Risikobereit und mit einer gehörigen Portion Leidenschaft für seine Tätigkeit, die er sich allen aktuellen Widrigkeiten zum Trotz bis heute bewahrt hat, gründete er 1990 sein Reiseunternehmen.

Mit lediglich 500 DDR-Mark in der Tasche wagte der im erzgebirgischen Oberschlema geborene 61-Jährige im Jahr der deutschen Wiedervereinigung den Schritt in die Selbständigkeit. „Mehr hatte ich nicht zur Verfügung. Ich habe das Geld umgetauscht, bei einem Bekannten in einem Münchener Copyshop 10.000 Flugblätter drucken lassen und bin dann an einem Sonntag im Mai 1990 losgezogen, um die Flugblätter in den Hausbriefkästen zu verteilen“, erinnert sich der Unternehmer zurück. Auf der einen Seite dieser Flugblätter hat er damals achttägige Reisen nach Südengland zu Gastfamilien und auf der anderen Seite eine Fahrt nach Maishofen am Zeller See beworben. Seine ersten 880 Reisegäste im Jahr 1990 habe er über diese Aktion akquiriert, berichtet der Unternehmer stolz über die Anfänge des Reiseclub Cottbus.

Inzwischen schickt der passionierte Fußballfan – sein Kickerherz schlägt brisanterweise für die Regionalliga-Kontrahenten Energie Cottbus und Chemie Leipzig – rund 39.000 Reisegäste pro Jahr zu Lande, zu Wasser und in der Luft in die ganze Welt hinaus. Zu diesem Erfolg führten ihn aber zunächst einige kleinere Umwege.

Dabei wollte Stephan Goldhahn eigentlich schon als Kind immer Reiseleiter werden. Nicht verwunderlich also, dass Geografie in der Schule auch sein Lieblingsfach war. Inspiriert zu seinem Berufswunsch hat ihn zu einem großen Teil auch seine Mutter, die ihn als Lehrerin mit auf ihre Klassenfahrten nahm.

Aufgewachsen ist Goldhahn in der Messestadt Leipzig, wo er auch eine Ausbildung zum Agrotechniker mit Abitur abschloss. Sein dreijähriger Armeedienst bei der NVA führte ihn über Rügen nach Cottbus, wo er auf dem Flugplatz die Nachrichtenwerkstatt leitete. Zum Studium der Museologie kam er schließlich wieder zurück nach Leipzig, brach dieses aber aus persönlichen Gründen ab. Um für seinen Lebensunterhalt sorgen zu können, bewarb sich Goldhahn bei der Bildungseinrichtung Urania Cottbus und war dort zeitweise als Hausmeister tätig – nach wie vor mit dem Ziel vor Augen, wieder ein Studium zu beginnen, was er sich schließlich in dem Fach „Staat und Recht“ erfüllte. „Dann kam die Wende, da brauchte man das Studium natürlich nicht mehr und ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Aus meiner Reiseleiter- Tätigkeit heraus, die ich vorrangig an den Wochenenden und in meinem Urlaub ausgeübt habe, bin ich das Wagnis eingegangen und habe meine eigene Firma gegründet“, erzählt Goldhahn zurückblickend.

In der Anfangszeit mietete er ausschließlich Busse für seine Reisen an. Den ersten eigenen Reisebus hat er dann 1992 angeschafft. Inzwischen zählt der Fuhrpark des Reiseclub Cottbus 16 Reisebusse, ein weiterer Bus für den Premiumbereich und ein Bus für den klassischen Reiseverkehr sind bereits bestellt und werden Anfang 2021 ausgeliefert. „Alles goldene Fahrzeuge, die wunderschön in der Sonne leuchten“, schwärmt er von seiner Busflotte, die von Beginn an in den Hausfarben Schwarz-Rot- Gold unterwegs ist.

Neben dem Busbetrieb mit Waschanlage, Tankanlage und Werkstatt sind mittlerweile 175 Mitarbeiter, inklusive kurzfristig beschäftigter Reiseleiter, 14 Reisebüros, die von Frankfurt/Oder bis Dresden einen Radius von etwa 200 Kilometern bedienen, und 48 firmeneigene Ferienwohnungen an der Ostsee Bestandteil seines kleinen „Imperiums“, das Goldhahn als seinen größten beruflichen Erfolg betrachtet. Dazu zählt auch die Etablierung des Produktbereiches Premiumreisen im Portfolio des Unternehmens. Bereits vor zehn Jahren hat der Unternehmer begonnen, erste Premiumbusse mit reduzierter Bestuhlung von 31 Plätzen bauen zu lassen. „Wir merken schon seit Jahren, dass sich die Gäste, die einmal mit einem Premiumbus unterwegs waren, in kleineren Gruppen, mit besseren Hotelqualitäten und mehr Leistungen, immer wieder für exklusivere Reise entscheiden. Inzwischen sind unsere Angebote in diesem Bereich so gewachsen, dass wir dafür einen eigenen 160 Seiten starken Premiumkatalog herausgeben“, berichtet Goldhahn. Der Hauptkatalog des Reiseclub Cottbus für die Saison 2021, der Anfang November erschienen ist, umfasst sogar 308 Seiten, von Busfahrten über Schiffs- und Flugreisen bis hin zur Wohnmobilvermietung.

Umfangreiche
Reisekataloge 2021

Die erneut sehr umfangreichen und damit kostenintensiven Reisekataloge für die kommende Saison seien angesichts der aktuellen Situation in der Tourismusbranche teilweise auf Unverständnis gestoßen, erzählt der Reiseclub-Geschäftsführer. Aber Stephan Goldhahn ist kein Typ, der die Flinte schnell ins Korn wirft, wenn es mal schwierig wird. „Man muss immer nach vorne schauen. Wenn wir jetzt nicht werben, dann sind die Busse leer im Frühjahr“, bringt er es auf den Punkt. Die eigentliche Zauberformel sei, eben immer einen Schritt voraus zu sein.

Und die scheint beim Reiseclub Cottbus bestens zu funktionieren. Schon jetzt habe das Unternehmen einen Umsatz von 3,5 Millionen Euro für das Reisejahr 2021 erwirtschaftet. Goldhahn sieht das auch als eine Art Treuebekenntnis seiner Stammkunden. „Viele haben einfach die Reisen, die dieses Jahr ausfallen mussten, umgebucht oder Gutscheine angenommen“, freut er sich.

Aber auch hier überlässt Stephan Goldhahn nichts dem Zufall. Dem Thema Kundenbindung misst er einen hohen Stellenwert bei. Bereits seit 1993 verschickt er das 16-seitige Kundenmagazin „Reiseclubpost“ an seine Kunden. Darin werden nicht nur aktuelle Reiseangebote und Tagesfahrten präsentiert, sondern es informiert auch über Aktuelles aus dem Unternehmen. „Die Kundenzeitung ist neben unseren Katalogen unser Haupt-Marketinginstrument“, verrät Goldhahn.

Ein weiterer wichtiger Baustein in Sachen Kundenbindung ist das alljährliche „Fest der Reise“, das der Reiseclub Cottbus veranstaltet, um den druckfrischen Reisekatalog für das kommende Jahr zu präsentieren. „Das ist ein buntes Kaleidoskop aus Musik, Tanz und Schlemmerbuffet, aber auch ein Wiedersehen unserer Gäste mit den Busfahrern und Reiseleitern“, beschreibt er. Zu dieser feierlichen Veranstaltung begrüße man jeweils etwa 280 Gäste an drei Abenden.

„Das sind Marketingmaßnahmen, die uns jetzt in der Coronakrise eben auch helfen. So sind wir nicht unbedingt auf die Laufkundschaft angewiesen und können auf unsere feste Kundenklientel setzen, die weiß, was sie am Reiseclub Cottbus hat“, so der Vater zweier erwachsener Töchter.

Stephan Goldhahn hat mit dem Reiseclub Cottbus weiter die Segel fest in Richtung Zukunft gesetzt. Das zeigt auch die Tatsache, dass das Unternehmen zum 01. Dezember zwei neue Busfahrer eingestellt hat. „Auf unsere Stellenanzeige auf Facebook haben wir über 40 Bewerbungen bekommen und uns schließlich für zwei Fahrer aus den alten Bundesländern entschieden“, berichtet Goldhahn. Weil diese etliche Kilometer fahren müssen, um überhaupt erst zu ihrer Arbeitsstelle zu kommen, habe das Unternehmen eigens eine Betriebswohnung angemietet und neu möbliert, die die neuen Mitarbeiter kostenfrei nutzen können.

Natürlich hat auch der Reiseclub Cottbus unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu leiden. Eine Vielzahl an Reisen musste abgesagt bzw. abgebrochen werden, unter anderem eine Reisegruppe aus Neuseeland, die der weltweite Lockdown im Frühjahr inmitten ihrer Reise traf, zurückgeholt und nahezu der gesamte Jubiläumskatalog, den der Reiseclub Cottbus anlässlich seines 30-jährigen Betriebsjubiläums aufgelegt hatte, eingestampft werden. Stephan Goldhahn selbst hat seinen eigentlich bereits fest geplanten Vorruhestand um sechs Jahre verschoben und noch einmal einen Kredit über drei Millionen Euro aufgenommen.

Doch auch wenn er nun schon wieder Reisen absagen musste und sein großes „Fest der Reise“, das Anfang November stattfinden sollte, den erneut steigenden Corona-Fallzahlen zum Opfer fiel, hält der erfolgreiche Unternehmer den erneuten Lockdown, auch als „Lockdown Light“ kommuniziert, für richtig, zweifelt aber die Verhältnismäßigkeit mancher Maßnahmen an. „Ich weiß nicht, wie es sonst weitergehen würde. Die Menschen sind leider so unvernünftig, dass sie die Beschränkungen, die sich über den Sommer bewährt haben, nicht einhalten. Und für mich ist es wichtig, dass das Jahr 2021 gerettet wird und wir wieder richtig loslegen können.“ Anita Faltermann