Der Thüringer Busunternehmer Knut Gräbedünkel hat aber einen unbeugsamen Willen. Er ließ sich von den Widrigkeiten nicht unterkriegen, richtete seinen Unternehmenskompass neu aus und führte sein Unternehmen in eine neue Ära.

„Deutschland lebt von seinem freien Unternehmertum. Vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen erwirtschaften das Kapital in Deutschland“, betont der 43-Jährige. Das Land sei angewiesen auf die privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen, die mit ihrer Dynamik, Effizienz und Wirtschaftlichkeit das Land mitgestalten, so Gräbedünkel weiter. Im ÖPNV-Streit 2019 mit der Landrätin Petra Enders (Die Linke) wurden dem damaligen Unternehmen Regionalbus Arnstadt (RBA) die Linienkonzessionen entzogen (Bus Blickpunkt berichtete). Der ÖPNV wurde kommunalisiert. Die RBA betrieb bis zu jenem Zeitpunkt über 20 Jahre lang den Linienverkehr im nördlichen Ilm-Kreis erfolgreich eigenwirtschaftlich. Damit war es Mitte 2019 vorbei.
Das stürzte die RBA in eine tiefe Existenzkrise. Kein Wunder, der ÖPNV machte mit über 90 Prozent den Löwenanteil des RBA-Geschäfts aus. Gräbedünkel, der 2013 in die Geschäftsführung des im Jahr 1999 gegründeten Familienunternehmens eingestiegen war, musste umdenken. Sein Kampfgeist war geweckt, was wiederum seine Kreativität entfesselte. Der studierte Wirtschaftsingenieur entschied sich für einen grundlegenden Strategiewechsel und besann sich auf die Stärken seines Unternehmens: „Wir haben in den vergangenen 20 Jahren mit der RBA vor allen Dingen auch den ÖPNV im ländlichen Raum entwickelt und geprägt. Dabei waren wir mehr als reiner Fahrbetrieb. Wir haben im Rahmen des Nahverkehrsplans für den Landkreis zusätzlich die Aufgaben der Planung, des Managements, der betrieblichen Organisation zur Fahrplantechnologie übernommen sowie Verkehrskonzepte erstellt und Marktanalysen durchgeführt. All das haben wir dann eigenständig im Unternehmen zur Umsetzung gebracht.“ Die RBA deckte somit das komplette Leistungsportfolio ab, über das ein klassisches Verkehrsunternehmen heute verfügen muss.

Warum sich diese Kompetenzen nicht zu Nutze machen und neue Wege gehen? Knut Gräbedünkel nahm seinen Mut zusammen und beschloss, das Know-how, das sich sein Unternehmen über viele Jahre erarbeitet hat, auch in anderen Verkehrsgebieten anzubieten. „Also haben wir uns auf überregionale Ausschreibungen im ländlichen Raum konzentriert.“ Seine Strategie war bereits kurze Zeit später von Erfolg gekrönt: Aus zahlreichen Ausschreibungen ging sein Unternehmen als Sieger hervor und ist relativ schnell gewachsen. „Das Thema Ausschreibungen war auch für uns etwas gänzlich Neues, aber wir haben uns in die Materie hereingefuchst.“

„Man muss seine Komfortzone verlassen und darf keine Angst vor neuen Herausforderungen haben. Es ist wichtig, offen und im Gespräch zu bleiben“, sagt der Moveas-Geschäftsführer. Und so sei sein Unternehmen aus einer nicht ganz einfachen, durch politische Entscheidungen herbeigeführten Situation letztlich gestärkt herausgegangen. „Mein Unternehmen in kommunale Hände zu geben und damit das unternehmerische Zepter abzugeben, kam für mich zu keinem Zeitpunkt infrage. Ich wollte für meine Sache, aber auch für das private Omnibusgewerbe kämpfen, weil wir in Deutschland in vielen Regionen nicht ausschließlich gute Erfahrungen mit der Rekommunalisierung im ÖPNV haben“, begründet Gräbedünkel seine Entscheidung weiterzumachen. Damit hat der Mittelständler gleichzeitig auch die sprichwörtliche Anpassungsfähigkeit des deutschen Mittelstands in solch einer Krisensituation unter Beweis gestellt. Doch ohne den Rückhalt von Familie und Mitarbeitern wäre er heute nicht da, wo er ist, sagt er.

Seit 01. Juli diesen Jahres tritt die bisherige RBA Regionalbus Arnstadt GmbH unter dem Markennamen „Moveas“ auf. In Anbetracht überregionaler Expansion des Unternehmens sei eine Namensänderung notwendig geworden. „Wir wollten weg von dem sehr regional geprägten Namen“, erklärt Gräbedünkel. Moveas leitet sich ab vom lateinischen Begriff movere – das steht für bewegen. Als Reminiszenz an den Gründungsstandort Arnstadt stehen die Buchstaben „a“ und „s“ im neuen Markennamen.

Unter dem Dach der Marke Moveas werden alle Dienstleistungen im Kernsegment ÖPNV sowie in den Dienstleistungsbereichen Touristik und Fahrzeugtechnik gebündelt. Moveas ist derzeit Dienstleister für den ÖPNV im Landkreis Hildburghausen, im Landkreis Kronach (Oberfranken) sowie im nördlichen Ilm-Kreis. Dabei bedient sich das private Unternehmen vieler regionaler Kooperationspartner, die auch vorher schon auf diesen Linien unterwegs waren. Das Ziel des Movea-Chefs ist, partnerschaftlich mit den alteingesessenen Busunternehmen in den jeweiligen Regionen zusammenzuarbeiten. „Wir können und wollen nicht alles selbst machen“, sagt Gräbedünkel und ergänzt: „Wir liefern das Know-how für unsere Auftraggeber und organisieren die Umsetzung. Das ist unser Ansatz, wenn wir uns bundesweit an Ausschreibungen für den ÖPNV bewerben.“

Gräbedünkel gehe es in erster Linie auch darum, private Busunternehmen – denen es z.B. an Erfahrung oder Expertise, eventuell auch Möglichkeiten finanzieller Art fehlt, um an so großen Ausschreibungen teilzunehmen – in die Ausschreibungsprozesse einzubinden, mit ihnen gemeinsam Ausschreibungen zu gestalten und sie dann vertraglich mit ins Boot zu holen. Ziel sei es, die Stärken zu bündeln und erfolgreich an Ausschreibungen teilzunehmen. So habe man auch eine Chance, an Verträge mit langen Laufzeiten heranzukommen. „Wir versuchen, andere Betriebe auch zu qualifizieren und diese weiterzuentwickeln, damit sie gestärkt sind für die Prozesse, die im ländlichen Raum erforderlich sind, um einen qualitativ hochwertigen, kundenfreundlichen ÖPNV anbieten zu können“, erklärt der Firmenchef.

Askin Bulut