Ansässig ist Vianova im thüringischen Weimar. Luttmann hat das Erbe von Vianova-Mitgründer Horst Born angetreten. „Ich kannte die Vianova-Geschäftsführer Horst Born und Thomas Marx schon aus meiner Zeit bei der Ergo-Reiseversicherung, wo ich viele Jahre als regionaler Verkaufsleiter für Thüringen und Sachsen-Anhalt tätig war“, erinnert er sich. „Ich war die Nummer Eins auf ihrer Liste, als sie einen Nachfolger für Horst Born suchten.“ Mit 63 wollte sich Born in den Ruhestand begeben. „Horst und Thomas ‚erwischten‘ mich im genau richtigen Moment: Ich war fast 50 geworden und wie das mit 50 so ist, hatte auch ich Lust, nochmal was Neues zu machen.“
Vianova sorgte für einen Job als Geschäftsführer und Mitgesellschafter. Dabei war Luttmann bei Ergo keineswegs unglücklich gewesen. „Es ist eine tolle Firma, und ich hatte dort wundervolle Kollegen und interessante Aufgaben. Aber im Herzen bin ich Touristiker – habe einst Reiseverkehrskaufmann gelernt und auch lange im Beruf gearbeitet. Bei Ergo konnte ich Menschen letztlich aber ‚nur‘ entschädigen, nicht glücklich machen. Und das ist es, was mich ganz eigentlich antreibt: Menschen glücklich zu machen.“


„Kein Erlebnis von der Stange“


Luttmann folgte der Einladung zu Vianova nur zu gern. Er ist dort vorrangig für Personal und Vertrieb zuständig und ergänzt den von Thomas Marx verantworteten Bereich Produkt und Marketing. Beide werfen den Blick sehr weit in die Zukunft. „Unser Fokus liegt auf Erlebnis- und Rundreisen, wobei wir den B2B- wie auch den B2C-Bereich abdecken“, sagt Luttmann. Möglich machen, was sonst keiner möglich zu machen wagt, lautet die Devise. „Wir suchen besondere Ziele aus – für Bus, Flug und Schiff – und bestücken diese mit ‚Erlebnischarakter‘. Die einzelnen Reisebestandteile kaufen wir separat ein, nicht unbedingt als fertiges Programm. Kein Erlebnis kommt von der Stange. Das Ergebnis sind individuelle Pauschalreisen, die Endkunden per videounterstütztem Warenkorbsystem selbst zusammenstellen können. Gruppenreiseveranstaltern stehen wir bei der Komposition solcher individueller Pauschalreisen beratend zur Seite.“


Ein White-Label-Konzept ohne Aufgabe der eigenen Marke sorgt dafür, dass die jeweilige Reise das Branding des buchenden Unternehmens erhält – plus Vianova-Reiseleiter. Eine Besonderheit im B2B-Geschäft sind Reisen in Zeiten, in denen viele Busunternehmen saisonbedingt weniger anbieten. „Wir unterhalten Partnerschaften mit regionalen und überregionalen Flughäfen, um Direktflüge zu besonderen Zielen (z.B. Finnland, Norwegen, Jordanien etc.) zu ermöglichen“, verrät Luttmann. „Bislang sind es elf Flughäfen bundesweit, wir wollen diese Partnerschaften aber weiter ausbauen. Wir chartern dort Flugzeuge, Hand in Hand z. B. mit Busunternehmen, die ihren Kunden dann, wenn ihre Fahrzeuge stillstehen, sehr margeninteressante, internationale Reiseprodukte anbieten und Einnahmen generieren können.“ Aktuell stehen vom 21. Dezember bis 19. März 29 solcher Vollcharterflüge nach Finnland und Norwegen zur Verfügung.


Digitalisierung trifft Bewegtbild


Luttmanns eigene Ideen in Bezug auf die Weiterentwicklung von Vianova beziehen sich in erster Linie auf die Digitalisierung der Abläufe im Unternehmen, die Entwicklung einer eigenen App und die Implementierung von künstlicher Intelligenz. In Sachen Verkauf & Vertrieb spielt das Thema „Bewegtbild“ eine große Rolle. „Der Kunde will nicht mehr nur vage wissen, was er kauft, sondern was tatsächlich das Erlebnis sein wird“, sagt Luttmann. „Texte sind eine wichtige, aber eben nur eine Facette bei Kaufentscheidungen, Fotos sind eine weitere. Da es bei Erlebnissen aber um Emotionen geht, kommt man aus meiner Sicht am Bewegtbild nicht mehr vorbei: Emotionen lassen sich mit Videos am besten wecken.“ Deshalb wird die Zusammenstellung individualisierter Pauschalreisen im Warenkorbsystem auch schon mit Videos unterstützt. Auf YouTube ist Vianova ebenfalls vertreten. „Einzelne Senioren buchen Reisen noch immer übers Telefon“, weiß Luttmann, „die meisten Kunden sind aber längst online unterwegs, vorinformiert, geistig rege und versiert in neuen Medien.“ Diesen gelte es, zu begegnen. Während das herkömmliche Durchschnittsalter gerade der Bustouristen bei 70,7 Jahren liegt, ist z.B. der Finnland-Kunde bei Vianova im Schnitt erst 49,2 Jahre alt. Die Flugreiseprogramme sprechen eine komplett neue Klientel an. „Für Busunternehmen, die diese Klientel für sich gewinnen, liegen die Goldenen Zeiten der Bustouristik volle Kraft voraus“, so Luttmann.


Bleibt noch das Thema Nachhaltigkeit, das Luttmann sehr bodenständig betrachtet: „Die Pauschalreise lässt sich nicht ‚grün‘ machen, aber man kann kleine Beiträge leisten.“ Vianova hat einen Schlüssel entwickelt, umsatzbezogen Bäume zu pflanzen. Die Kosten sind im Reisepreis enthalten. 2023 wurden über 10.000 Bäume in die thüringische Erde gebracht, in diesem Jahr schon über 15.000.
„Unterm Strich ist es Kooperation, was möglich macht, dass erstens alle und zweitens alle gemeinsam wachsen können“, sagt Luttmann. Die Vianova-Bäume könnten dabei ihr ganz eigenes Sinnbild zeichnen: Fest verwurzelt in Know-how, mit einem starken Stamm aus glücklichen Kunden und engagierten Mitarbeitern und einer Krone, die Visionen zur Blüte zu bringen vermag. Judith Böhnke