Um ländliche Gebiete als Wohnraum für mehr Menschen attraktiver zu gestalten, soll der Verkehr zukünftig besser und nachhaltiger werden. Wie? Eine konkrete Antwort auf diese Frage liefern das Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der Frankfurt UAS und die HsH im Rahmen des Forschungsvorhabens „Kombinom“: Ein autonomes Fahrzeug, das auf dem Hinweg Pakete ausfahren und auf dem Rückweg Bürger zum Arzt, zum Einkaufen oder einem anderen Termin mitnehmen kann.
Das Forschungsvorhaben Kombinom analysierte in diesem Zusammenhang das Potenzial bei der Verarbeitung, Generierung und Aufbereitung von Fachdaten aus dem Bereich des Personenverkehrs und der Logistik im ländlichen Raum hinsichtlich einer vollumfänglichen Simulation kombinierter Verkehrskonzepte. Ziel des Projekts war die Erstellung einer daten- und konzeptbezogenen Potenzialanalyse. Dazu wurden anwendungsspezifische Daten zusammengestellt, um das räumliche, zeitliche und wirtschaftliche Potenzial kombinierter autonomer Verkehre im ländlichen Raum zu eruieren und, in einem möglichen Folgeprojekt, den Einsatz autonomer Kleinbusse im ländlichen Raum zu simulieren. Das abgeschlossene Projekt Kombinom wurde im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) mit insgesamt rund 100.000 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert.
„Die Einführung solch flexibler Bedienungsformen als Ergänzung zum ÖPNV bietet große Potenziale, vor allem hinsichtlich nachfrageorientierter Angebote. Durch die autonome Komponente können wir es schaffen, Kosten zu reduzieren und Personalkosten zu senken. Die Kombination von Personen- und Güterverkehr sorgt außerdem für eine gesteigerte Auslastung der Fahrten“, erklärt Kai-Oliver Schocke, Projektleiter sowie Direktoriumsmitglied des „ReLUT“. In Zeiten geringer Personentransportnachfrage, also in Nebenverkehrszeiten und Schwachverkehrszeiten, stehe das Fahrzeug somit auch für anderweitige Transportaufgaben, wie der Abwicklung von lokalen Warenverkehren, zur Verfügung. „Durch die Kombination von ÖPNV und Logistik entsteht eine Symbiose. Diese hat das Potenzial ökologische und ökonomische Einsparungen beziehungsweise Synergien zu erzeugen.“
Christoph von Viebahn von der Hochschule Hannover ergänzt: „Hier können wir unsere Expertise aus der Modellierung und Simulation der Urbanen Logistik sehr gut mit einbringen. Wir konnten erfolgreich berechnen, wie sich das Zusammenspiel von Einkaufen und Belieferung in der Summe auf Verkehr und Umwelt auswirken.“ Im Rahmen des Projekts wurde zunächst der Zugang von existierenden Datenquellen im Bereich des ÖPNV (z.B.: Fahrgastzahlen, Fahrtzeiten, Auslastung und Verkehrsdichte) überprüft und der Güterverkehr im ländlichen Raum (z.B.: Transportvolumina, zeitliche Verteilung und Stakeholder) evaluiert.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für die untersuchten Gebiete zur virtuellen Abbildung und Analyse eines autonomen, kombinierten Verkehrskonzeptes die benötigten Daten zur logistischen Nachfrage und Betriebslandschaft in adäquater Qualität und Quantität vorliegen. Allerdings müssen mobilitätsbezogene Informationen wie verkehrsmittelbezogene Verkehrsmengen und Akzeptanzmodelle in Bezug auf neuartige Mobilitätslösungen für eine umfassende simulationsgestützte Analyse jedoch teilweise nacherhoben werden. Besonders im Hinblick auf die Daten zum öffentlichen Personenverkehr besteht akutes Verbesserungspotenzial, da diesbezüglich bisher insgesamt sehr wenig Daten erhoben (z.B. Ein- und Aussteigerdaten) und diese oftmals manuell gesammelt oder ausgewertet werden (z.B. Fahrgastzählungen). Hier sollte in Zukunft mehr auf die Nutzung digitaler Technologien zur Durchführung automatisierter Datenerhebungen gesetzt werden, um nicht nur die Analyse und Entwicklung innovativer Verkehrskonzepte wie eines kombinierten Personen- und Güterverkehrs zu unterstützen, sondern dem ÖPNV selbst einen größeren und fundierten Handlungsspielraum in Bezug auf die Streckenplanung und den Kundenservice zu bieten.
Im Gegensatz dazu stehen auf Logistikseite umfassende Daten bereit, die im Rahmen des Projektes über zahlreich KEP-Dienstleister bezogen und für die Potenzialanalyse aufbereitet werden konnten. Entsprechend ist es vor der finalen Planung und Festlegung eines kombinierten Transportkonzeptes wichtig, fehlende Daten zu Mobilitätsstrukturen und Nutzerakzeptanz zu erheben, um geeignete Konzeptausprägungen und -parameter zu bestimmen und somit sowohl den potenziellen Einflussgrad als auch die sozialen, räumlichen und wirtschaftlichen Mehrwerte zu optimieren. Die akquirierten Daten, die Modellierungs- und Simulationsvorbereitungen sowie die analysierten Potenziale versprechen dennoch zahlreiche Verbesserungen durch autonome Kleinbusse zum kombinierten Transport von Personen und Gütern. Dies wurde gleichermaßen durch Verkehrs- und Logistikexperten bestätigt. Zudem wurde sowohl seitens der eingebundenen Kommunen als auch der ÖPNV- und KEP-Dienstleister ein großes Interesse an der ganzheitlichen Entwicklung einer derartigen Verkehrslösung geäußert, sodass eine detaillierte, tiefgreifende Betrachtung nicht nur sinnvoll erscheint, sondern im Rahmen eines Folgeprojektes umfassend vorangetrieben werden sollte.