MAN Truck & Bus hat sein Bus-Portfolio in den letzten Jahren mit der Einführung zahlreicher innovativer Modelle grundlegend erneuert: NEOPLAN Tourliner (2016), MAN Lion’s Coach (2017), MAN Lion’s City (2018), MAN Lion’s City E (2019); MAN Lion’s Intercity LE (2021). Mit neuen gesetzlichen Vorgaben auf europäischer und globaler Ebene kommen jetzt viele zusätzliche Anforderungen auf die Hersteller zu, die mit den bisherigen technischen Grundlagen kaum mehr umzusetzen waren. Die ab 2024 in Kraft tretende Verordnung EU 2019/2144 für mehr Sicherheit im Straßenverkehr - daher auch „General Safety Regulation (GSR)“ genannt - macht viele bisher freiwillig verbaute Assistenz- und Sicherheitssysteme gesetzlich zwingend. Ab Juli 2024 ist die Einhaltung der Vorgaben für alle Neuzulassungen verpflichtend. Die neue Fahrzeugelektronik von MAN Truck & Bus erfüllt all diese künftigen Anforderungen und sorgt gleichzeitig für das größte Modell-Update der letzten Jahre.
Neue Elektronik für alle Busse
Die neue Elektrik- und Elektronikplattform basiert grundlegend auf dem erprobten Technologiebaukasten der Truck-Baureihen von MAN und wurde für die besonderen Bedürfnisse des Bus-Portfolios mit seiner aufwendigen Aufbauelektrik angepasst. Der bisherige „Power Train Manager (PTM)“, zentrales Steuergerät des bisherigen KIBES32 Systems, wird durch den „Central Vehicle Manager“ (CVM) ersetzt, dessen Rechenleistung nun doppelt so hoch ist wie bisher. Dies beschleunigt sämtliche Rechenvorgänge an Bord massiv bei erweiterten Funktionalitäten. Selbstverständlich bleiben alle bisherigen Telematik- und Diagnosefunktionen erhalten und werden unter anderem durch Over the Air-Updates sogar verbessert. Die Datenqualität für sämtliche Bordsysteme wird weiter optimiert.
Neu gestalteter Fahrerarbeitsplatz
Die mit der neuen Elektrik einziehenden digitalen Cockpits verfügen vor allem in den Reisebusversionen mit dem innovativen „Smart-Select“-Bediensystem über einen neu gestalteten Fahrerarbeitsplatz, der den höchsten ergonomischen Ansprüchen entspricht und für beide Marken MAN und NEOPLAN im jeweiligen Color & Trim-Konzept individuell angepasst ist. Grundlegend wurde die Basisform einer stark fahrerzentrierten Mittelkonsole beibehalten, die sich über Jahre bewährt hat. Diese ist zum Boden hin nun offen, so dass sich hier deutlich mehr Bewegungsfreiheit für den Fahrer ergibt.
In der Mitte der Konsole kommt in Verbindung mit dem hochwertigen Infotainment-System MMC Advanced mit Navigation (Serie im NEOPLAN Skyliner) das neue Smart-Select-Bedienteil zur Anwendung, das für den Fahrer optimal zu erreichen ist und mit der neuen Handballenauflage eine stabilisierende Funktion hat, die man aber bei Bedarf einfach nach ober wegklappen kann.
Das neue Cockpit des Neoplan Tourliner mit Digitalanzeige, neuem Multifunktionslenkrad
und Smart-Select-Drehdrücksteller zur Rechten. Foto: MAN Truck & Bus
MAN Smart-Select statt Touchscreen
Auf das gleiche Thema zahlt der neue, auch „Dreh-Drück-Steller“ genannte MAN Smart-Select Bedienknopf ein, der im Bus so noch nie verbaut wurde – im Lkw hat er sich dagegen schon seit einigen Jahren gut bewährt. Das gesamte Bedienkonzept und die Platzierung der MAN Smart-Select Einheit ist nicht nur komfortabel, sondern dient auch der Sicherheit während der Fahrt. Fahrer können bei der Mediensteuerung in ihrer gewohnten Position verbleiben und ihre Aufmerksamkeit durchgehend auf der Straße belassen. Unachtsamkeit oder versehentliche Fehllenkungen, die die sichere Fahrt gefährden könnten, werden deutlich reduziert.
Basis des Konzepts ist die Erfahrung der MAN Entwickler, dass im Nutzfahrzeug mit seinem harten Einsatz und zudem einem schwingenden Fahrersitz ein Touchscreen zur Bedienung wichtiger Funktionen nicht optimal ist. Zur Stabilisierung der Bedienhand kommt erstmals im Busbereich eine ergonomisch optimale Handballenauflage zum Einsatz, auf der die Hand abgelegt und so stabilisiert werden kann. Das Prinzip dazu lautet: „Intuitiv, einfach und ablenkungsarm.“
Radargestützte Abbiegehilfe und Spurwechselhilfe
Eine der bedeutendsten Weiterentwicklungen des neuen Modelljahres bei MAN in Sachen Sicherheit ist die radargestützte Abbiegehilfe für die unübersichtliche rechte Seite des Busses, die gleichzeitig mit einer optionalen Spurwechselhilfe auf beiden Seiten kombiniert werden kann. Das System besteht aus einer Einheit mit zwei Radarköpfen hinter dem rechten Vorderrad, die zusammen nahezu 180 Grad Erfassungswinkel besitzen, also die gesamte Fahrzeugseite abdecken. Radarsensoren haben sich insbesondere bei sehr schlechten Sichtverhältnissen als noch zuverlässiger erwiesen als kamerabasierte Systeme wie der bekannte aktiv warnende Abbiegeassistent. Damit schließt MAN gleichzeitig zum Wettbewerber Daimler und auch zur Konzernschwester Scania auf, die beide schon seit einiger Zeit auf Radar statt auf Kameras setzen.
Die neue Abbiegehilfe aktiviert sich automatisch bei einer Geschwindigkeit von unter 30 km/h. Sie erkennt nicht nur statische Objekte im seitlichen Bereich von bis zu 4,5 Metern Entfernung, sondern berechnet darüber hinaus auch potenzielle Bewegungspfade voraus. So kann das System die Situation vorausschauend beurteilen und bei Bedarf eine optische und akustische Warnung ausgeben. Die optische Meldung warnt den Fahrer über ein gelbes LED-Band, das an der A-Säule der fahrerabgewandten Seite angebracht ist. Durch die Positionierung lenkt es die Aufmerksamkeit des Fahrers bewusst in Richtung der Problemzone. Ein aktives Eingreifen ins Bremssystem ist nicht vorgesehen. Das hochkant montierte und weitgehend bündig in die A-Säule integrierte LED-Band umfasst drei LED-Module, die je nach Dringlichkeit in unterschiedlicher Anzahl aufleuchten.
Die neuen Radarsensoren ermöglichen zudem bei Geschwindigkeiten ab 50 km/h die Überwachung des rechten und mit optionaler Spurwechselhilfe auch linken Seitenbereichs des Fahrzeugs. Die Reichweite des überwachten Bereichs beträgt dabei etwa acht Meter nach vorn und 80 Meter nach hinten sowie rund 4,5 Meter seitlich und bildet einen Radius von je rund 180° ab. Damit ist eine nahezu lückenlose Erfassung der angrenzenden Fahrbahnen möglich. Erkennt das System bei Einleitung eines Spurwechsels eine Gefahrensituation im überwachten Bereich, warnt es den Fahrer frühzeitig. Dieser kann entsprechend reagieren und eine mögliche Kollision aktiv verhindern. Besonders hilfreich ist das System beim Überholen und Wiedereinscheren auf der Autobahn. Zusätzlich bietet MAN optional auf ein sehr gutes 360 Grad-Kamerasystem an, dessen kompakter Hochkant-Monitor sich sehr gut ins neue Cockpit einfügt.
Elektrische Low-Entry-Version feiert Premiere
Auch in Sachen eBus-Portfolio gibt es neben neuen Batterien (ab 2025) und neuer ZF Elektroachse (ab 2024) weitere spannende Neuerungen: So bringt MAN in diesem Jahr als weitere eBus-Lösung den Lion’s City 12 E LE (Aufmacherfoto oben Mitte) auf den Markt, der erste Überland-Wagen der Löwenmarke in einem bisher sehr spärlich besetzten Segment. Dieser basiert auf dem elektrischen 12-Meter-Solobus mit Zentralantrieb und modularen Batterien, sorgt aber mit der auf Kundenfeedback angepassten Bodenlandschaft für einen besonders hohen Sitzkomfort. Mit bis zu 41 Fahrgastsitzen plus Sondernutzungsfläche für Rollstuhl und Kinderwagen und einer motorturmfreien Hecklandschaft in Low Entry Bauweise eignet sich der Lion's City 12 E LE perfekt für Vorortlinien mit Klasse-1-Zulassung. „Insbesondere die Tatsache, dass die Sitze im hinteren Bereich des Fahrzeugs alle in Fahrtrichtung ausgerichtet sind, sorgt dafür, dass Fahrgäste selbst auf längeren Strecken komfortabel unterwegs sind“, sagt Heinz Kiess, Leiter des Produktmarketings. Der Wagen ist allerdings aufgrund der Regelungen zu den Notausstiegen im Dach derzeit noch nicht Klasse 2-zulassungsfähig.
Neuer Dreiachser für den Überlandverkehr
Diese Baureihe wartet jedoch mit einer anderen Neuerung auf. Auf Basis der aktuellen Baureihen Lion’s Intercity sowie Lion’s City, bietet MAN mit dem neuen Dreiachser Lion’s Intercity LE 14 jetzt einen neuen Dreiachser an: ein kostengünstig und modernes Einstiegsmodell, das all diese Kundenwünsche erfüllt. Mit seiner kompakten Länge von 14,43 Metern ist der Bus eines der kürzesten Fahrzeuge des Marktes, und so verliert das Dreiachskonzept für den letzten Fahrer „seinen Schrecken“. Die beeindruckenden Stichworte lesen sich so: bis zu 63 Sitzplätze und maximal 127 Passagiere Gesamtkapazität, kompakter Wendekreis von 23,8 Metern dank gelenkter und entlastbarer Nachlaufachse (neues Luftfedersystem auf Basis der neuen Elektronik), optional dritte Tür im Heck und modernstes Digitalcockpit in zwei wählbaren Varianten. Dazu kommt eine umfassende Sicherheitsausstattung, die ihresgleichen sucht und zum Modelljahr 2024 auf Basis einer neuen Elektronikplattform in allen MAN-Bussen Einzug hält.
Der Überlandwagen MAN Lion's Intercity LE 14 vervollständigt die Baureihe. Foto: MAN Truck & Bus