Kämmerer kennen die meisten wahrscheinlich aus Radio und TV, denn Tobias „Tobi“ Kämmerer ist beim Hessischen Rundfunk seit langem als Moderator erfolgreich. Wie so
jemand in die Coaching-Branche gelangt? Indem er jemandem wie Thomas Esche begegnet. Eine etwas andere Art von Unternehmensberatung ist das Metier der beiden, ihr Konzept beschreiben sie selbst als „systemische Organisationsentwicklung“. Personalführung ist dabei ein zentrales Thema, ebenso wie Prozessoptimierung. Der Rahmen unterscheidet sich dennoch deutlich von der Herangehensweise herkömmlicher Unternehmensberater. Diese kommen meist mit einem „Patentrezept“ in die Firma und stülpen dieses den Gegebenheiten vor Ort mehr oder weniger über. Mit bisweilen
wenig wünschenswerten Folgen, insbesondere für Personal, Arbeitsklima und Mitarbeitermotivation. Thomas Esche und Tobias Kämmerer helfen Unternehmen hingegen dabei, notwendige Veränderungen von innen heraus anzugehen und jeden Mitarbeiter nicht nur „mitzunehmen“, sondern in seinem Potenzial sprichwörtlich erblühen zu lassen.


Nachdem Esche und Kämmerer ihr Konzept auf einschlägigen Branchenveranstaltungen, darunter dem RDA, vorgestellt haben, zeigen Busunternehmer zunehmendes Interesse am Know-how des Duos. In Zeiten wie den aktuellen aus naheliegenden Gründen, jagt doch eine Herausforderung die nächste, vom Digitalisierungserfordernis über die Notwendigkeit, neue Vermarktungskanäle zu erschließen, bis hin zum Umgang mit dem Fachkräftemangel. Tatsächlich wohnen jeder Aufgabe Chancen inne, auch wenn diese im Detail nicht gleich von jedem gesehen werden. „Wenn in einem System Veränderungen anstehen, löst das nicht selten Widerstand und häufig auch Ängste aus“, weiß Thomas Esche. „Deshalb starten wir unsere Beratungen immer mit einer Diagnosephase, in der wir allen – besonders den Mitarbeitern – erst einmal nur zuhören.“ Wer glaubt, das verschwende Zeit, verkennt, dass Menschen das in ihnen liegende Potenzial weder selbstverständlich, noch isoliert, noch auf Befehl zur Entfaltung bringen können. Ihre Gehirne brauchen sozusagen den Anschluss an ein „Netzwerk“, um miteinander denken und agieren zu können. Wie Musiker in einem Orchester, deren neuronale Aktivität sich synchronisiert, während sie gemeinsam musizieren. In der Arbeit von Thomas Esche und Tobias Kämmerer sorgt für diese „Vernetzung“ die Kommunikation.


Kommunikation heißt nicht nur reden


„Beim Thema Kommunikation denkt man immer, man bräuchte nur miteinander reden, tatsächlich ist das aber leichter gesagt als getan“, sagt Tobias Kämmerer. Als Moderator weiß er, dass es in Sachen Kommunikation keineswegs darum geht, sich zu „unterhalten“. Ein Moderator hat vielmehr die Aufgabe, vernetztes Denken zu ermöglichen und – speziell im Rahmen von Veränderungsprozessen – sicherzustellen, dass Betroffene zu Beteiligten werden. Wer sich mit Erlebnispädagogik auskennt, weiß, dass mit dem Moderator der Erfolg erlebnispädagogischer Aktionen steht und fällt. Vergisst eine Gruppe, einen Moderator zu wählen, ehe sie die gestellte Aufgabe löst, scheitert sie. Schlicht und ergreifend, weil die Gruppe ohne Moderator nicht gewährleisten kann, dass jeder das Ziel der Aufgabe kennt, in seinen Ideen und Anliegen gehört wird, jeden Vorschlag verstanden hat und den eigenen Beitrag klar definieren und letztlich auch leisten kann. Es ist völlig egal, ob eine Gruppe nur mit Seilen bewaffnet im Wald einen Fluss überqueren soll oder ob sie in der Firma die Aufgabe hat, die Digitalisierung umzusetzen, Office 365 einzuführen, Buchungs- oder Werkstattprozesse zu straffen, den neuen Reisekatalog zu erstellen, die Social Media Nutzung auszuweiten oder die Verkaufszahlen zu steigern. Das systemische, organisatorische Grundprinzip ist immer dasselbe. Während Kämmerer als „Mann für die Kommunikation“ im Team der Esche & Kämmerer GmbH fungiert, ist Esche der Mann fürs unternehmerische Know-how. „Ich stamme aus einer Unternehmerfamilie“, erzählt der 54-Jährige, „und bei den Herausforderungen, die sich uns damals stellten, konnte kein Unternehmensberater helfen. Also habe ich mich selbst weitergebildet. Befreundete Unternehmer fragten mich dann ihrerseits immer öfter um Rat – so kam eins zum anderen.“ Und Esche in die Unternehmensberatung. Kämmerer lernte Esche kennen, als beide im Jahr 2015 als Gastdozenten zu einer Veranstaltung an der Hochschule Frankfurt/Main eingeladen waren. Sie waren sich so sympathisch und passten von ihrem jeweiligen Portfolio her so gut zusammen, dass eine GbR schnell auf dem Weg war. 2019 wandelten sie die GbR in die Esche & Kämmerer GmbH um.


Systemische Organisationsentwickler ausbilden


Mittlerweile beraten sie nicht mehr „nur“, sondern stehen verschiedenen Universitäten als Dozenten zur Verfügung. Ab 2025 wollen sie eigene Systemische Organisationsentwickler ausbilden. Langfristiges Ziel dabei ist, nicht nur Berater zu qualifizieren, sondern Unternehmer und Führungskräfte selbst. „Beratung darf nicht in Abhängigkeiten münden“, sagt Esche. „Eine Firma profitiert mehr, wenn sie über das notwendige Wissen selbst verfügt.“ Die Ausbildung der Systemischen Organisationsentwickler erfolgt in Zusammenarbeit mit der Systemwerkstadt Darmstadt. Die ist das Lebensprojekt von Tobias Kämmerers Vater. „Ich bin in seine Fußstapfen getreten, nachdem ich das Know-how meines Vaters sprichwörtlich mit der Muttermilch eingesogen habe“, erinnert sich Kämmerer und lacht. „Mein Vater hat alles, was er lernte und entwickelte, an mir ausprobiert. Manchmal sage ich, ich war schon als Kind vollständig austherapiert.“


Ausgezeichnet geht es weiter


Das Kernteam der Esche & Kämmerer GmbH besteht aus fünf festen Mitarbeitern. Dennoch können und werden nicht alle Aufträge von den Mitgliedern dieses Kernteams übernommen. Je nach Art des Einzelfalls vermitteln Esche und Kämmerer auch geeignete Kollegen und künftig auch Absolventen ihrer Ausbildung. Dafür haben sie die „Coaching Lions“ gegründet.
Anerkennung für ihr Schaffen gab es bereits aus hohen Händen: 2024 wurden Thomas Esche und Tobias Kämmerer als Unternehmer des Jahres im Bereich Coaching, Beratung und Organisationsentwicklung ausgezeichnet. Der Titel wird von der Deutschen Unternehmerplattform (DUP) verliehen und honoriert Unternehmen, die sich durch innovative Geschäftsmodelle, nachhaltige Entwicklung und herausragende Leistungen in ihrer Branche hervorgetan haben. Schirmherrin des Preises ist die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. 

Das Interview führte Judith Böhnke