Olfen ist eine kleine Stadt im Münsterland, südlich von Münster gelegen. Hier gibt es die Steveraue, eine naturbelassene Landschaft zum Durchatmen, Beobachten und Erleben. Hier kann man mit dem Floß fahren oder sich im Naturbad, ganz ohne Chemie, am Sandstrand erholen. Ein lebenswerter Ort, den auch Feriengäste gern entdecken. Das Auto ist für die Olfener mit Abstand das wichtigste Verkehrsmittel. Die Bauernhöfe liegen oft abseits. Die Wege von der eigenen Wohnung zur nächsten Bushaltestelle oder von der Bushaltestelle zur Arztpraxis sind oft weit.
Auch für die Kinder, die zur Schule wollen, ist der Weg zur Haltestelle und nach Hause zurück oft lang. Zumal der Schulbus viele Haltstelle abklappern muss, an denen manchmal kein Mensch wartet. Da kommt dann schnell eine Fahrzeit von gut 30 bis 40 Minuten zustande. Busse lassen sich in dieser Gegend kaum effizient betreiben. Josef Himmelmann ist Bürgermeister von Olfen. Ihn bewegte dieses Problem schon lange.
Olfens Schulbus weiß, wo die Fahrgäste aussteigen
Und er hatte eine Idee, wie man diesem Problem beikommen könnte. Die Schulbusse sollten künftig nicht auf Pflichtrouten verkehren, sondern nur die Haltestellen anfahren, an denen Schulkinder, die im Bus sitzen, aussteigen wollen. Josef Himmelmann setzte sich mit den Nahverkehrsverbünden seiner Region ins Benehmen und mittels moderner Technik fand man eine Lösung. Und so funktioniert es: Die Schüler halten beim Einsteigen in den Bus ihre persönliche Chipkarte an ein Lesegerät, das die Daten mit ihrer heimischen Haltestelle an ein iPad übermittelt. Mit Hilfe einer speziell entwickelten App wird automatisch die kürzeste Route für den Busfahrer berechnet. Die Fahrtroute wird Just-in-time angezeigt und somit tagesindividuell an den tatsächlichen Fahrtbedarf der Schüler angepasst.
Investition von 60.000 Euro
Angesichts sinkender Schülerzahlen werden in ländlichen Räumen somit Kosten für die Kommunen eingespart. Zudem konnte ein Schulbus eingespart werden: Nachmittags fahren nach der bedarfsorientierten Umstellung statt drei nur noch zwei Schulbusse. Eine weitere positive Auswirkung ist die Umweltschonung, da durch die kürzere Fahrtstrecke der CO2-Ausstoß verringert wurde. 60.000 Euro hat das System gekostet. Der Gewinn: Kosteneinsparungen im ÖPNV, für die Schulkinder verkürzen sich die Fahrzeiten.
Wie wichtig Innovationen im ländlichen Raum sind, zeigt auch ein Blick in die Statistik. Mehr als die Hälfte aller Deutschen lebt auf dem Land – auf 90 Prozent der Fläche der Bundesrepublik. Hier ergeben sich ganz andere Herausforderungen, nicht nur für den Schülerverkehr. Älteren Menschen fehlt eine zuverlässige Infrastruktur, um zum Arzt zu gehen oder den Wochenmarkt zu besuchen. Jüngere haben Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden oder müssen weit fahren. Ganz zu schweigen von den Kulturangeboten. Die Initiative des Olfener Bürgermeisters Josef Himmelmann hat jüngst auch überregionale Bedeutung erfahren. Im bundesweiten Innovationswettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ ist die Stadt Olfen am 6. Dezember 2014 für das Projekt „Bedarfsorientierter Schulbusverkehr“ als einer von 100 Preisträgern geehrt worden.
Ein Pilotprojekt, Nachahmung erwünscht
Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ wurde von der Bundesregierung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie 2006 ins Leben gerufen. Die Faszination des Sommermärchens, der Fußball-WM im eigenen Land, sollte den Begriff „Deutschland – Land der Ideen“ im In- und Ausland nachhaltig platzieren. Sie spricht viele Themen an und möchte möglichst viele Menschen mit ihren Ideen untereinander vernetzen. Werner Oesterschlink, Sprecher der Geschäftsleitung der Deutschen Bank, sagte bei der Preisverleihung: „Der bedarfsorientierte Schulbusverkehr zeigt uns, dass ländliche Räume vor allem dann lebendig bleiben, wenn kommunale Innovatione n mit Engagement, Mut und Mobilität zum Wohl der Menschen in der Region zusammentreffen. Die Herausforderungen eben querfeldein angepackt werden.“ Olfens Bürgermeister Josef Himmelmann kommentierte die Auszeichnung: „Ziel der Teilnahme an diesem Wettbewerb ist es, unser Projekt der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und somit die Möglichkeit darzustellen, dass auch andere ländliche Räume dieses Pilotprojekt vor Ort umsetzen können.“