Horst Schilling, Geschäftsführer des LBO
Horst Schilling, Geschäftsführer des LBO

Am vergangenen Wochenende wurde der Stadtbusverkehr in Bad Homburg und Oberursel eingestellt. Die Verkehrsgesellschaft Mittelhessen (VM) hatte zuvor den seit 2009 bestehenden Betreibervertrag mit sofortiger Wirkung und stellte den Verkehr ein.

Bereits 2010 kündigte dieses Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig die Verkehrsbedienung in den Nachbarlandkreisen Limburg-Weilburg und Lahn-Dill-Kreis. Damals gehörte die VM noch zu 100% der heute in Berlin ansässigen Firma Abellio und damit der niederländischen Staatsbahn, die im Hochtaunuskreis 2009 den langjährigen Stadtbusbetreiber Alpina verdrängte.

Die aktuellen Vorgänge im hessischen ÖPNV werfen erneut die Frage auf, heißt es kommentierend in einer Pressemitteilung des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmer von heute, ob die Vergabepraxis in Hessen den Ansprüchen für einen zuverlässigen und funktionsfähigen Nahverkehr genügt. Diese Frage ist nach den jetzigen Erfahrungen aus dem Hochtaunuskreis mit einem klaren Nein zu beantworten. Opfer dieser verfehlten Vergabepraxis sind aber nicht nur die Einwohner dieser beiden Tanus-Städten. Für diese gilt bis auf weiteres nicht der reguläre Busfahrplan sondern ein Notverkehr.

Medienberichte legen nahe, dass im Stadtbusverkehr erhebliche Qualitätsmängel aufgetreten sein sollen, die zu einer vorzeitigen Kündigung des Betreibervertrages zum Ende dieses Jahres durch die beiden Städte geführt hatte. Schon 2009 berichtete die regionale Presse, dass durch den damaligen Betreiberwechsel der Druck auf das Fahrpersonal erheblich gestiegen sei, während gleichzeitig die Einkommensverhältnisse zurück blieben. Dies dürfte auch den jetzt wiederum beklagten hohen Krankenstand bei den Fahrern begründen.

Erst vor wenigen Tagen wies die Regionalleitung der DB-Bahnbusgesellschaften in Hessen auf Defizite bei der Ausschreibung von Verkehrsleistungen in Hessen hin. Sie beklagten, dass die Personalkosten für zuverlässige und erfahrene Fahrer bei Ausschreibungen in den Angeboten der Verkehrsunternehmen nicht berücksichtigt werden könnten. Unternehmen, die diese höheren Personalkosten kaufmännisch korrekt kalkulieren, seien am Markt chancenlos. Dies muss der LBO auch für Bayern bestätigen.

In besonderer Weise trifft dieses Vergabedefizit die bisherigen Betreiber. Darüber hinaus beklagten die Bahnmanager, dass die Direktvergaben für kommunale Unternehmen die übrigen Verkehrsbetriebe - soweit sie nicht im kommunalen Eigentum stehen - bei der Rekrutierung von Fahrpersonal benachteiligen würden. Denn diese stehen nicht im Wettbewerb und können daher ohne Risiko des Auftragsverlustes die besseren tarifvertraglichen Bedingungen auf der Grundlage des Tarifvertrags Nahverkehrs (TVN) gewähren, der für viele kommunale Betriebe in Deutsch-land gilt.

Als Interessenvertretung der privaten bayerischen Omnibusunternehmen ist der LBO aber ebenso besorgt, dass die nationalen und internationalen Verkehrskonzerne den Mittelstand immer mehr an den Rand drängen.

In Hessen und in Bayern sind in den letzten Jahren durch Ausschreibungen alt eingesessene Familienunternehmen zerstört oder in ihrer Existenz bedroht worden. Auf diese Gefahren hat bereits im Jahr 2010 ein gemeinsames Gutachten des BDO und der Deutschen Bahn hingewie-sen, bei dem die hessische Vergabepraxis im Nahverkehr unter die Lupe genommen wurde. Bereits damals musste festgestellt werden, dass 30% der privaten Busbetriebe aus dem Verkehrsmarkt verdrängt wurden.

Diese Gefahr des Ausschreibungswettbewerbs im ÖPNV haben auch der deutsche und der europäische Gesetzgeber erkannt und entsprechende Vergabealternativen in der EU-Nahverkehrsverordnung 1370/2007 und im PBefG vorgesehen. Ausdrücklich werden Direkt-vergaben auch für Verkehrsbetriebe zugelassen, die nicht im Eigentum einer Kommune stehen. Danach können Aufträge bis zu einem Umsatzvolumen von 2 Mio. Euro jährlich unter den Voraussetzungen der EU-Verordnung direkt vergeben werden, ohne dass zuvor eine Ausschreibung durchgeführt werden muss.

Im Übrigen soll der französische Verkehrskonzern Transdev beim Stadtbus Bad Homburg und Oberursel vom 1.1.2016 bis 31.12.2016 zum Zuge kommen. Bei der zukünftigen Vergabe planen die beiden Taunusstädte zusammen mit einer anderen Gemeinde ein noch größeres Linienbündel zu schnüren, was wiederum eine mittelstandsfreundliche Vergabe verhindern wird.