Wenn sich die Diskussion um das Thema autonomes Fahren dreht, stehen dabei oft kleinere Fahrzeuge im Fokus und es geht um den Einsatz dieser Fahrzeuge in Shuttle-Verkehre oder in On-Demand-Verkehren. Doch die Einsatzmöglichkeiten sind deutlich größer und betreffen auch Standardbusse, so könnten Busse etwa auf dem Betriebshof fahrerlos ihre Parkpositionen ansteuern oder auch beim Anfahren von Haltestellen kann die Technik zum Einsatz kommen. Ein weiterer Aspekt ist das sogenannte Platooning, von dem sich Verkehrsunternehmen und Forscher einiges an Vorteilen versprechen.

Die Flotten der Verkehrsunternehmen seien aktuell sehr heterogen und dabei ausgelegt auf die Spitzenzeiten im Verkehr, beschrieb Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb bei den Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zuletzt auf der VDV-Veranstaltung „mobility move“ Anfang März in Berlin die aktuelle Situation in vielen Unternehmen. Zur Verbesserung der Flotteneffizienz könne Platooning im Busverkehr einen entscheidenden Beitrag liefern, sagte Erfurt, der daher an die Hersteller appellierte, diese Technik weiterzuentwickeln.

„Herkömmliche Gelenkbusse oder solche mit Personenanhänger brauchen zu viel Energie und sind nicht flexibel genug einsetzbar, wenn es darum geht, auf stark schwankende Fahrgastzahlen reagieren zu können“, beschreibt Professor Eric Sax, Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) am Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), die Problematik.

Platooning könne hier eine Lösung sein. Beim Platooning fahren mehrere Busse mittels elektronischer Steuerung in engem Abstand hintereinander. Dabei „muss nur das vorderste Fahrzeug durch eine Fahrerin oder einen Fahrer gesteuert werden, alle weiteren folgen automatisiert“, beschreibt Sax die Idee dahinter. Verbunden sind die Busse durch eine „elektronische Deichsel“, also rein informationstechnisch. Das Konzept wurde bereits beim Lkw getestet.

 

Busbetrieb an den Bedarf anpassen

Forscher des KIT arbeiten derzeit gemeinsam mit der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und dem niederländischen Bushersteller Ebusco an einem Projekt, bei dem Platooning mit E-Bussen in der bayerischen Landeshauptstadt getestet wird. Erste Prototypen sind bereits auf der Straße unterwegs. Lidar-, Radar- und Kamerasysteme überwachen Abstand und Zwischenraum. Fahrzeugdaten wie Position, Lenkwinkel und Geschwindigkeit werden per Funk an das folgende Fahrzeug übertragen. „So wird beispielsweise ein Bremsmanöver des vorderen Busses vom Folgefahrzeug einmal durch ein durch die Luft übertragenes Signal und zusätzlich durch das Aufleuchten des Bremslichtes erkannt“, beschreibt Sax die Funktionsweise.

„Durch Platooning kann man den Busbetrieb optimal an den Bedarf je nach Tageszeit oder Linie anpassen“, erklärt Nicole Kechler vom KIT. Neben der Flexibilität nennt sie weitere Vorteile für Busbetriebe. So würden Einheitsgrößen und Standards für die Fahrzeuge Entwicklung, Herstellung und Betrieb der Busse effizienter und somit den gesamten Prozess der Elektrifizierung des Stadtbusverkehrs preiswerter machen.

Bis Platooning flächendeckend zum Einsatz kommen kann, sind aber noch mehrere Probleme zu lösen. Beispielsweise dürfe der Abstand zwischen den Bussen nicht zu groß sein, damit keine anderen Fahrzeuge dazwischen einscheren, sagt Professor Sax und fügt hinzu: „Das System muss erkennen, wenn Fußgängerinnen oder Fußgänger zwischen die Busse treten.“ Ebenso müsse man den Einfluss von Eis, Staub und Schnee beachten. Das Projekt in München läuft bis Ende 2025 und wird vom Bund mit 12,7 Millionen Euro unterstützt. Ziel ist es, die Fahrzeuge „ab Mitte des Jahrzehnts im Regelbetrieb auf die Straße zu bringen“.

 

Auf Stoßzeiten bei der Schülerbeförderung reagieren

Am Thema Platooning wird aktuell auch in Sachsen gearbeitet, wo im Landkreises Nordsachsen ein vom Land gefördertes Projekt zum Platooning realisiert werden soll, so das sächsische Ministerium für Regionalentwicklung. Mit der „automatischen Bildung und Auflösung von Platoons“ sollen Busbetriebe auf Ereignisse wie den Schichtwechsel oder Stoßzeiten bei der Schülerbeförderung reagieren können. Der Erprobungsbetrieb mit zwei gekoppelten Bussen starte voraussichtlich Mitte 2025, erklärt Christian Hoyas vom Landratsamt Nordsachsen. Fahrgäste seien in dieser Phase noch nicht dabei.

Das aktuelle Projekt baut auf Erkenntnissen eines Vorgängerprojekts namens „Flash“ auf, wobei „Flash“ für „fahrerloses, automatisiertes Shuttle“ steht. Dabei ist ein Kleinbus schon seit 2021 zwischen dem S-Bahnhof Rackwitz und dem Naherholungsgebiet am Schladitzer See unterwegs. Der reguläre Betrieb im Linienverkehr hat 2023 begonnen, wobei aus rechtlichen Gründen nach wie vor ein Sicherheitsfahrer an Bord ist. Für die Überwachung des Abstands und der Räume zwischen den Bussen werden Laserscanner (Lidar), Radar und Kameras verwendet.

Ziel von Flash ist ein öffentlicher Linienbetrieb, bei dem erst einmal zwei Busse rein elektrisch angetrieben unterwegs sein sollen und „sowohl einzeln als auch gemeinsam hochautomatisiert und perspektivisch vollständig fahrerlos fahren“ sollen, erklärte Hoyas.

Vorgesehen ist außerdem, dass der Flash-Bus auf der neuen Strecke der Platooning-Fahrzeuge fahren kann. Am Ende sollen dann beide Strecken miteinander vernetzt werden.