Was für eine herrliche Schnapszahl könnte man denken – im Ruhrpott doch sicher eine tolle Steilvorlage für karnevalistisches Ansinnen und die eine oder andere Reiseidee. Aber weit gefehlt: „Karneval spielt für uns eigentlich keine Rolle, außer für die vielen Karnevals-Flüchtlinge, die traditionell mit uns verreisen, um den tollen Tagen zu entkommen,“ sagt Meinhold, der Geschäftsführer des Familienunternehmens in dritter Generation. Dabei lacht er so jungenhaft, dass man ihm die 71 Jahre, die er seit kurzem vollendet hat, kaum anmerken will.
Er führt das Unternehmen seit 1978 zusammen mit seiner älteren Schwester Christel (Beschwerdemanagement, Personalwesen, Mitgeschäftsführerin) und der jüngeren Schwester Monika, die für Einsatzleitung und Dispo zuständig ist. Nicht selten werden die drei als ein Team in der Öffentlichkeit erlebt, das ebenso schillernd wie professionell das Unternehmen verkörpert. Wer an Hafermann denkt, denkt an dieses Dreigestirn. Wir haben uns heute aber mit Meinhold Hafermann getroffen, um von ihm zu erfahren, was das Erfolgsgeheimnis seines Unternehmens in Zeiten der Krise ist. „Ich habe schon als Kind mit meinem Opa auf dem Bus gesessen und das Geschäft aufgesogen und während der Penne diverse Jobs gemacht. Später habe ich dann ganz klassisch die Kumpels von der Zeche abgeholt und bin Taxi gefahren“ so Hafermann, der im Herbst dieses Jahres seit Jahren das erste Mal wieder selbst hinter das Lenkrad gestiegen ist. Eines der vielen Subunternehmen, die zeitweise bis zu 50 Busse den Hafermann eigenen zehn Wagen zur Seite stellen, war ausgefallen.


Meinhold Hafermann glaubt an Zahlen und Emotionen

 

Man merkt dem Unternehmenslenker die Freude über diesen Ad-hoc-Einsatz, der partout nicht abzuwenden war, deutlich an. „Alle Sorgen des Betriebes fallen von einem ab und man genießt einfach die Weitsicht aus dem Cockpit“, fasst er die Faszination Busfahren knapp und sicher zutreffend zusammen. Nach der Schule war Hafermann zwei Jahre auf Weltreise und hat Europa und andere Weltgegenden kennen und lieben gelernt. Auch heute merkt man ihm an, dass Reisen eine der Grundmotivationen seines Optimismus ist. Nach den drei Grundwerten des Unternehmens befragt, antwortet er denn auch ohne viel Federlesens: „Reisefreude, Reisen von Herzen, Optimismus.“ Und man erkennt an der Stimme deutlich, dass das nicht nur „Marketing-sprech“ ist. Obwohl das Marketing bei Hafermann Reisen seit jeher eine große Rolle spielt: akribisch werden so die Bruttomedienwerte (rund 25 Mio. Euro, rund 500 Mio. On- und Offline-Kontakte pro Jahr) aufgenommen und analysiert, rund sechs Mitarbeiter kümmern sich allein ums Marketing, oft unterstützten noch zusätzlich Agenturen. In einem internen Dashboard kann die Performance jederzeit genau abgelesen werden.
„Wir sind einer der größten Kunden der Tageszeitungen in Nordrhein-Westfalen und bauen so einen enormen Werbedruck auf,“ weiß Hafermann zu berichten. Und das kommt nicht von ungefähr, hat Meinhold Hafermann doch nach seiner Weltreise eine „sehr gute Diplomausbildung zum Verkehrs-Betriebswirt“ an der damaligen Fachhochschule Heilbronn absolviert und ist in den Semesterferien selbstverständlich nebenbei in der Hochsaison Bus gefahren. „Ich bin dann oft erst nach einem oder zwei Monaten ins laufende Wintersemester eingestiegen, das hat nicht allen Dozenten so gut gefallen,“ gesteht Hafermann und verrät hier seine echten Prioritäten. Zur Hochschule zurück habe es ihn als Lehrender aus der Praxis aber nie gezogen, „das habe ich einem guten Freund von mir überlassen, weil ich dafür nie die Zeit hatte.“
Trotzdem legt er auch heute noch großen Wert auf eine gute wirtschaftliche Ausbildung: „Nur mit Zahlen kann man ein Unternehmen erfolgreich führen,“ beschreibt er sein simples Credo und führt die Studiengänge der nächsten, vierten Generation akribisch auf, die sich bereits fit macht für’s Unternehmen, aber derzeit noch in der Welt „die Hörner abstoße“. Sohn Mark zum Beispiel verdient sich seine Sporen an der WHU in Valendar. Die Zahlenwelt ist ganz klar die zweite Welt des Meinhold Hafermann, die zwar nicht so schillernd und freudvoll ist, wie die Reisewelt, die sich aber doch oft in den Vordergrund schiebt.

 


Zwei Herzen schlagen auch in Sachen Fuhrpark in der Brust des Reisespezialisten. „Wir haben schon alles gefahren, was Rang und Namen hat in der Buswelt, von Setra bis Neoplan. Unsere Familie hatte immer schon enge fast schon freundschaftliche Bande mit den Kässbohrers und Auwärters. Einer meiner Lieblingsbusse war zum Beispiel sehr lange der Cityliner, der hatte einfach das beste Design,“ schwärmt Hafermann. Trotzdem hinderte es ihn nicht schon sehr früh, 1989, auf Bova und später VDL umzusteigen und den Fuhrpark von zehn Bussen, der meist jährlich erneuert wird, komplett umzurüsten. Seitdem hat er bereits rund 170 Busse der holländischen Marke gekauft. „Der Grund hierfür waren vor allem die deutlich geringeren Verbräuche der DAF-Motoren. Das konnte schon mal bis zu acht Liter Unterschied ausmachen im Vergleich zu unseren alten Bussen, und das rechnet sich einfach über die Jahre sehr gut.“ Da ist sie wieder, die Zahlen-Welt der Investitions- und Folgekosten. Extravaganzen wie 2+1-Bestuhlungen oder große Küchen verbieten sich da von selbst. Die zweiachsigen Busse sind alle effiziente 13 Meter lang und bieten alles Nötige für den Passagier ohne in den Luxus abzudriften. Telematik an Bord? Nein, das rechne sich bisher noch nicht, man habe auch so alles im Griff. Eigene Werkstatt? Lange abgeschafft, da die Busse fast alle fabrikneu sind und die VDL-Niederlassung ja quasi um die Ecke sei. Die Busse werden von Stammfahrern bewegt und immer mit einem Reiseleiter besetzt. Gelebter Fuhrpark-Pragmatismus eben. Die bisher lange Warteliste an Bewerbungen, die für das Unternehmen typisch war, sei jedoch langsam aufgezehrt. Auch hier macht sich der Fahrermangel langsam bemerkbar.


In der Corona Pandemie wurde aber auch dieser Pragmatismus empfindlich gestört. Die 2021er Flotte muss bis ´23 durchhalten, und alle Busse sind mit aufwendigen Luftreinigern auf Ionisierungsbasis in der Klimaanlage ausgestattet, die den ganzen Bus mit entsprechend desinfizierenden Molekülen flutet. Hafermann wäre nicht Hafermann, wenn er aus diesem aufwendigen Prozedere nicht auch ein Geschäftsmodell gemacht hätte: Sehr schnell hat er dieses System selbst vertrieben und tut dies heute noch. „Und wir werden unsere neuen Busse auch immer wieder so ausstatten, zum Wohle unserer Kunden, die das sehr goutiert haben. Heute spielt Corona aber keine Rolle mehr, auch weil wir das Risiko meistens mit einer Zusatzversicherung abdecken.“ Erste Neuerung für die nächste Busgeneration sollen aber Spiegelersatzsysteme werden, die seien in Zukunft ein Muss, nicht zuletzt wegen der geringeren Reparaturkosten.

 

„Billige Reisen verkaufen ist einfacher als Hochwertige“

 

Über die Jahre hätten sich auch das Klientel und die Reisekonzepte gewandelt. Hafermann spricht gerne von „Bedürfnisveränderungen“, die man jährlich aus den eigenen Kundenbefragungen ablesen könne. „Früher waren wir einer der größten Clubreiseanbieter mit bis zu 40.000 verkauften Reisen. Das sieht heute ganz anders aus, weil einfach nicht mehr der gleiche Wert auf Geselligkeit gelegt wird wie früher. Das hat nichts mit Corona zu tun, es sind einfach veränderte Zeiten. Flexibilität bei der Buchung ist ein anderes Thema und ganz wichtig bei allem was wir tun. Busreisen sind nun mal ein Gruppenerlebnis und der Bus dient als Kommunikationsbasis.“ Ganz wichtig für die Kunden seien aber die bei jeder Reise ausgewiesenen Online-Bewertungen mit bis zu fünf Sternen und einer Zufriedenheitswertung, die meistens zwischen 92 und 94 Prozent liege. „So werden Schwächen sichtbar gemacht und die Qualität kann immer weiter optimiert werden“, erläutert Hafermann.
Dabei legt er großen Wert auf die Kundenstruktur, die sich zu rund 60 Prozent aus solventen Silveragern und der Rest aus Beamten und Angestellten zusammensetze, nur zu fünf Prozent aus Arbeitern. Und wie sieht er die Zukunft des Busreisens in diesen schweren Zeiten, die das Unternehmen leidlich durchschritten hat und die große Corona-Welle vorbei ist? „Wir sind derzeit bei rund 60 Prozent des Vorkrisengeschäftes. Wir wären gerne schon dieses Jahr voll durchgestartet aber dann kam der Krieg in der Ukraine, der die typische German Angst dann wieder befeuert hat. Aber es kann nur besser werden, da bin ich mir sicher,“ sagt Hafermann mit seinem optimistischen Lachen. Die steigenden Kosten müsse man jedoch weitgehend an die Kunden durchreichen, das werde sich um die zehn bis 20 Prozent bewegen. „Billig verkaufen war immer schon einfach,“ sagt Hafermann. „Teuer zu sein ist schwerer, aber wir versuchen immer wieder, den Kunden über Emotion und Erfüllung von Reisewünschen abzuholen und zu überzeugen. Wir waren noch nie der günstigste Anbieter aber wir stechen durch die hohe Qualität der Reiseerstellung hervor.“ Eine App zur Buchung gäbe es zwar noch nicht, aber man denke schon ernsthaft darüber nach, so Hafermann. Ein solches erweitertes digitales Angebot könnte die beiden Welten der Reise und der Zahlen ideal verknüpfen.