Mit der Umrüstung eines Diesel-Hochdecker-Reisebusses, Setra 516 HD/2, sowie der Installation der entsprechenden Ladeinfrastruktur für mittlerweile 18 Elektro-Stadtbusse wagten die beiden Geschäftsführer des privaten, mittelständischen Verkehrsunternehmens, Martin und Andreas Scharf, einen mutigen und innovativen Schritt in Richtung Zukunft und setzen damit als Vorreiter in der Elektromobilität einen Meilenstein in der Historie ihres Unternehmens.
Das Projekt geht auf ein besonderes Interesse der Geschäftsführer Martin und Andreas Scharf zurück, die schon 2016 über einen Elektro-Reisebus nachdachten. „Corona“ machte ihnen zunächst einen Strich durch alle Ideen – trotz eines Zuschlags für Fördermittel. Die Zwillingsbrüder konzentrierten sich dann zunächst auf die Elektrifizierung der Linienbusflotte, mit der sie für den ÖPNV des Stadtverkehrs Erding sorgen. „Nebenbei“ nahmen sie eine 749-kWp-PV-Anlage, zwei große Carports mit 17 Ladepunkten und eine separate E-Bus-Werkstatt in Betrieb.
Das Projekt Elektro-Reisebus ließ sie dennoch nicht los – und nahm schließlich Fahrt auf, als Martin und Andreas Scharf Kontakt zur Firma To Zero fanden. To Zero übernahm die technische Planung und Umsetzung des Umbaus der Reisebusse; ein elektrisches Antriebssystem steuerte Voith mit seinem Voith Electrical Drive System (VEDS) bei. Im Rahmen der Umrüstung wurden der bisherige Dieselmotor und das Getriebe durch das VEDS ersetzt.
Der E-Motor, ein Synchron-Zentralmotor mit einer Effizienz von 98 % und einem Drehmoment von 3100 Nm, erreicht eine Spitzenleistung von 410 kW (ca. 557 PS) und böte damit laut Voith sogar mehr Power als der originale Verbrenner. Die zwölf LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat) verfügen über eine Kapazität von insgesamt 420 kWh. Acht Batterieeinheiten wurden im ehemaligen Motorraum im Heck untergebracht, vier weitere in einigen Abschnitten des Gepäckraums. „Wir haben das Packaging so optimiert, dass weder der Fahrgastraum beeinträchtigt wird noch das Gepäckvolumen drastisch sinkt“, sagt Michael Pfeffer, CEO und Gründer von To Zero. Geladen werden können die Batterien mit einer maximalen Leistung von 250 kW, bei Scharf ist diese auf 200 kW begrenzt.
Die bestehenden Assistenz- und Sicherheitssysteme des nun als „TZ-S eCoach“ bezeichneten Elektrobusses – von ABS und Spurassistent bis zu Notbrems- und Abbiegeassistent – blieben nach dem Umbau voll funktionsfähig erhalten. Den größten Vorteil der Umrüstung sehen Martin und Andreas Scharf in der Kostenersparnis gegenüber dem Neukauf eines Elektro-Reisebusses. Neben der Schonung von Ressourcen könnten Investitionskosten eingespart und das Verfügbarkeitsproblem durch lange Lieferzeiten umgangen werden. Retrofit leiste so „einen wesentlichen Beitrag, um die strengen Vorgaben der Clean Vehicles Directive (CVD) und der deutschen Klimaziele im Verkehrssektor zu erfüllen“.
Der öffentlichen Präsentation des ersten TZ-S eCoach waren jedoch einige Tausend Kilometer Testfahrt vorausgegangen. Noch im Juli ging es mit zehn Personen nach Südtirol, Bozen und Meran, inklusive Dolomitenrundfahrt zum Nigerpass auf 1700 Meter. Innerhalb von zwei Tagen bewältigte der E-Reisebus eine Strecke von 1200 Kilometern. Es sei dennoch ein Kraftakt gewesen, das Elektrobus-Projekt sowie die Installation der Ladeinfrastruktur umzusetzen, erklärte Andreas Scharf im Rahmen der Präsentation und Einweihungsfeier. Auf die beiden neu gebauten Busports hat das Unternehmen eine Photovoltaikanlage von 4500 Quadratmetern installiert, die jetzt 17 Ladepunkte und zwölf Schnellladesäulen versorgt.
Trotz der Fördermittel von insgesamt 4,7 Millionen Euro von Bund und Freistaat sei die Finanzierung der vielen Investitionen grenzwertig für das Unternehmen gewesen, so Martin Scharf, der sich bei allen Beteiligten, Befürwortern und Unterstützern des Projektes an diesem Tag bedankte. Für ihre Courage und ihr Durchhaltevermögen erhielten Martin und Andreas Scharf aber auch viel Anerkennung. Sogar Bundesverkehrsminister Schnieder (CDU) sendete eine Videobotschaft und dankte allen Beteiligten für ihren Einsatz und den Gestaltungswillen. Es sei echte Pionierarbeit, die dort geleistet werde.
Die feierliche Segnung des Fahrzeugs übernahm Diakon Christian Pastötter.