Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zeigte sich in einer Stellungnahme überrascht über den Vorschlag der Bundesminister Hendricks, Altmaier und Schmidt, einen kostenlosen ÖPNV einzuführen, um die Luftreinhaltung in Städten zu verbessern.

Dazu erklärte Jürgen Fenske, VDV-Präsident: „Endlich erkennt auch die Bundesregierung die Schlüsselrolle des ÖPNV für Luftreinhaltung und Klimaschutz.

So weit so gut! Doch bevor man über kostenlosen, also steuerfinanzierten Nahverkehr nachdenkt, müssen zunächst überhaupt die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen ÖPNV in Deutschland geschaffen werden. Schon heute drängeln sich die Fahrgäste überall in Bussen und Bahnen. Ein kurzfristiger, sprunghafter Fahrgastanstieg würde die vorhandenen Systeme vollständig überlasten. Das heißt, zunächst benötigen wir dringend den Ausbau der Kapazitäten im deutschen Nahverkehr mit Hilfe öffentlicher Finanzierung. Wenn man dann einen kostenlosen Nahverkehr in Deutschland einführen möchte, dann darf das selbstverständlich keine Eintagsfliege sein, und alle staatlichen Ebenen, also Bund, Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften müssen diesen Nahverkehr dauerhaft und nachhaltig finanzieren. Dafür allein braucht es pro Jahr etwa zwölf Milliarden Euro. Und dabei sind noch nicht die Milliardenbeträge für die Infrastrukturinvestitionen berücksichtigt.“

"Investitionen in die Infrastruktur sind sinnvoller"

Nahverkehr in der derzeitigen Qualität würde nach Ansicht der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als kostenloses Angebot keine Vorteile für die Umwelt bringen. Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner verlangte stattdessen umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur. „Den Nahverkehr künftig einfach kostenlos anzubieten und darauf zu hoffen, dass dadurch die Luft sauberer wird, wird nicht funktionieren. Wir brauchen ein Nahverkehrsangebot, dass Lust darauf macht, morgens mit Bus und Bahn ins Büro zu fahren“, sagte Kirchner.

Zum Hintergrund:

Deutschland droht eine Klage der EU, weil seit Jahren in vielen Städten Grenzwerte beim Ausstoß von Stickoxiden nicht eingehalten werden – diese gelten als gesundheitsschädlich. Daneben drohen in Deutschland gerichtlich erzwungene Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge. Die Bundesregierung denkt zusammen mit Ländern und Kommunen über einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr nach, um die Zahl privater Fahrzeuge auf den Straßen zu verringern. Das geht aus einem Brief von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella hervor.