Im heutigen Newsletter des Deutschen Reiseverbands (DRV) äußert sich Busunternehmer Mathias Hirsch in seiner Funktion als Vorsitzender des DRV-Ausschusses „Gruppenreisen" zur EU-Pauschalreiserichtlinie.
In der Stellungnahme des DRV zum Entwurf der Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht kritisiert der Branchenverband auch die Bevorteilung der sogenannten. „Schwarztouristiker“ - etwa Schulen, Kirchen oder Vereine. Mathias Hirsch schildert die Lage aus der Sicht eines Busunternehmers und weist dabei auf Risiken hin, die es mit sich bringt, wenn Menschen ohne professionelle Erfahrung Reisen veranstalten dürfen und dann auch noch aus der gesetzlichen Haftung genommen werden.
Der DRV hält es im Sinne eines fairen Wettbewerbs für äußerst problematisch, wenn Schwarztouristik vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen wird. Wörtlich heißt es in der DRV-Stellungnahme:
„Die Herausnahme ist nicht akzeptabel, da zum einen eine Reduzierung des Verbraucherschutzes erfolgt, zum anderen gewerblich tätige Reiseunternehmen benachteiligt werden. Es handelt sich dabei auch nicht um eine 'Petitesse'. Gemäß dem RDA vorliegendem Zahlenmaterial betrug der Anteil dieser Veranstalter am Gesamtmarkt 2001 schon ca. 10%.
Reisende, die eine Fahrt bei Kirchen, Vereinen, Schulen oder Gewerkschaften, um nur einige der Hauptanbieter in diesem Bereich zu nennen, gebucht haben, genießen in Zukunft nicht mehr den Schutz des Pauschalreiserechts. Diese Veranstalter benötigen nun nicht mehr nur keine Insolvenzversicherung, sondern können ohne die erforderliche Professionalität Reisen organisieren, Reiseleistungen einkaufen sowie kombinieren und verfügen auch kaum über entsprechende Versicherungen, die in einem Schadensfall zugunsten des Reisenden eintreten.
Die komplette Herausnahme von „Nicht-Unternehmern“ aus dem Anwendungsbereich stellt nach Ansicht des DRV keine richtlinienkonforme Umsetzung dar, da der Erwägungsgrund 21 der EU-RL 2015/2302 auch auf „gelegentlich“ und nicht nur auf „nicht gewerblich“ abstellt. Der DRV fordert hier lediglich die Beibehaltung des Status quo."
Der Vorsitzende des DRV-Ausschusses Gruppenreisen, Mathias Hirsch, nimmt zu dem Entwurf wie folgt Stellung:
„Dass die nichtgewerblichen Veranstalter aus dem Geltungsbereich des Gesetzes herausgenommen werden, verhindert nicht nur einen fairen Wettbewerb, sondern vermindert auch den Verbraucherschutz.
Bislang begaben sich Vereinsvorstände, Pfarrer etc. automatisch in die Haftung, wenn sie ihren Mitgliedern mehrtägige Reisepakete zum Pauschalpreis anboten; sie wurden Reiseveranstalter, denn sie waren nach § 651k, Abs. 6 lediglich von der Pflicht zur Insolvenzabsicherung ausgenommen.
Aus eigener Erfahrung:
Wenn ein Vereinsvorstand einen Bus für eine mehrtägige Reise anfragt, weist jeder fürsorgliche Veranstalter diesen auf das enorme Haftungsrisiko hin, wenn er sich nicht die gesamte Reise von einem professionellen Reiseveranstalter organisieren lässt. Fast alle sind völlig überrascht, weil sie weder die Gesetzeslage kennen noch sich über ihren Status im Klaren sind. In vielen Fällen übertragen sie dann die Organisation dem Reiseveranstalter, bei schon geschlossenen Verträgen mit Hotels, Reiseleitern, etc. treten die Reiseveranstalter in diese Verträge ein. Der Reiseveranstalter wird in der Ausschreibung genannt, der Vereinsvorstand ist aus der Haftung. Der Reiseveranstalter hat seine Reiseveranstalter-Haftpflichtversicherung.
Es war in der Vergangenheit auch nicht möglich, dass sich der Vereinsvorstand über eine solche RV-Haftpflicht-Versicherung exkulpierte, die Versicherer boten dieses Produkt Vereinen, die 1-2 mal im Jahr eine Reise organisierten, schlichtweg nicht an. Aufgrund der Kleinteiligkeit des Geschäfts und des im Verhältnis zur erzielbaren Prämie hohen, vom Versicherer schwer einschätzbaren Einzelrisikos dürfte sich daran auch nichts ändern.
Wie wäre die Situation in Zukunft, würde der Gesetzgeber die in der EU-Richtlinie nach Art. 2, Abs. 2b) eröffnete Möglichkeit unverändert übernehmen?
Die Vereinsvorstände wären „aus dem Schneider“, die Reisenden des Vereins jedoch im Risiko. Vertrauen sie doch selbstredend einer Führungspersönlichkeit (Vorstand, Pfarrer), dass dieser die Reise schon ordentlich organisieren, z.B. ein zuverlässiges Busunternehmen buchen wird. Auch ist der einzelne Reisende in den zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Ablauf der Gruppenreise eingebunden und kann sich aus diesem nicht oder nur unter Inkaufnahme von Nachteilen lösen. Ganz im Gegensatz zur selbst organisierten Reise, bei der sich jeder automatisch um die Seriosität der Leistungsträger kümmert und jederzeit selbständig handeln kann.
Wir Praktiker wissen, was auf einer Reise so alles passieren kann, insbesondere weil ja zukünftig die Regelung des § 651h, Abs. 1, Nr. 2 entfällt. Danach konnte der Reiseveranstalter bisher seine Haftung für Schäden, die nicht Körperschäden sind und an denen allein ein Leistungsträger schuld ist, auf den 3-fachen Reisepreis begrenzen. Das ist nach der neuen Gesetzgebung nicht mehr möglich. Was passiert dann mit der kaputten Top-Kamera im Wert von 5.000 Euro bei einem Reisepreis von 500 Euro?"