Am 6. Oktober 2016 hat die nunmehr fünfte große Produktion im Friedrichstadt-Palast in Berlin unter Berndt Schmidts Verantwortung Premiere. Dr. Berndt Schmidt ist Intendant, Geschäftsführer und Produzent des Friedrichsstadt-Palasts. Das Budget für die Aufführung: 10 Millionen Euro. Die Bühnenkostüme für „The One Grand Show“, so der Titel der neuen Show, hat kein geringerer als der Pariser Designer Jean Paul Gaultier entworfen – mal ebenso 500 Kostüme. Wie kommt ein Revue-Theater in einer Weltstadt wie Berlin, in der ja bekanntlich nicht an Kulturangeboten mangelt, zu solch einer Erfolgsgeschichte? Diese Frage lässt sich leicht beantworten, wenn man Dr. Berndt Schmidt persönlich getroffen und gesprochen hat.

Freundlich, höflich, sympathisch. Vor allem aber bescheiden. „Wer nicht abhebt, stürzt meistens auch nicht tief“, ist Schmidt überzeugt. Grund, abzuheben, hätte er ja allemal. Seitdem Berndt Schmidt am 1. November 2007 den Palast übernommen hat, geht es aufwärts. Er hat die große Tradition der Berliner Showunterhaltung fortgeführt und modernisiert. Trotz vieler Gegenstimmen, die diese Form der Unterhaltung totgeglaubt hatten. Die Revue habe damals den Klang einer aussterbenden oder einer gefährdeten Kunstform gehabt, erklärt Schmidt. „Wir sind ein Revuetheater mit einer fast 100-jährigen Revuetradition. Diese Tradition ist sehr wertvoll. Für mich war es von Anfang an klar, dass wir ein Revue-Haus sind und wir auch ein Revuetheater bleiben“, erinnert er sich.
„Als ich damals zum Friedrichsstadt-Palast kam, sagte man uns nach, unser Programm sei verstaubt, unser Publikum zu alt“, verrät Schmidt. Zudem hätten sich viele die Frage gestellt, ob der Palast überhaupt noch eine Zukunft habe. An dieser Stelle zieht der Geschäftsführer der größten Theaterbühne der Welt Parallelen zum Busgewerbe. Denn auch die Busbranche habe bis vor Kurzem unter einem verstaubten Image gelitten. Doch der positive Imagewandel sei durch die Liberalisierung des Fernbus-Markts deutlich zu spüren. „Früher hat man die Leute belächelt, die gesagt, haben, sie reisen mit dem Bus an“, so Schmidt. Heute dagegen sei es selbstverständlich geworden zu sagen: Hol mich am Busbahnhof ab. Die Wahrnehmung des Busses als ein altes Beförderungsmittel habe sich gewandelt. Heute würden Gäste aus Frankfurt, Hamburg oder München mit dem Bus anreisen. Das sei auch in seinem Bekanntenkreis ganz natürlich geworden.

„Wir haben schon immer zu unseren Buskunden gestanden. Wir haben den Bus immer verteidigt und haben hervorgehoben, dass er ein sehr ökologisches Reisemittel ist“, betont Schmidt. In 2015 hatte der Friedrichstadt-Palast über 460.000 Besucher. 15 Prozent davon waren Busgäste – etwa 70.000 Gäste. Durchschnittlich würden rund 40.000 Besucher monatlich den Palast besuchen. Das bedeute, so Berndt Schmidt, knapp zwei Monate im Jahr könne man ausschließlich mit Buskunden füllen.

Der promovierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler hat unter anderem für Bertelsmann und Stage Entertainment gearbeitet bevor er nach Berlin geholt wurde. Mit den Besucherzahlen ging es damals dramatisch abwärts. Die Trendwände schaffte Schmidt mit aufwändigen Modernisierungsmaßnahmen, ohne aber mit der Tradition des Hauses zu brechen. Vom verstaubten Image ist heute nichts mehr übrig geblieben. Die Grand Shows im Palast sind hochmodern in ihrer Ästhetik und mit den allerneuesten Hightech-Effekten ausgestattet. Der Palast ist bekannt für seine aus 60 Frauen und Männern bestehende Ballettcompagnie, seine 17-köpfige Showband und das junge Ensemble mit 250 Berliner Kids zwischen sieben und 16 Jahren.
Insgesamt habe die Modernisierung auf allen Ebenen den positiven Imagewechsel hervorgebracht, erklärt Schmidt. Man habe in erster Linie Modernisierung in der Ansprache vollzogen: „Wir treten frischer und runder auf, als vorher.“

Intendant und Geschäftsführer Berndt Schmidt weiß vor allem sein älteres Publikum zu schätzen und setzt ganz bewusst auf die Generation 40-Plus. Warum? „Zum einen haben ältere Gäste mehr Geld und sind loyaler. Zum anderen sind sie heutzutage länger jung und länger offen“, weiß Schmidt zu berichten.

„Mein Ziel ist es, das freundlichste und sympathischste Theater in Berlin zu sein“, sagt er. Und das gelingt ihm durch seine 280 festangestellten Mitarbeiter, die diese Philosophie mittragen und leben. „Unsere Gäste geben viel Geld aus, um hierher zu kommen, also sollen sie sich auch gut fühlen“, betont Schmidt. „Ich freue mich zwar über junge Gäste, aber meine älteren, loyalen Gäste möchte ich nicht verlieren“. Schmidt ist der Meinung, dass man hier vorsichtig sein müsse. Wenn man sich darauf versteife, junges Publikum zu gewinnen, laufe man Gefahr, seine treuen Gäste zu verlieren, weil diese sich dann nicht mehr wohlfühlten. „Sie sind aber unser Rückgrat“, betont er.

Wie ist es ihm möglich, den Erfolg auch weiterhin zu halten? „Auch mir wird es nicht immer möglich sein, den Erfolg zu erhalten oder zu steigern. Es gibt mal bessere, mal schlechtere Jahre“, erklärt er und ergänzt: „Das hängt von vielem ab, zum Beispiel als die Anschläge in Paris waren, haben wir das hier auch zu spüren bekommen. Uns sind die Buchungszahlen in der Woche darauf 20 bis 30 Prozent eingebrochen.“ Der Erfolg und auch Misserfolg hänge von vielen Faktoren ab, wofür man nicht alleine verantwortlich sei.

Man dürfe sich seiner Sache nie sicher sein und sich auf dem Erfolg ausruhen. Man müsse immer angespannt bleiben. „Jede Show ist anders, eine Grundspannung muss immer da sein“, sagt Schmidt. „Nach längeren Erfolgsphasen werde ich erst recht nervös und denke: jetzt bloß nicht zu selbstbewusst oder zu selbstgefällig werden. Denn in jedem Erfolg liegt ein Körnchen vom künftigen Scheitern – weil man unvorsichtig wird“, ist sich Berndt Schmidt sicher.

Askin Bulut