Mehr als zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) gaben dabei an, den Tourismus als wichtig wahrzunehmen. Interessanterweise waren es bei der Befragung im Jahr 2022 noch 74 Prozent der Einwohner. Der Zustimmung stehen acht Prozent gegenüber, die angaben, dass sie den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern als überhaupt nicht wichtig für ihren Wohnort wahrnehmen.

Die Macher der Studie gehen davon aus, dass den positiven Einschätzungen zur allgemeinen Bedeutung eine geringere Würdigung persönlicher Vorteile durch den Tourismus gegenübersteht. Der Aussage „Der Tourismus in meinem Wohnort ist insgesamt wichtig für mich.“ stimmten 26 Prozent der Befragten zu, vier Prozent weniger als bei der letzten Messung 2022.

„Mecklenburg-Vorpommern ist in erster Linie Urlaubsland, in dem der Tourismus ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig ist“, meint dazu Tobias Woitendorf, Tourismusbeauftragter des Landes und Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Eine funktionierende Tourismuskultur, die durch ein ausgewogenes Miteinander zwischen Einwohnern und Gästen geprägt ist, ist seiner Meinung nach unabdingbar. „Nur wenn Tourismus gut ausbalanciert, verstanden und akzeptiert ist, kann er für das Land auch in Zukunft stabil laufen.“

„Die Wichtigkeit des Tourismus als Wirtschaftsfaktor wird durch Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns auch im Bundesvergleich deutlich höher eingestuft“, so Sabina Seeler, Lehrkraft an der Fachhochschule Westküste und Vorstandsmitglied im Deutschen Institut für Tourismusforschung (DI Tourismusforschung).  Während auf Bundesebene 48 Prozent der Einwohner zustimmten, seien es in Mecklenburg-Vorpommern 61 Prozent – nur in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind die Zustimmungen noch höher. Hingegen werde der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern deutlich seltener als Treiber der eigenen Lebensqualität und einer lebenswerten Umwelt verstanden.

 

Nur jeder vierte Einwohner erkennt Wichtigkeit des Tourismus für sich persönlich

„Wenn mit 26 Prozent nur rund jeder vierte Einwohner die Wichtigkeit des Tourismus auch für sich persönlich erkennt, haben wir offenbar ein Übersetzungsproblem“, glaubt Woitendorf und verwies im Zusammenhang auf die aktuellen Berechnungen zum Wirtschaftsfaktor Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Demnach generiert die Branche einen Bruttoumsatz von rund 7,1 Milliarden Euro pro Jahr. „Das ist Geld, das im Wesentlichen von außen in das Land eingebracht wird und das Leben in Mecklenburg-Vorpommern an vielen Stellen befördert“, so Woitendorf. Das mangelnde Bewusstsein, dass der Tourismus auch persönlichen Nutzen stifte, spiegele sich im so genannten Tourismusakzeptanzsaldo persönlich (TAS-P) wider. Bezogen auf die persönlichen Belange würden die Auswirkungen des Tourismus von der Mehrheit der Einwohner als neutral eingestuft – was allerdings auch auf Bundeebene der Fall sei. Insgesamt unterliege das „Tourismusakzeptanzsaldo persönlich“ geringeren Schwankungen. Allerdings zeige sich laut Sabrina Seeler erstmalig auf Bundesebene auch hier eine sinkende Akzeptanz – maßgeblich durch den Anstieg neutraler Nennungen. Im Bundeslandvergleich seien Schwankungen des TAS-P-Wertes zwischen +17 und +30 ermittelbar.

 

Sinkende Akzeptanz durch „neutrale Mitte“

44 Prozent der für die Studie Befragten gaben an, weder direkt von den positiven, noch indirekt von den negativen Auswirkungen des Tourismus betroffen zu sein. Die Gründe für die neutrale Haltung gegenüber dem Tourismus erscheinen den Machern der Studie vielfältig: 20 Prozent der Befragten sagten, dass sie die Auswirkungen auf sich persönlich nicht einstufen könnten und sich entsprechend neutral äußern wollten. 18 Prozent sahen eine Balance zwischen positiven und negativen Auswirkungen. Für 16 Prozent war ausschlaggebend, dass es an ihrem Wohnort gar keine Tourismusangebote gibt, die als „persönlich positiv/negativ“ hätten bewertet werden können. „Auch auf Bundesebene ist der Anteil der Neutral-Nennungen seit Erstmessung im Jahr 2019 deutlich gestiegen – der Anteil wahrgenommener negativer Auswirkungen geht zwar zurück, allerdings werden positive Auswirkungen auch zum Teil deutlich seltener erkannt“, weiß Seeler.

 

Akzeptanz insgesamt

Rund 50 Prozent der Befragten bewertete in der Studie die Anzahl der Touristen im Land insgesamt als „die richtige Menge“.  21 Prozent fanden, dass es „zu wenige“ seien, 15 Prozent, dass es „zu viele“ seien. Tagestouristen werden im Vergleich zu Übernachtungsgästen häufiger als „zu viele“ wahrgenommen. Ausländische Touristen werden am stärksten als „zu wenige“ in Mecklenburg-Vorpommern wahrgenommen.

Bei den jüngeren Einwohnern fällt die Tourismusakzeptanz geringer aus als bei älteren. Für sich persönlich erkennen nur 17 Prozent der unter 35-Jährigen überwiegend negative Auswirkungen durch den Tourismus. Demgegenüber weisen Einwohner mit einem wirtschaftlichen Bezug zum Tourismus auch eine höhere Tourismusakzeptanz auf.

 

Die Top fünf der wahrgenommenen positiven Aspekte des Tourismus:

  • 75 Prozent sehen, dass der Tourismus die lokale Wirtschaft fördert,
  • für 70 Prozent zeichnet er für ein positives Image verantwortlich,
  • 62 sagen, dass er attraktive Arbeitsplätze schafft,
  • für 57 Prozent trägt er zum Erhalt der Kultur,
  • für 54 Prozent zum Erhalt der Infrastruktur bei.

Woitendorf sieht die wahrgenommenen positiven Effekte des Tourismus teilweise auch in den aktuellen Veränderungen in der Welt begründet.

 

Die Top fünf der wahrgenommenen negativen Aspekte des Tourismus:

  • für 58 Prozent der Befragten vergrößert der Tourismus die Verkehrsprobleme,
  • für 54 Prozent trägt er zur Belastung der Natur bei,
  • für 45 Prozent werden durch den Tourismus Dinge teurer,
  • für 45 Prozent sind es oft zu viele Gäste zur selben Zeit am selben Ort,
  • für 44 Prozent ist es durch die Gäste zu voll

 

 

Grafik: Deutsches Institut für Tourismusforschung (Fachhochschule Westküste) / dwif-Consulting GmbH

 

Dabei sei festzustellen, so die Macher der Studie, dass im Vergleich zum Vorjahr auch die negativen Effekte weniger stark wahrgenommen werden. Handlungsbedarf sähen Einwohner bei der Verkehrsproblematik (50 Prozent), bei der Mitbestimmung bei touristischen Plänen (34 Prozent) sowie bei der Verbesserung des Umweltschutzes (34 Prozent).

Stark erhöhte Zustimmungswerte zu den empfundenen negativen Auswirkungen des Tourismus zeigt die Insel Usedom. Neben Verkehrs- und Umweltbelastungen und Preissteigerungen fällt vor allem der Aspekt des touristischen Wohnens ins Auge: 73 Prozent stimmen der Aussage zu, dass zu viel Wohnraum auf Usedom für Touristen genutzt wird. Für Mecklenburg-Vorpommern insgesamt ergeben sich hier nur 25 Prozent. Negative Effekte werden daneben auch auf Rügen und in Rostock überdurchschnittlich stark wahrgenommen – die positiven Effekte allerdings ebenso. In der Region Mecklenburg-Schwerin sind hingegen nicht nur die wahrgenommenen positiven Effekte des Tourismus weniger stark ausgeprägt, auch die negativen Effekte werden weniger gesehen als in anderen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns.