Mit vielen teilnehmenden und über einen „Letter of Intent“ interessierten Unternehmen hatte Mobility inside dieses nach jahrelanger und teurer Entwicklungsarbeit Ziel schon weitgehend erreicht und zudem auch einen bundesweiten Vertrieb realisiert und die Digitalisierung zahlreicher Unternehmen und deren Tarife in die Wege geleitet. Der RMV als Haupt-Gesellschafter zeigt sich in seiner Verlautbarung deutlich enttäuscht vom Ende des Langzeitprojektes: „Die nächsten Schritte waren vorbereitet und sollten mit der Integration des DB-Fernverkehrs-Tarif 2024 ihren nächsten Höhepunkt erreichen.“  

 

Bund und Länder wollen keine bundesweite Plattform

Anlass der Beschlussfassung der Mobility-inside-Gesellschafter sei die Entscheidung von Bund und Ländern im Rahmen der länderoffenen Arbeitsgruppe, für das Deutschland-Ticket keine bundesweite Plattform zu wünschen und zu unterstützen. „Dies, obwohl es für eine künftige Aufteilung der Einnahmen aus dem Deutschland-Ticket eines entsprechenden Hintergrundsystems bedarf,“ kritisiert der RMV weiter. Diese Thematik ist einer der wesentlichen Diskussionsbedarfe in Sachen Deutschlandticket und mithin einer der politischen Hebel, um die Verbünde weiter zu schwächen.

„Angesichts dieser Rahmenbedingungen war der RMV mit einigen weiteren Partnern in der Beschlussfassung der Gesellschafter unterlegen und musste dabei leider auch zur Kenntnis nehmen, dass mit den Stadtwerken München und der Deutschen Bahn auch die zwei mit dem RMV größten Gesellschafter das Projekt haben fallen lassen.“ Die weiteren Gesellschafter sind bisher die AktivBus Flensburg GmbH, die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG), die Bentheimer Eisenbahn AG, die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (BOGESTRA), die Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21), die Landshuter Verkehrsverbund (LAVV), die Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH (LVB), die Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH (Mainzer Mobilität), Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV), die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg sowie die Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV). Seit April 2022 war die Mobility-inside-App in den Stores, welche die deutschlandweite Verbindungsauskunft zu Bus und Bahn und sechs direkt buchbare ÖPNV-Tarife umfasste sowie schrittweise bspw. durch die Buchung des DB-Nah- und Fernverkehrstarif oder von Sharing-Angeboten erweitert werden sollte. Getragen wurde Mobility inside neben den großen Gesellschaftern DB, SWM und RMV von 12 weiteren Gesellschaftern aus ganz Deutschland.

 

RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat (li.) und NVV Interims-GF Wolfgang Rausch (re.) vertreten jetzt
die "Mobility Inside"-Alleingesellschafter RMV und NVV.          
Fotos: RMV/Holger Peters und NVV

 

 „Ich halte das für einen großen Fehler, da das angesichts permanenter Kostensteigerungen schmaler gewordene finanzielle Budget für den ÖPNV nach effizienter Zusammenarbeit und Kooperation und dem Heben von Synergien schreit,“ so Prof. Knut Ringat, RMV-Geschäftsführer und bisher Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Mobility inside Holding. Die Entscheidung zementiere in Bezug auf Apps und Hintergrundsysteme die klassischen, aus Sicht der Fahrgäste längst überholten Anbietergrenzen einzelner Verkehrsunternehmen oder Verbünde. „Offensichtlich ist unsere Branche noch immer nicht bereit, Einzelinteressen und Egoismen hinter die Einfachheit für die Fahrgäste zu stellen“, so sucht Ringat nach einer Erklärung für das Scheitern. „Mit Bedauern stelle ich fest, dass es auch das Deutschland-Ticket bisher nicht schafft, die zersplitterte ÖPNV-Branche mit unzähligen Tarifen im Interesse der Fahrgäste zusammen zu führen.“ Im Gegenteil nehme er wahr, dass teilweise gar keine andere als die bisherige eigene Lösung gewünscht sei. „Die vorherrschende sehr große Vielfalt ist nicht nur teuer und überlastet derzeit die Kapazitäten der IT-Systemhäuser, sondern verunsichert Fahrgäste, die einheitliche Regeln zur Mitnahme von Personen, Hunden oder Kindern wünschen. Alleine im RMV-Gebiet sparen wir, indem es eine zentrale Verbund-App, statt zig Eigenentwicklungen der lokalen Anbieter gibt, jährlich mehr als 60 Millionen Euro. Deutschlandweit skaliert betrachtet ist also noch viel Luft nach oben.“ Hinzu kämen weitere Potenziale durch eine bessere einheitliche Vermarktung des Deutschland-Tickets oder mehr Fahrgäste, indem endlich deutschlandweit nahtlos Mobilität per App angeboten wird. Interessanterweise bestreitet der VDV bisher vehement ein Einsparungspotenzial auf Seiten der Verbünde durch eine Vereinheitlichung der Tariflandschaft.

 

Hessenweite Vernetzung setzt auf Mobility inside auf

Der harte Kern der Hauptgesellschafter RMV und NVV übt sich nunmehr in Schadensbegrenzung. „Das Deutschland-Ticket zeigt, dass unsere Fahrgäste einerseits zwar exakt auf die Region zugeschnittene Fahrplanangebote wollen, andererseits aber auch deutschlandweite Einheitlichkeit bei den Tickets und deren Verkauf wünschen. Diesen Ansprüchen unserer Fahrgäste zu Tickets und Verkauf müssen wir durch gemeinsame Lösungen der ÖPNV-Branche gerecht werden. Mobility inside war ein solch auf Kooperation und Fairness setzendes Projekt der ÖPNV-Branche und ich bedauere sehr, dass das gescheitert ist. Für uns ist klar, dass wir hessenweit mit dem RMV weiter kooperieren, aber wir sind dabei offen für alle in der ÖPNV-Branche, die sich uns anschließen wollen“, so NVV-Interims-Geschäftsführer Wolfgang Rausch, der seit September 2023 im Amt ist.

„Als maßgeblicher Gesellschafter haben wir Mobility inside unterstützt und wir hätten uns gewünscht, dass insgesamt mehr Weitblick herrscht. Aber ich freue mich, dass wir mit Mobility inside im RMV enormes Know-how in Hessen bei der Digitalisierung aufgebaut haben und wir auf diesem nun die hessische Vernetzung weiter ausbauen können“, so Prof. Ringat. „Wir werden das erreichte Know-how durch die Übernahme von Beschäftigten aber auch IT-Entwicklungen nun für eine Kooperation von NVV und RMV nutzen und weiterentwickeln.“ Dies biete zudem die Möglichkeit, später mit den Partnern, die über ihre eigenen Apps und Partikularinteressen hinausdenken, dort anzusetzen, wo jetzt Mobility inside ende und die Kunden „nun leider noch länger auf uns warten müssen.“

 

Der integrative Ansatz der "Vernetzungsplattform" Mobility Inside ist nicht zuletzt am D-Ticket gescheitert.          Foto: RMV