Von Kiel aus stachen Schiffe der Carnival-Tochter Aida Cruises sowie des Gemeinschaftsunternehmens Tui und Royal Caribbean in See. Den Anfang machte am Samstag (22. Mai 2021) die „Aidasol“, gefolgt von „Mein Schiff 1“ am Sonntag. Beide legten coronabedingt zu einer sogenannten Blauen Reise auf der Ostsee ab, bei der die Urlauber ohne Landgang die ganze Zeit an Bord bleiben.

Nach dem ersten Corona-Schock und dem sommerlichen Neustart 2020 sowie dem neuerlichen Lockdown im Herbst war dies der zweite Anlauf, mit dem die Reedereien an den jäh unterbrochenen langjährigen Kreuzfahrtboom anknüpfen wollen. Möglich geworden ist der „Neustart 2.0“ durch die niedrige Zahl an Corona-Neuinfektionen in Schleswig-Holstein.

Das Land zwischen Nord- und Ostsee hat seit längerem mit Abstand die niedrigsten Werte in Deutschland. Seit Mitte Mai dürfen deshalb Reisende unter strengen Auflagen wieder überall im Land unterwegs sein und übernachten. „Dies ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Der See-Tourismus ist von großer regionalwirtschaftlicher Bedeutung und gibt den Menschen ein Stück Freiheit zurück“, sagte Seehafen-Kiel-Geschäftsführer Dirk Claus.

Als drittes Schiff soll noch im Mai die „Hanseatic Inspiration“ von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten hinzustoßen. Anfang Juli will zudem MSC Cruises wieder in Kiel aktiv sein, wie Claus ankündigte. Wir gehen davon aus, dass wir bis Jahresende über 100 Kreuzfahrtanläufe verzeichnen können.“ 

In einigen Wochen will auch Mecklenburg-Vorpommern nachziehen. Aida Cruises plant, am 01. Juli wieder Touren von Rostock-Warnemünde anzubieten. An den für Kreuzfahrten relevanten anderen Seehäfen in Hamburg und Bremerhaven ist es noch nicht so weit. Die Branche geht aber davon aus, dass spätestens mit dem Ende des Beherbergungsverbots für Privatleute Kreuzfahrten möglich werden.

An Bord der 2.900 Passagiere fassenden „Mein Schiff 1“ waren coronabedingt gut 1.100 Gäste. Auch nach Abzug der wegen der Corona-Pandemie frei zu haltenden Plätze sei der Kreuzfahrtriese nicht ganz ausgebucht, sagte eine Sprecherin. Die nach Angaben der Reederei knapp 2.700 Passagiere fassende „Aidasol“ brach coronabedingt mit rund 900 Gästen an Bord auf. Das Schiff sei ausgebucht gewesen, hieß es. Kreuzfahrer und Besatzungen müssen sich an strenge Hygiene- und Sicherheitsregeln halten; so werden die Schiffe nur zu maximal 60 Prozent ausgelastet. Coronatests sind Pflicht, an Bord gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht. Statt am Buffet zu stehen, wird den Gästen das Essen am Tisch serviert.

Bei 2,6 Millionen Passagieren und rund 6,6 Milliarden Euro Umsatz (2019) hängen nach Angaben des Branchenverbands Clia hierzulande rund 48.000 Arbeitsplätze direkt an der Kreuzfahrtbranche – von Zulieferern bis zu Werften indirekt aber noch viel mehr. Zahlen zum Corona-Jahr 2020 liegen nicht vor. Global werden die Verluste in der Branche auf einen zweistelligen Milliardenbetrag taxiert. „Mit neuen Bestellungen in signifikantem Umfang vor 2024 ist nicht zu rechnen“, hieß es deshalb unlängst beim Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Für Schiffbauer, wie die auf Kreuzfahrtriesen spezialisierte Meyer-Werft im niedersächsischen Papenburg, ist das eine bedrohliche Situation.