Das digitale „Nachschlagewerk“ soll noch in diesem Jahr live geschaltet werden. Auf einer eigens dafür erstellten Online-Plattform sollen wesentliche Informationen zur Vergabe von Aufträgen gesammelt, verständlich aufbereitet und für jedermann zugänglich gemacht werden. Kurzum: ein Marktüberblick über öffentlichen Nahverkehr mit Omnibussen in Deutschland.

Auf den Weg gebracht hat dieses Projekt ein Bündnis privater Anbieter von Busverkehrsleistungen. Konkret: der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO), die Verkehrsunternehmen Transdev Deutschland, Netinera Deutschland, Rhenus Veniro und DB Regio Sparte Bus. Die technische und inhaltliche Betreuung sowie Umsetzung des Projektes liegt bei den Verkehrsexperten der Hochschulen Heilbronn und Worms. Beide Hochschulen haben sich mit ihrem Konzept und ihren Ideen in einem Ausschreibungswettbewerb durchgesetzt. Was es mit dem Transparenzregister im Detail auf sich hat und welche Vorteile es mit sich bringt, erläuterte Professor Tobias Bernecker vom Heilbronner Forscherteam dem Bus Blickpunkt gegenüber.

Tobias Bernecker ist geboren und aufgewachsen südlich von Stuttgart. Das Thema „öffentlicher Verkehr“ hat ihn schon immer fasziniert, erzählt er. So war es naheliegend, dass er seine Leidenschaft zum Beruf machte. Der heute 43-Jährige ist nach seinem Studium mit Schwerpunkt ÖPNV/Verkehrswesen über verschiedene Stationen an der Universität Stuttgart und dann im Verkehrsministerium Baden-Württemberg schließlich 2011 als Professor für Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft nach Heilbronn gekommen. Seit 2012 ist er zudem Studiendekan und leitet darüber hinaus seit März 2015 als Direktor des Instituts für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) das Kompetenzzentrum „Logwert“. „Wir beschäftigen uns an der Hochschule Heilbronn und am Kompetenzzentrum Logwert sehr viel mit Fragen rund um die Wettbewerbsordnung auf dem Mobilitätsmarkt sowie mit Geschäftsmodellen für die Mobilität von morgen. Das reicht dann von Finanzierungsfragen über die Gestaltung der Wettbewerbsordnung bis hin zur Markteinführung von technischen Innovationen“, beschreibt Bernecker das breite Aufgabenspektrum. Dabei sei das Interesse am Busverkehr groß. Schließlich sei die Verkehrsbetriebswirtschaft in Heilbronn, mittlerweile seit fast 50 Jahren, in Lehre und Forschung besonders auf das mittelständische Transportgewerbe fokussiert. „Seit 2007 bieten wir für den Schwerpunkt Personenverkehr sogar ein eigenständiges Studienangebot an, in dem der Bus eine sehr wichtige Rolle spielt“, verdeutlicht Bernecker.

Bernecker hat gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Projektteam das Transparenzregister und die damit verbundene Methode zur Informationssammlung auf die Beine gestellt. Er bezeichnet seine Rolle in diesem Projekt überwiegend als die des Moderators. Seine Aufgabe besteht darin, die verschiedenen Aktivitäten, die die Erstellung des Transparenzregisters mit sich bringt (z.B. Methodik, Datensammlung, IT) zu koordinieren und zu vernetzen. Das beinhaltet viel Abstimmungsarbeit. Insbesondere an der Methodik arbeite er auch selbst aktiv mit. Die größte Herausforderung bei diesem Projekt sei das Datensammeln, verrät Bernecker. Man stoße auf eine Situation im Moment, die nicht darauf ausgelegt sei, auf einfachen Wegen maximale Markttransparenz herzustellen. „Man muss sehr genau hinschauen und bewerten, welche Qualität die Daten haben, die es an unterschiedlichen Stellen gibt“, betont er.

Das Transparenzregister ist zunächst auf eine Laufzeit von fünf Jahren ausgelegt. Die Live-Schaltung der Plattform soll im zweiten Halbjahr 2019 erfolgen. Dann stehen die Daten im Internet offen zur Verfügung. Es sei keine Anmeldung o.ä. erforderlich. „Der Personenkreis, der berechtigt ist, auf das Transparenzregister zuzugreifen, ist auch nicht eingeschränkt. Unternehmen, Aufgabenträger, Bürgerinnen und Bürger, Forschende, Journalisten – alle können zugreifen“, erläutert Bernecker. Am Ende wird mit dem Transparenzregister politischen Entscheidungsträgern, Verkehrsunternehmen, Aufgabenträgern sowie auch den Bürgern ein Marktüberblick zur Verfügung stehen, der die tatsächlichen Entwicklungen im ÖPNV abbildet. Man wird dann in der Lage sein, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was ÖPNV in Deutschland kostet, aber auch was er leistet. So sei zum Beispiel in den Folgejahren noch ein Umweltmodul geplant, das dann auch Auskunft etwa über Emissionen oder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben gibt.

Vor welchem Hintergrund ist die Idee zu einem ÖPNV-Transparenzregister eigentlich entstanden? Während in anderen EU-Staaten der ÖPNV-Markt für alle Akteure sehr transparent sei, fehle in Deutschland diese Form der Markttransparenz größtenteils, obwohl Deutschland –
wie andere EU-Mitgliedsstaaten auch – der Berichtspflicht nach Art. 7 der VO (EG) Nr. 1370/2007 unterliege, beschreibt Bernecker die aktuelle Situation auf dem ÖPNV-Markt. Doch die Mitgliedsstaaten gehen mit dieser Berichtspflicht unterschiedlich um. Der EU-Kommission ist es bis heute nicht gelungen, Transparenz durch standardisierte Prozesse zu schaffen, um so für einen fairen Wettbewerb auf dem ÖPNV-Markt zu sorgen. Die Markttransparenz, der sich die Verkehrsunternehmen zu stellen haben, hänge vielmehr stark davon ab, wo gefahren werde, bedauert Professor Bernecker.

Ihm zufolge gibt es aber EU-Länder, die das Thema Transparenz im ÖPNV flächendeckend sehr gut gelöst haben. Am weitesten auf diesem Gebiet sei Schweden im Moment, wo die Regionen zuständig für den ÖPNV seien und jede Region für ihr Verkehrsgebiet die Finanzleistungs- und Strukturkennzahlen veröffentliche. Man erhoffe sich das mittelfristig auch für Deutschland, so Bernecker. „Davon profitiert letztlich die Qualität der Angebote und damit der Fahrgast. Wenn zukünftig noch mehr Menschen (freiwillig) den ÖPNV nutzen sollen, ist das ein wichtiger Aspekt“, gibt der Verkehrsexperte zu verstehen.  Askin Bulut