Ein frühsommerlicher Tag mit Kaiserwetter ganz in der Nähe des Deutschen Ecks, dem Mündungsdelta von Rhein und Mosel in Koblenz. Ein Ausflugsschiff bahnt sich den Weg durch das grünliche Wasser des Rheins, hoch oben in 112 Metern Höhe ziehen die 18 Kabinen der Seilbahn Koblenz lautlos ihre Bahnen. Michèl van Dun, Geschäftsführer der im Jahr 2011 zur Bundesgartenschau in Koblenz errichteten Seilbahn, kommt zu Fuß – sein Büro in der Rheinstraße 6 liegt nur wenige hundert Meter von der Talstation entfernt. „Bis vergangenen September waren wir noch im Gebäude der Bundesgartenschau untergebracht“, erklärt van Dun. „Jetzt haben wir ein eigenes Büro direkt vor Ort.“

Von der Tulpe zur Seilbahn
Wer den sympathischen Holländer kennt, weiß um seine Liebe zur Farbe „Oranje“, dem von holländischen Fußballtrikots bekannten Orange. Da überrascht es nicht, dass in den Büroräumen der Seilbahn Koblenz zwei Wände ganz in der Farbe des holländischen Fußballdresses gehalten sind. Die Karriere des 39-Jährigen begann beim Club Med, wo er unter anderem als Key Account Manager für Reisebüros zuständig war. Zuvor hatte van Dun an der internationalen Fachhochschule in Breda (Südholland) den Studiengang „International Tourism Managment and Consultancy“ studiert und erfolgreich abgeschlossen. Seinen außerordentlichen Bekanntheitsgrad in der Branche erreichte er aber erst durch seine Tätigkeit beim Keukenhof, wo er fünf Jahre als Sales Manager für Deutschland und Osteuropa zuständig war. In dieser Zeit entstand bereits die Verbindung zur zum österreichischen Doppelmayr-Konzern gehörenden Seilbahn Koblenz, denn der Keukenhof war auf der Bundesgartenschau 2011 für das Pflanzen der Tulpen zuständig und van Dun war mit vor Ort. Bevor, wie der 39-Jährige selbst sagt, „aus dem Tulpenholländer ein fliegender Holländer wurde“, war er als Vertriebsleiter für Deutschland und Osteuropa beim holländischen Freizeitpark Efteling beschäftigt.

Einmal Seilbahner, immer Seilbahner
„Als die Seilbahn Koblenz jemanden für die Geschäftsführung suchte, habe ich mir gedacht ‚wenn jemand den Deutschen etwas verkaufen kann, dann sind es doch die Holländer“, lacht Michèl van Dun. Dennoch sei der Schritt vom Vertriebs- und Marketingmanager zum Geschäftsführer eines Unternehmens mit 60 Mitarbeitern eine Herausforderung gewesen. „Aber deswegen macht man es ja“, sagt er. Inzwischen prangt auf seinem Benutzerprofil im sozialen Netzwerk XING der Slogan: „Einmal Seilbahner, immer Seilbahner“ und wenn man mit ihm mal über „seine“ Seilbahn gesprochen hat, wird auch offenkundig, warum das so ist: Michèl van Dun gehört zu den Menschen, die sich mit ihrem Job zu hundert Prozent identifizieren und selbst ein Teil dessen werden, was sie vermarkten. „Noch heute sprechen mich Leute an und fragen mich, ob ich Tulpen dabei habe“, sagt van Dun. „Ich erzähle dann immer, dass ich schon seit längerem keine Tulpen mehr dabei habe – dafür aber eine Seilbahn!“

Das "große Ganze"
Der Grund, dass der 2,05-Meter-Mann immer noch mit seinem einstigen Job beim Keukenhof in Verbindung gebracht wird, liegt eben genau darin, dass schon damals das Produkt, das er vermarktete, ein Teil seiner Identität wurde und sich in den Köpfen der Leute festsetzte. Und natürlich liegt das auch an der positiven Energie und der Freundlichkeit, mit der Michèl van Dun sowohl Kunden als auch seinen Mitarbeitern entgegentritt. Dass er dabei stets „das große Ganze“ im Kopf und trotzdem einen Blick für Details hat, wird klar, als er auf der riesigen Wiese vor der Festung Ehrenbreitstein einen Mitarbeiter mit folgenden Worten anspricht. „Ich habe gesehen, bei dem Sonnenschirm dort hinten sitzt der Stoff nicht mehr richtig drauf, kannst du da mal nachschauen?“ Michèl van Duns Gedanken kreisen eben nicht nur um die Seilbahn an sich, sondern um das Gesamterlebnis Seilbahn Koblenz und Festung Ehrenbreitstein. „Leute, die mit dem Bus hierher kommen, bekommen einen Rundumschlag in einem Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal. Wir haben 20 Busparkplätze in unmittelbarer Nähe der Talstation und riesige Parkflächen oben auf der Festung, es gibt zahlreiche Restaurants und Weinstuben direkt am Rhein, man kann Ausflüge mit Schiffen unternehmen und die Festung Ehrenbreitstein hat ganzjährig zahlreiche Attraktionen und Ausstellungen zu bieten. Von Juni bis September gibt es zum Beispiel die Rheinpuls-Konzertreihe. Jeden Donnerstag, Freitag und Samstag findet auf der Festung ein Unplugged-Konzert statt. Die Seilbahn fährt dann jeweils bis 22 Uhr.“

Seilbahn bleibt bis 2026
Auch zur Fußball-WM wird es auf der Festung hoch her gehen: Auf einer 50 x 25 Meter- Leinwand soll es regelmäßige Public Viewings geben. „Hier ist Platz für mindestens 7.000 Leute“, sagt van Dun. Wer mit der Seilbahn auf den Berg kommt, spart jede Menge Zeit. „Mit dem Auto bräuchte man von Koblenz Innenstadt rund 35 Minuten hier hinauf“, sagt Michèl van Dun. „Mit der Seilbahn benötigt man maximal zehn Minuten.“ Derzeit befördert die Seilbahn Koblenz mit ihren 18 Kabinen, die jeweils Platz für 35 Leute bieten, rund 600.000 Gäste im Jahr, ihr Geschäftsführer sieht jedoch noch Luft nach oben. „Wir könnten hier von der Kapazität her 7.500 Leute in der Stunde ‚rheinschweben‘ lassen und das übrigens völlig barrierefrei“, sagt er. „Viele Leute wissen gar nicht, dass die Seilbahn noch bis 2026 hier stehen bleiben darf“, sagt er. Diese Tatsache bekannt zu machen, ist momentan eine der Hauptaufgaben des umtriebigen Holländers. Doch auch in seiner Freizeit ist Michèl van Dun sehr aktiv: Er geht leidenschaftlich gerne surfen und fährt ein Mal im Jahr auf die griechische Insel Kos, um dort seinem Lieblingssport Surfen zu fröhnen. Außerdem ist er Mitglied des DLRG in Koblenz und fährt gern Motorrad. Es gibt eben noch ein Leben jenseits der Seilbahn. Daran erinnern auch noch die Tulpen, die auf dem Schreibtisch seines Büros stehen – natürlich in orange. (sb)