In der Branche ist er kein ganz Unbekannter mehr, denn die Zahl der Unternehmen, die auf Falkenhagens Know-how zurückgreifen, erreicht bald die 200er Marke. Das Wort „Personalvermittler“ mag der 21-Jährige auch gar nicht so gern, denn zu tun haben will er es nicht mit „Personal“ oder „Vermittlung“, sondern mit Menschen – und sein zwölfköpfiges Team sieht das ganz genauso. 1.000 Bewerbungen generiert Falkenhagens Firma „24MORE“ im Schnitt pro Monat, vornehmlich in Deutschland, zunehmend aber auch im übrigen deutschsprachigen Raum. Das Erfolgsrezept beruht auf einem wohlkomponierten Bündel unterschiedlicher Ingredienzien, unter denen sich drei Säulen besonders hervortun: die Nutzung von Algorithmen („Künstliche Intelligenz“), ein Sinn für Dramaturgie und strikte Bedürfnisorientierung.
Arbeitgebermarke entwickeln
„Wir verhelfen Unternehmen zu etwas, das wir ‚Employer Brand‘ nennen“, verrät Falkenhagen. „Dabei analysieren wir zunächst, welches Bild ein Unternehmen in seiner
Region aus der Perspektive eines potentiellen Bewerbers abgibt und was es Mitarbeitern tatsächlich zu bieten hat bzw. idealerweise bieten sollte, wenn es gute Leute haben und langfristig binden will.“ Künstliche Intelligenz kommt bereits in diesem frühen Analyse-Stadium zum Einsatz, denn Bewerber warten in dem, was sie jobmäßig
suchen, durchaus mit regionalen Unterschieden auf, möchten beispielsweise hier explizit in Familienunternehmen arbeiten und dort im Konzern, Beruf und Familie vereinbaren oder vorrangig auf der Karriereleiter emporklettern können oder lieber für Unternehmen arbeiten, die sich durch soziales Engagement hervortun. „Große Autos“ fahren oder „als Reisebusfahrer herumkommen“ mögen ebenso wichtige Aspekte sein wie der grundsätzliche Verdienst. Was sich Busfahrer aber darüber hinaus wünschen, ist nicht überall gleich – und kann das Zünglein an der Waage sein, vor allem in Zeiten wie den aktuellen und künftigen, in denen es weitaus mehr offene Stellen gibt als Interessenten für den Beruf.
Menschsein ermöglichen
Falkenhagen und sein Team reden deshalb nicht nur mit Geschäftsführern, sondern auch und gerade mit den Mitarbeitern der Unternehmen und den Fahrern, die 24MORE ihre Bewerbungen zusenden. Auf diese Weise kommt ein Datenschatz zusammen, der die Grundlage für die Algorithmen liefert, nach denen in den Regionen Personal gesucht wird. „Wir arbeiten mit Unternehmen zusammen, die Wert auf zufriedene Mitar-beiter legen bzw. bereit sind, das mit unserer Hilfe herauszufinden.“ In Sachen „Mitarbeiterglück“ geht es dabei nicht darum, der Belegschaft permanent den Bauch zu pinseln. Es geht darum, den Menschen das Menschsein zu ermöglichen. „Das, was Menschen antreibt – auch solche, die ‚nur‘ Bus fahren – ist, Gutes zu tun“, sagt Philipp Falkenhagen. „Menschen treibt der Wunsch an, zu helfen.
Dazu beizutragen, dass sich im Leben der Mitmenschen vermeintliche ‚alltägliche Kleinigkeiten‘ zu Aspekten aufsummieren, über die sich der Einzelne freuen kann.“ Dieses Bewusstsein in die Arbeitswelt zu transferieren – und es als Unternehmen zu leben – macht letztlich das aus, was sich unter „Employer Brand“ subsumieren lässt.
Hollywood Content
Was es dabei mit der „Dramaturgie“ auf sich hat? „Das Thema Bewegtbild“, fasst Falkenhagen zusammen. „Daher auch der Name ‚24MORE‘, er stellt auf die berühmten 24 Bilder pro Sekunde ab, aus denen ein Bewegtbild besteht.“ Nichts – keine Versprechung, kein Prospekt und keine Stellenanzeige – sei dabei so aussagekräftig und im besten Sinne vermittelnd, wie eine gut gemachte, ehrliche Doku über das, was Bewerber bei einem Unternehmen wirklich erwarten dürfen. Bei 24MORE wird das „Hollywood-Content“ genannt und von Profis aus dem Bereich Regie, Kamera und Drehbuch erstellt. Nicht mit Schauspielern, sondern mit den echten Kollegen und ohne dass die jeweilige Geschäftsleitung Vorgaben macht. „Das Gesamtpaket aus Employer Brand, Hollywood-Content und Datenschatz wird dann über verschiedene Kanäle – einschließlich Social Media – regional ausgespielt.“ Wiederum unter Nutzung von Algorithmen und bewusst gesetzten Kontaktpunkten, die potenzielle Bewerber die „multidimensionale Stellenanzeige“ finden lassen. Die Vorauswahl unter den Bewerbern trifft 24MORE und nimmt dem jeweiligen Unternehmen damit den gesamten Aufwand ab, der dem Vorstellungsgespräch vorausgeht. Das Vorstellungsgespräch als solches sowie die Entscheidung darüber, welcher Bewerber eingestellt wird, bleibt beim Unternehmen.
Mit Sabine geht es weiter
Seinen Anfang nahm 24MORE, als Falkenhagen noch am Gymnasium war. „Ich habe mit 14 angefangen, mich mit Redaktion und Marketing zu beschäftigen und irgendwann gedacht, dass ich als ‚Digital Native‘ auch Sinnvolleres tun kann als online Likes und Herzen verteilen.“ Dass sich 24MORE nach anfänglichem Engagement für Profisportler, Zahnärzte Entertainer auf die Busbranche spezialisiert hat, ist das Verdienst eines Mitarbeiters, dessen familiärer Hintergrund vom Busgeschäft geprägt ist – der entsprechend um die Probleme und den Bedarf der Branche wusste und die Ausrichtung von 24MORE angestoßen hat.
Sein nächstes großes Projekt hat 24MORE schon in Arbeit: einen KI-Chatbot, der via Whatsapp „menschlich“ agiert und Bewerberfragen in Echtzeit beantwortet. „Der Bot heißt ‚Sabine‘, wird in Teilen bereits getestet und noch weiterentwickelt“, sagt Falkenhagen, „aber wir arbeiten bereits an der Marktreife“. Ziel ist, mit ‚Sabine‘ die Personalabteilung eines Unternehmens zu entlasten und Bewerbungsprozesse zum einen so einfach wie möglich und zum anderen so persönlich wie möglich zu gestalten.