Ob im Kunstverein, der Genossenschaft oder beim Karneval: das Immaterielle Kulturerbe stiftet Gemeinschaft über Generationen hinweg und wird von vielen Millionen Menschen in Deutschland gelebt. Davon zeugen mehr als 130 kreative Ausdrucksformen, die im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes versammelt sind und auch für Busunternehmen von großem Interesse sein können.

Die Bundesländer widmen dem Doppeljubiläum zum Auftakt eine Konferenz am 2. März im tanzhaus nrw. In Düsseldorf gehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Vorträgen, Podiumsdiskussion und Workshops der Frage nach, wie die Zukunft des Immateriellen Kulturerbes aussehen kann. Die Veranstaltung wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit der Deutschen UNESCO-Kommission ausgerichtet und kann hier ersehen werden. Neben verschiedenen Workshops wird es auch eine hochrangig besetzte Podiumsdiskussion geben.

Das Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes wurde 2003 von der Generalkonferenz der UNESCO in Paris verabschiedet. Bis heute haben 180 Staaten den Vertrag ratifiziert. Deutschland gehört der UNESCO-Konvention seit 2013 an. Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen des Immateriellen Kulturerbes der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen UNESCO-Listen vorgeschlagen werden. Mehr als 670 Bräuche, Darstellungskünste, Handwerkstechniken und Formen des Naturwissens aus aller Welt werden derzeit auf diesen Listen geführt, darunter der Tango aus Argentinien und Uruguay, die traditionelle chinesische Medizin, Reggae aus Jamaika und die Praxis des Modernen Tanzes in Deutschland.

 

SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz erhalten Welterbe-Urkunde

Auch bei den bekannten Welterbe-Stätten gibt es Neues zu vermelden: Bei einem Festakt überreicht UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay Anfang Februar in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt die Urkunde zur Anerkennung der SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz als Welterbe an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der Judenhof in Speyer, der Wormser Synagogenbezirk mit dem Friedhof „Heiliger Sand“ und der Alte jüdische Friedhof Mainz waren 2021 zur 50. UNESCO-Welterbestätte in Deutschland erklärt worden.

„Ich freue mich, dass die SchUM-Stätten heute diese wichtige Auszeichnung erhalten“, erklärt die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission Maria Böhmer. „Sie zeugen von der langen und eindrucksvollen Geschichte der jüdischen Gemeinden in Speyer, Worms und Mainz und ihrem prägenden Einfluss auf die Entwicklung des Judentums in Europa“, so Böhmer weiter. „Die SchUM-Stätten zeigen, dass jüdisches Leben seit Jahrhunderten unsere Kultur und unser Miteinander geprägt und bereichert hat. Zugleich erinnern sie uns an die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Deutschland. Deshalb ist der Welterbe-Titel Ehre und Verpflichtung, die hellen und die dunklen Seiten unserer Geschichte zu vermitteln.“

Als Verbund der SchUM-Städte bildeten Speyer, Worms und Mainz im Mittelalter das Zentrum des Judentums in Mitteleuropa. Die Bezeichnung setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei hebräischen Städtenamen zusammen: Schpira, Warmaisa und Magenza. Sie gelten als Wiege des aschkenasischen Judentums. Die Bauwerke und Friedhöfe der drei Gemeinden, deren Geschichte bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, zählen zu den ältesten erhaltenen Zeugnissen jüdischen Lebens in Deutschland und Europa.

 

Der Friedhof "Judensand" in der SchUM-Weltkuturerbe-Stätte Mainz.                                                     Foto: DUK/Erik Hartung

 

Aachen erhält UNESCO-Lehrstuhl

Zu guterletzt wird auch der UNESCO-Forschungsverbund mit einem neuen Lehrstuhl gestärkt ­– eine weniger bekannte Sparte der UN-Organisation. Die UNESCO hat gemeinsam mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen den UNESCO-Lehrstuhl für Kulturerbe und Städtebau unter Leitung von Prof. Dipl.-Ing. Christa Reicher eingerichtet. Damit tragen in Deutschland mittlerweile 16 UNESCO-Lehrstühle zur Umsetzung der Globalen Nachhaltigkeitsagenda bei.

Der Aachener UNESCO-Lehrstuhl arbeitet zu den Themen Stadtgestaltung, Baukultur und der Bewahrung des städtischen Erbes. Dabei spielt nicht nur die gebaute Umwelt eine Rolle, sondern auch Fragen des sozialen Miteinanders und die Zusammenhänge zwischen Stadt und Land. Der Lehrstuhl nimmt vom Quartier bis zum Stadtteil, von der Stadt bis zur Region verschiedene Ebenen in den Blick, um ebenso nachhaltige wie inklusive Perspektiven für urbane Räume zu entwickeln.

Im weltumspannenden Netzwerk der UNESCO Chairs kooperieren über 900 UNESCO-Lehrstühle in mehr als 110 Ländern, um die Ziele der UNESCO in Wissenschaft und Bildung zu verankern. In Deutschland gibt es 16 UNESCO-Lehrstühle. Sie zeichnen sich durch herausragende Forschung und Lehre in den Arbeitsgebieten der UNESCO aus. Zu den Prinzipien ihrer Arbeit gehören die internationale Vernetzung, insbesondere im Nord-Süd- und Nord-Süd-Süd-Bereich, sowie die Förderung des interkulturellen Dialogs. UNESCO-Lehrstühle tragen weltweit dazu bei, Wissen zu schaffen, zu verbreiten und zur Anwendung zu bringen, um nachhaltige Entwicklung zu fördern.