihnen viele jüdische Familien. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten zog es dann auch viele Polen von Wrocław in die Bundesrepublik Deutschland. Bis heute gilt Wrocław als Schauplatz von Ein- und Auswanderung – die Verbindungen zwischen Polen und der BRD intensivieren sich bis heute. Nicht ohne Grund ist Polen jüngst auch als Partnerland des RDA für 2024 ausersehen worden.

Für die Dreharbeiten begab sich das Filmteam um den Filmemacher Martín Granata auf eine spannende Reise von Bremerhaven über Bremen, Berlin, Potsdam und Frankfurt/Oder nach Wrocław. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Marie Grünter, ihres Zeichens wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin am Deutschen Auswandererhauses. Grünter führte Interviews mit Menschen, die Wrocław zu unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlichen politischen Umständen erlebt haben. Unter den Interviewpartnern ist beispielsweise Maria Bober, die im Wrocław der 1980er Jahre – also zur Zeit der großen Streikbewegungen der Gewerkschaft Solidarność – ihren Beruf als Krankenschwester erlernte und die später nach Stotel bei Bremerhaven auswanderte. Demgegenüber steht die Geschichte von Izolda Topp-Wójtowicz, deren Familie als eine von wenigen deutschen Familien nach dem Zweiten Weltkrieg in Wrocław blieb.

Insgesamt erzählen 16 Protagonisten in „Wrocław/Breslau“ von ihrem Leben in der Stadt, von ihren Erinnerungen und davon, wie sich sowohl der Ort als auch ihre Wahrnehmung desselben verändert haben. Zu Wort kommen auch drei Experten der Universität Wrocław, dem Nationalmuseum Wrocław sowie der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.

Herausgekommen ist eine vielschichtige Erzählung, die einen multiperspektivischen Blick auf die Stadt ermöglicht und für Reiseveranstalter insbesondere bei der Planung von Bildungsreisen und Schulveranstaltungen interessant sein dürfte. Die 17-minütige Kurzdokumentation ist in deutscher, englischer und polnischer Sprache mit jeweiligen Untertiteln ab sofort innerhalb der Ausstellung des Deutschen Auswandererhauses im Roxy-Kino zu sehen. Sie entführt die Besucher in eine lebendige, ambivalente Stadt im Spannungsfeld von Historie und Plattenbau, Punk und Jazz, moderner Studienstadt und eindrücklichem Erinnerungsort.