„Wir wollen ab 2030 keine neuen Verkehrsleistungen mehr mit Diesel ausschreiben – weder auf der Straße noch auf der Schiene”, so RMV-Geschäftsführer Dr. André Kavai beim Start des Projektes in Gießen am heutigen Freitag, den 27. Oktober. „Voraussetzung für das Ende des Dieselzeitalters ist, dass Alternativen zur Verfügung stehen, die in Sachen Verlässlichkeit und Wirtschaftlichkeit mithalten können. Welche Vorteile Brennstoffzellenbusse im regionalen Busverkehr mit täglichen hunderten Kilometern Fahrweg und bei Steigungen haben, beobachten wir aktuell in der Lernwerkstatt Gießen.“ Und auch die Politik freut sich über den neuen Ansatz der Antriebswende, die sich bisher mehr auf die großen, kommunalen Unternehmen beschränkt hat: „Alternative Antriebe sowie der Ausbau erneuerbarer Energien sind Zukunftsthemen, die wir im Landkreis gemeinsam mit den Kommunen, aber auch der Wirtschaft angehen“, sagt Anita Schneider, Landrätin des Landkreises Gießen. „Die Lernwerkstatt und der damit verbundene Einsatz von zwei Brennstoffzellenbussen im ländlichen Raum sind deshalb ein Projekt, das uns am Herzen liegt. Wir möchten mit diesem Beitrag auch den Mittelstand vor Ort bei den Herausforderungen der Energiewende und einem CO2-neutralen ÖPNV unterstützen.“ Ein Dankeschön gelte hier allem Frank Roth von Roth-Energie, der seine neue Wasserstofftankstelle samt eines 1,5 Megawatt großen Elektrolyseurs für die Lernwerkstatt in Gießen im Schiffenberger Tal zur Verfügung stellt. An der Tankstelle können auch Pkw mit 700 bar tanken, die Busse benötigen nur 350 bar.
Die neuen Busse haben das aktuelle, moderne Van Hool Familiengesicht bekommen. Foto: Wagner
Neben intensiven Schulungen zur Fahrzeugtechnik für Werkstatt und Fahrdienst sind die zwei Brennstoffzellenbusse der Firma Van Hool schon seit Frühsommer auf den Strecken der privaten, mittelständischen Verkehrsunternehmen Erletz, ESE, Franke, Schwalb, Weber und WEFRA unterwegs. Das Konzept „Lernwerkstatt Brennstoffzellenbusse im Landkreis Gießen“ bietet kleineren und familienbetriebenen Verkehrsunternehmen die Möglichkeit, die neue Technologie im ländlichen Raum zu testen. Ohne staatliche Förderungen sind diese Unternehmen zumeist kaum in der Lage, die Energiewende massiv anzugehen, was den neuen Ansatz so einzigartig macht.
Bei dem Projekt handelt es sich um eine Kooperation des Landkreises Gießen, des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV), der Verkehrsgesellschaft Oberhessen (VGO) und der Fahrzeugmanagement Region Frankfurt RheinMain GmbH (fahma).
Chance für kleine und mittelständische Verkehrsbetriebe
„Der Einsatz von lokal CO2-neutralen Brennstoffzellenfahrzeugen im Gießener Umland hilft uns nicht nur dabei die ÖPNV-Klimaziele zu erreichen, sondern gibt unseren Fahrgästen auch gleichzeitig ein noch besseres Gefühl für die eigene Klimabilanz. Unser Ziel muss es sein, den Einsatz von alternativen Antrieben in der Region Schritt für Schritt weiter voranzutreiben – da sind die zwei Brennstoffzellenbusse von Van Hool ein super Anfang”, so Volker Hofmann, Geschäftsführer der VGO.
Die Unternehmen von Sebastian Erletz (li.) und Steffen Schwalb (re.) sind zwei der vier
mittelhessischen Busbetreiber, die in der Lernwerkstatt H2 kooperieren. Foto: Wagner
"Brennstoffzellen sind eine Zukunftstechnologie, in die wir schon lange vertrauen und die es brauchen wird, um die Verkehrsbetriebe nachhaltig umzurüsten. Es freut mich sehr, dass Van Hool mit zwei fabrikneuen Brennstoffzellenbussen für den Landkreis Gießen einen Teil dazu beitragen kann. Die Fahrzeuge des neuen Typs „A12 BZ“, der erst 2022 auf den Markt gekommen ist und über die neueste Ballard-Brennstoffzellentechnik verfügt, sind die ersten Fahrzeuge, welche nach Deutschland ausgeliefert wurden, zu sehen war ein Bus bereits Anfang des Jahres auf der Elekbu Konferenz in Berlin. Mit moderner Ausstattung, Klimatisierung und einem Mehrzweckbereich u. a. für Fahrräder und Kinderwägen sind die Fahrzeuge auch top ausgerüstet”, so Filip Van Hool, Geschäftsführer der Van Hool NV.
Die RMV-Tochtergesellschaft fahma stellt die eigens angeschafften Brennstoffzellenbusse in einer Lernwerkstatt den im Landkreis Gießen ansässigen Verkehrsunternehmen rotierend bis Ende 2024 zur Verfügung. Die Fahrzeuge kommen dabei sukzessive auf diversen regionalen und lokalen Linien des RMV bzw. der VGO zum Einsatz. Der Landkreis Gießen übernimmt die Kosten der Fahrzeugbereitstellung. Nach erfolgreich abgeschlossener Testphase sollen die Brennstoffzellenbusse Teil eines im Wettbewerb vergebenen regionalen RMV-Linienbündels des Landkreises werden.
Das Gesamtinvestitionsvolumen des Projekts “Lernwerkstatt” umfasst die Busse inkl. Schulungen und beziffert sich auf ca. 1,4 Mio. Euro. Davon übernimmt das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen über den Fördermittelgeber Hessen Agentur 416.000 Euro. Dies entspreche laut RMV und fahma ca. 40 Prozent der Investitionsmehrkosten, die im Vergleich zur Anschaffung vergleichbarer Dieselbusse anfallen.
Dieser 1,2 Megawatt H2-Elektrolyseur von Cummins/Hydrogenics erzeugt mittelfristig grünen Wasserstoff aus Sonnenenergie.
Foto: Wagner