Unter dem Motto „#OnFire – Die Branche steht in Flammen!“ forderten die von der Corona-Krise besonders hart getroffenen Branchen im Schulterschluss passgenaue Hilfsprogramme und hatten dazu einen entsprechenden Maßnahmenkatalog erstellt. Wobei der allgemeine Tenor war: „Wir sind eine riesen Branche und kämpfen ums Überleben. Seit acht Monaten stehen wir ohne Einnahmen da. Wir brauchen konkrete Antworten, konkrete Aussagen. Wir haben kein Bock mehr auf Beratung!“

Zu der Protestaktion aufgerufen hatte „#AlarmstufeRot“, ein Bündnis aus 15 Spitzenverbänden der Tourismus-, Gastronomie- und Veranstaltungsbranche – darunter auch der Internationale Bustouristikverband RDA und die Gütegemeinschaft Buskomfort (GBK). Nach aktuellen Informationen nahmen rund 5.000 Menschen an der Großdemonstration teil. Neben einem Fußmarsch zum Brandenburger Tor machten die Teilnehmer auch mit einem Buskorso auf die prekäre Situation der Branchen aufmerksam. Am Brandenburger Tor fand dann eine Kundgebung mit Politikern, Verbandsvertretern und Künstlern statt. Zu den Unterstützern der Großdemo gehörten zahlreiche prominente Künstler wie Campino, Frontmann der Toten Hosen, Roland Kaiser und Dieter Hallervorden.

 

12.000 Reisebusse, 60. Mio. Euro monatliche Tilgung

 

 

Als Vertreter der Reisebusbranche sprach RDA-Präsident Benedikt Esser bei der Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor zu den Teilnehmern der Protestaktion und sicherte die Unterstützung und Solidarität der Reisebusbranche zu. „Wir brauchen euch, ihr seid für uns systemrelevant“, sagte Esser. „Wir wollen mit unseren Bussen zu euren Veranstaltungen fahren.“  Es könne so nicht weitergehen, betonte Esser und ergänzte: „Wir brauchen anständige Überbrückungshilfen.“ Den Reisebusunternehmen würden die Tilgungen davonlaufen. Die Banken wollten keine Tilgungsaussetzung mehr, beklagt der RDA-Präsident. Die Unternehmen müssten aber ihre Fahrzeuge bezahlen, diese seien in den Überbrückungshilfen aber nicht vorgesehen. Dabei handele es sich um 12.000 Reisebusse, für die jeden Monat eine Tilgung in Höhe von 60 Millionen Euro anstünde. Doch das Geschäft stehe still, es fehlten Einnahmen. „Keine Weihnachtsmärkte, keine Veranstaltungen, ein toter Winter“, beschrieb Esser die derzeitige Situation. „Wir haben kein Geld mehr. Es geht so nicht weiter“, sagte er und verdeutlichte: „Deshalb müssen wir gemeinsam kämpfen, kämpfen, kämpfen – bis das Geld da ist.“

Während draußen auf Berlins Straßen der Protest immer lauter wurde, beriet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts steigender Infektionszahlen mit den Ministerpräsidenten der Länder per Videokonferenz über weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Das Ergebnis: Von privaten Reisen wird abgeraten; Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sind verboten. Auch werden Gastronomiebetriebe und Freizeiteinrichtungen geschlossen. Die Maßnahmen treten am 02. November in Kraft und sind bis Ende November befristet. Sie sollen bundesweit möglichst einheitlich sein, die konkrete Umsetzung ist jedoch Ländersache.

Eine finanzielle Hilfsmaßnahme für von der temporären Schließung erfasste Betriebe sei nach Informationen des RDA in Planung. Diese außerordentliche Wirtschaftshilfe soll 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter erstatten. Für größere Unternehmen würden laut RDA die Prozentsätze nach Maßgabe der Obergrenzen der einschlägigen beihilferechtlichen Vorgaben ermittelt.

Für Wirtschaftsbereiche, die auch in den kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen hinnehmen werden müssen, soll der Bund Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern (Überbrückungshilfe III), teilte der RDA mit. Außerdem werde der KfW-Schnellkredit für Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten geöffnet und angepasst.

An der Kundgebung am 28. Oktober in Berlin nahm auch Michael Rabe, Generalsekretär des Bundesverbands der Tourismuswirtschaft (BTW) teil. Rabe betonte: „Wir repräsentieren heute hier 4,5 Mio. Arbeitnehmer. Ohne uns ist Deutschland wirtschaftlich und gesellschaftlich ärmer. Es muss uns auch wieder eine Perspektive aufgezeigt werden. Dafür lasst uns gemeinsam kämpfen.“

Auch Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), solidarisierte sich mit den einzelnen Branchen und hob die Bedeutung des Aktionsbündnisses hervor: „Wir sitzen alle in einem Boot, das unterzugehen droht, deshalb ist dieser Schulterschluss auch so wichtig.“ Die Reisebranche mache keine Umsätze mehr, sagte er. „Wir haben nichts mehr zu verkaufen. Wir brauchen Unterstützung, wir brauchen sie deutlich bis ins nächste Jahr hinein.“ Fiebig stellte aber klar, dass diese Unterstützung differenziert sein müsse, so dass auch mittelständische Unternehmen, die momentan aus dem Raster fallen, auch entsprechend berücksichtigt würden. „Wir wollen nicht ewig am Tropf des Staates hängen, wir müssen die Möglichkeit eröffnet bekommen, wieder unser Geschäft zu starten“, erläuterte er. Die Reisebranche werde seiner Ansicht nach von der Regierung stigmatisiert als die Verursacher der Ausbreitung der Pandemie. „Das ist nicht sachgerecht“, sagte Fiebig und forderte einen Kurwechsel.