Kurz darauf wurde er jedoch als erster Preisträger auf die Bühne gerufen, um den Preis für langjährige Treue und Zuverlässigkeit entgegenzunehmen. „Ich gehe schon seit 20 Jahren auf diese gute Veranstaltung, aber so eine schöne Überraschung ist mir noch selten passiert,“ so erzählt der quirlige Reiseunternehmer, dessen Unternehmen 2023 genau 30 Jahre alt wird. In seinem kleinen Büchlein und Biographie „Dinge, die das Leben schreibt“, beschreibt der Jubilar diesen Umstand so: „Was sich im Laufe meines Lebens abspielte, waren immer mehr oder weniger Zufälle, Gelegenheiten, die sich mir boten und die ich beim Schopfe fasste, häufig ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen das für mich und meine Familie haben würde.“ Die habe aber immer hinter ihm gestanden, was er als großes Glück empfindet. Seine Frau Gisela, die „alle ihre Energie mit mir zusammen in das Unternehmen einbringt“ ist ebenso an Bord im Unternehmen mit rund 25 Mitarbeitern wie Sohn Willfried, der sich um die vier Busse kümmert und auch schon lange selbst am Steuer sitzt („Er kommt einfach gut an bei den Kunden“). Und auch dessen Frau Anna („Sie ist beim Erstellen der Kataloge kaum zu bremsen!“) ergänzt das Team tatkräftig in Sachen Marketing.

 

Die Corona-Krise gut und erfolgreich überstanden

„Wir sind ein gesundes Unternehmen, wenn auch ein eher kleines“. Deshalb verzeichnet auch die gedruckte Chronik als vorletzten Punkt der Zeitleiste für 2020/21: „Corona gut und erfolgreich überstanden.“ Das war aber natürlich kein Selbstläufer. Immerhin mussten Anfang 2020 Buchungen von rund 1,5 Mio. Euro rückabgewickelt werden. „Sonst wäre es ein Rekordjahr geworden mit über 6.500 Buchungen,“ so der Seniorchef.
Neben den Überbrückungshilfen, die später vom Staat gezahlt wurden und der Kurzarbeit für die vier Busfahrer und eine Busfahrerin, machte sich aber eine Besonderheit seines Unternehmens jetzt bezahlt: „Wir haben ein sehr enges und vertrautes Verhältnis zu unseren Kunden, die sind nicht einfach anonyme Buchungsnummern. Und viele von ihnen wollten ihr Geld damals nicht sofort zurückhaben.“
Aber zurück zu den Anfängen des Unternehmens, die herrlich anekdotisch im Jubiläumsband beschrieben sind: „Das Leben schreibt die spannendsten Geschichten. So kann man sich das gar nicht ausdenken!“ So
beginnt das 55-seitige Werk. Und weiter: „Hätte mir jemand in den 70ern gesagt, was ich heute beruflich mache, dann hätte ich ihn ausgelacht.“ Denn eigentlich war die vom Vater übernommene Landwirtschaft sein Leben, „etwas anderes konnte ich mir gar nicht vorstellen,“ so Müller. Als sich jedoch eine passende Gelegenheit beim städtischen Grünflächenamt auftat, griff Müller behende zu und wurde vom Landwirt zum städtischen Angestellten mit Nebenerwerbslandwirtschaft.
Aber es kam wieder anders als gedacht, und Müller erweiterte 1988 seinen Lkw-Führerschein, den er beim Grünflächenamt nutzte, um den Busschein, den er also jetzt seit 35 Jahren besitzt und immer noch nutzt. Sein damaliger Bürgermeister in der Laudatio: „Umtriebig und voller Ideen – wie Sigi nun einmal ist und wir ihn kennen – füllte ihn die Tätigkeit im Stadtgartenamt anscheinend nicht mehr voll aus. Er brauchte offensichtlich einen neuen Kick.“ Dieser führte wieder etwas mehr in Richtung Selbstständigkeit, zuerst als Aushilfsfahrer beim Busunternehmen Winkelmann. Das Busfahren begeisterte ihn immer mehr, und so schaffte er aus der Not heraus, dass es keine Busse für kleine Gruppen zu mieten gab, seinen ersten 15-Sitzer an, einen Ford Transit. Im Jahr 1997, als die Firma Winkelmann ihren Betrieb einstellte, war es dann soweit und Müller „ging das Risiko ein, einen Fünf-Sterne-Vorführ-
wagen mit 40 Plätzen zu kaufen“, wie er es beschreibt. Nur ein Jahr später gibt er seine Tätigkeit bei der Stadt auf und geht ganz in die Selbstständigkeit. Das Busunternehmen Müller Bus Touristik war geboren, und „entgegen der Meinung aller Kritiker und Besserwisser lief es besser als erwartet“, so Müller. Im Mai 1996 kaufte die Familie dann „aufgrund eines weiteren Zufalls“ den rund 6.000 Quadratmeter großen Hof „Unter den Eichen“ in Hustedt. „Die wunderschöne Lage mit dem alten Eichenbestand, da drängte sich doch sofort eine Nutzung als Café-Restaurant auf“, sagte sich Müller. Gesagt – getan, auch wenn es zuerst
Widerstand aus der Nachbarschaft gab. „Das war wieder so eine auf den ersten Blick ‚verrückte Idee‘“, so Ex-Bürgermeister Martin Biermann. Doch das Kalkül ging auf, und heute ist das Waldkaffee fest integriert ins Unternehmen und die Touristenströme in der Gegend.

 

Das Waldcafé ist fest ins Unternehmen integriert

Heute ist das Familienunternehmen fest etabliert und mit vier Bussen und rund 25 Mitarbeitern gut ausgelastet. Siegfried Müller bleibt trotzdem auf dem Boden der Tatsachen: „Wir bekommen jedes Jahr einen neuen Komfort-Bus in 13 Meter Länge, und das war auch in Corona-Zeiten so! Auch unseren Katalog haben wir immer gedruckt, da gab es keine Pause!“ Denn, so ein Leitspruch von Müller: „Man muss das produzieren, was der Kunde haben möchte, und nicht umgekehrt.“ Ach ja, da wären noch die „dreifache H-A-M-Regel“, ohne die dieser Bericht nicht enden darf: „Drei mal H für ‚Hirn, Herz und Humor‘; drei A für ‚anders als Andere‘, und drei M für ‚Müller macht’s möglich‘.“ Erleben muss man diese kompakten Leitlinien am besten persönlich.