Kreuzfahrten, ob auf hoher See oder auf Flüssen, verzeichnen seit Jahren Zuwächse, auf Touristikmessen sind sie oft in eigenen Hallen präsent. So auch im Januar auf der CMT (Caravaning, Motor, Touristik) in Stuttgart. Auf dieser Messe erhielt Horst Rahe (76), Aida-Gründer und Geschäftsführer der Deutschen Seereederei Rostock, den Columbus-Ehrenpreis der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ).
Als „Mann der Praxis“ bezeichnete Rüdiger Edelmann, 1. Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten (VDRJ), den diesjährigen Columbus-Ehrenpreisträger Horst Rahe. Dieser sei „ein Mann mit Wagemut und Engagement“, der durch seine „wegweisenden Konzepte“ eine Revolution im Tourismus eingeläutet habe. Aus dem hochdefizitären ehemaligen DDR-Kombinat Deutsche Seereederei entwickelte Rahe ab Mitte der neunziger Jahre den Kreuzfahrt-Riesen Aida. Damit habe er den Kreuzfahrtmarkt für die Deutschen völlig neu etabliert und demokratisiert, sagte Edelmann.
1996 wurde Aida, das Clubschiff, in Dienst gestellt
Wie es dazu kam, dass er das DDR-Kombinat Deutsche Seereederei übernahm? Die Geschichte fing an, als er, der in Köln einst Betriebswirtschaft studierte und bisher in der Schifffahrt, Touristik und im Immobilienbereich erfolgreich war, im Februar 1992 zufällig mit einem Treuhandmanager im Flugzeug zusammentraf. Der Mann suchte händeringend einen Käufer für die Deutsche Seereederei (DSR), die ostdeutsche Staatslinie, die zu DDR-Zeiten mehr als 160 Schiffe hielt und 14.500 Menschen beschäftigte. Ein Reederei-Koloss, der in der aufziehenden Marktwirtschaft schnell in schwere See geriet, weil er staatlich ungeschützt keine Chance mehr auf den Märkten hatte. Die Treuhandanstalt reagierte prompt auf sein Fax, und die Dinge nahmen ihren Lauf. Schon im Juni unterschrieb Rahe den Kaufvertrag. Das Konzept von Rahe und seinem damaligen Partner und Schües sah vor, die traditionellen Sparten Schifffahrt, Kreuzschifffahrt und Immobilien auszubauen und neue Geschäftsfelder im Dienstleistungsbereich dazu zu schaffen. Zudem hatten sie sich verpflichtet, über 2.200 der beim Kauf noch vorhandenen 3.000 Stellen zu erhalten und rund drei Milliarden Mark (rund 1,53 Milliarden Euro) zu investieren.
Das war nicht so leicht. Das Unternehmen entschied, das Kreuzfahrtgeschäft durch einen Neubau zu erweitern, der im Juni 1996 unter dem Namen Aida – „Das Clubschiff“ in Dienst gestellt wurde. Dies war der Beginn der Aida Cruises-Klubschiffe. Kreuzfahrt auch ohne zusätzliche Koffer für die Abendkleidung, kürzere Reisen, unkompliziertes Handling und mehr Freiheit an Bord hieß das Konzept. Ende 1998 wurde die Gewinnzone erreicht, die Reederei 1999 an die britische Reederei P&O verkauft und gehört heute zu Carnival Cruises.
2002 Start für A-Rosa Flussschifffahrten
2002 wurde von der Deutschen Seereederei* und der britischen Reederei P&O das Unternehmen Seetours gebildet, das unter dem Markennamen A-Rosa Seekreuzfahrten mit der A-Rosa Blu und Flusskreuzfahrten auf der Donau anbot. 2004 wurde ein Umsatz von über 400 Millionen Euro erzielt. 2009 wurde die A-Rosa Flussschiff-Reederei aus der Deutschen Seereederei im Rahmen eines Management-Buy-outs verkauft.
2013 startete das erste A-ja-Resort in Warnemünde
Was folgte, war die Konzentration auf die Ferienhotellerie. 2013 gehörten zu Rahes A-Rosa-Resort Hotels vier gehobene Hotels auf Sylt, in Travemünde, Kitzbühel und am Scharmützelsee. Das absolute Highlight in jedem Resort: der Spa-Bereich. Dann folgte mit dem A-ja-Konzept ein weiteres Geschäftsmodell, das besonders für die Gruppentouristik interessant ist. Der Gast zahlt nur für das, was er wirklich nutzt. Das ultimative Gegenteil von all inklusive. Am 25. April 2013 wurde das preiswerte Wellnesshotel A-ja-Resort in Warnemünde eröffnet, im März 2015 kam A-ja Grömitz hinzu.
Kreuzfahrtmarkt gehört betuchten Kunden nicht allein
Auch der Wirtschaftswissenschaftler und Manager Karl Born würdigte in seiner Laudatio Rahes Verdienste um eine „Demokratisierung des Luxus“. Die Auslastungszahlen gäben ihm Recht – und die Befriedigung, es jenen Gestrigen gezeigt zu haben, die geglaubt hätten, der Kreuzfahrtmarkt gehörte 300 000 betuchten Kunden allein. „Er hat nur eine kleine Macke: Wenn etwas relativ gut klappt, wird es für ihn schnell langweilig.“ 1999 verkaufte Rahe die Reederei und wandte sich – mit Erfolg – neuen Projekten wie den A-Rosa Flusskreuzfahrten zu. Den Preis nehme er „stellvertretend für viele Menschen“ entgegen, sagte Horst Rahe, und verriet dann sein Erfolgsrezept: „Tourismus ist etwas ganz Einfaches. Man muss nur gucken, was die Menschen wollen.“
*Die Deutsche Seereederei ist eine Holding für Unternehmen, die in den Bereichen Tourismus, Hotellerie, Immobilien, Finanzdienstleistungen und Gesundheitswirtschaft tätig sind. Sie hat kein eigenes operatives Geschäft. Sie hält jedoch die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften nicht nur, sondern führt diese auch.