Eine Unaufmerksamkeit des Fahrers hat nach Erkenntnissen der Ermittler den Busunfall auf der A9 am 03. Juli 2017 in Oberfranken mit 18 Toten ausgelöst. Der Reisebus sei deshalb vor einem Monat auf einen Sattelzug aufgefahren, dadurch sei es zu Kurzschlüssen bei der Batterie und der Elektrik im vorderen Bereich des Busses gekommen, sagte Staatsanwalt Jochen Götz heute in Hof.

Er sprach von einer „Verkettung mehrerer tragischer Umstände“.Bei dem Inferno nahe Münchberg kamen 18 Menschen ums Leben, darunter auch der Fahrer; 30 Menschen wurden verletzt.

Die Reisegruppe, überwiegend Senioren aus Sachsen, war unterwegs nach Italien. Unmittelbar neben der Batterie des Busses befand sich ein Kraftstofftank, der durch den Aufprall zusammengestaucht wurde und platzte. Der Kraftstoff habe sich dann entzündet, erläuterte Götz.

Die Flammen seien noch durch einen Drucklufttank angefacht worden, so dass sich rasch Rauch und Feuer ausbreiten konnten. „Es ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass eines der Fahrzeuge vor dem Unfall gebrannt hat“, sagte Götz.

Die Ermittler stellten auch keine technischen Mängel bei den Fahrzeugen fest. Der 2013 gebaute und Anfang 2014 erstmals eingesetzte Bus eines Unternehmers aus Löbau (Sachsen) verfügte allerdings nicht über ein Assistenzsystem, das beispielsweise bei einem drohenden Auffahrunfall automatisch abbremst. Dieses System sei erst bei neueren Busmodellen Pflicht, sagte der Chef der Verkehrspolizei Hof, Horst Thiemt.

Der Bus prallte mit 60 bis 70 Stundenkilometern auf den Sattelzug, der an einem Stauende gebremst hatte. Warum der Busfahrer unaufmerksam oder abgelenkt war, konnte nicht mehr geklärt werden. Die vorgeschriebenen Ruhepausen und Lenkzeiten hatte er eingehalten. Nach Zeugenaussagen sei es ruhig im Bus gewesen, sagte Götz. Zwei der verletzten Businsassen sind immer noch im Krankenhaus.

 

In einer gemeinsamen Pressemitteilung stellten das Polizeipräsidium Oberfranken und der Staatsanwaltschaft Hof erste Ermittlungsergebnisse vor: 

Informationen zu den Fahrzeugen und den Fahrern

Der Lastwagen mit Anhänger war unterwegs von der Ukraine nach Frankreich. Beladen waren die beiden Container mit insgesamt 5.250 Kilogramm Schaumstoffkissen. Technische Mängel lagen nicht vor, die Lenk- und Ruhezeiten wurden vom Fahrer eingehalten. Die letzte Pause von etwa einer Stunde fand 19 Kilometer vor der Unfallstelle statt.

Der Reisebus, Baujahr 2013 war mit ABS und ESP ausgestattet, verfügte ansonsten jedoch über keine Assistenzsysteme. Er hatte zwei verbundene Kraftstofftanks. Diese befanden sich vorne rechts (500 Liter) und vorne links (300 Liter) jeweils vor der Vorderachse. Ebenfalls vorne links befanden sich die beiden Autobatterien und die Drucklufttanks. Bei Abfahrt war der Bus vollgetankt. Der Bus hatte keine technischen Mängel. Der Fahrer des Busses hatte das Wochenende vor dem Unfalltag frei. Er hat in Dresden gegen 04.50 Uhr das Steuer übernommen. Lenk- und Ruhezeiten wurden eingehalten. Zu beiden Fahrern liegen keinerlei sonstige polizeiliche Erkenntnisse vor. 

Zum Fahrtverlauf des Reisebusses

Der Bus befand sich auf einer Fahrt von Dresden nach Italien. Abfahrt war gegen 0.30 Uhr ab dem Betriebsgelände des Busunternehmens im Landkreis Görlitz. Zunächst wurde eine „Sammelfahrt“ bis Dresden durchgeführt, bei welcher Fahrgäste aufgenommen wurden. Abfahrt in Dresden mit den letzten zugestiegenen Fahrgästen war gegen 04.50 Uhr. An Bord befanden sich ab Dresden 46 Fahrgäste im Alter zwischen 41 und 81 Jahren und die beiden 55- und 43-jährigen Fahrer. Die erste Pause war nach etwa 02:30 Stunden Fahrtzeit geplant.

Zum Unfallgeschehen

Der Unfall fand auf der BAB 9 in Fahrtrichtung Süden zwischen den Anschlussstellen Münchberg-Süd und Gefrees bei km 280 in Höhe des Ortes Stammbach statt. Die Unfallstelle liegt rund 2,5 Kilometer nach dem Beginn der baustellenbedingten Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw auf 120 km/h und etwa 900 Meter vor dem Baustellentrichter, in dem die drei Fahrspuren auf zwei Spuren zusammengeführt werden. Zum Unfallzeitpunkt um kurz nach 7 Uhr kam es auf der rechten Spur zu stockenden Verkehr bis in den Bereich der Unfallstelle. 

Beide Fahrzeuge befanden sich bereits seit längerem auf der rechten der drei Fahrspuren. Der Fahrer des Lastwagens reduzierte seine Geschwindigkeit schrittweise von um die 80 km/h auf 28 km/h. Die Analyse der Diagrammscheibe erbrachte, dass es sich um einen normalen Bremsvorgang gehandelt hat. Daraufhin fuhr der Bus von hinten in Folge einer Unaufmerksamkeit des Fahrers mit einer Anstoßgeschwindigkeit von etwa 60 bis 70 km/h auf den Anhänger auf, wobei der Fahrer noch versuchte, nach rechts Richtung Standstreifen auszuweichen und wohl im letzten Moment noch abbremste. Was die Ursache für diese Unaufmerksamkeit war, lässt sich nicht mehr aufklären. 

Die Fahrzeuge kollidierten dadurch mit einer geringen Überdeckung von nur rund 60 cm. Diese relativ geringe Anstoßfläche führte dazu, dass der eigentliche Frontabschluss des Busses im Bereich des Fahrersitzes etwa 1,50 bis 2,00 Meter nach hinten verschoben wurde. In diesem Bereich sind die Drucklufttanks, die Batterie samt Elektrik und der Zusatztank verbaut. Dies löste einerseits elektrische Kurzschlüsse und die Bildung extrem heißer Lichtbögen im Bereich der Elektrik aus. Andererseits kam es zu einer Aufstauchung des Zusatztanks, welche diesen zum Zerplatzen brachte. Der herausspritzende und zerstäubte Kraftstoff entzündete sich unmittelbar beim Austreten durch die Lichtbogenbildungen, noch angefacht durch die entweichende Druckluft. Zudem war der Bus wegen der massiven Kollision im vorderen linken Bereich aufgerissen, wodurch sich Rauch und Feuer im Innenraum des Busses schlagartig ausbreiten konnten. Dadurch kam es in kürzester Zeit zum Vollbrand des Busses.

Während der 55-jährige Busfahrer auf dem Fahrersitz mit schweren Verletzungen eingeklemmt war, gelang es dem 43-jährigen Beifahrer zunächst die vordere Türe aufzudrücken. Im Zusammenwirken mit weiteren Fahrgästen konnte auch die hintere Türe geöffnet und nach dem Aufprall dort liegende Hindernisse im Abgangsbereich beseitigt werden. Ein Verlassen des Busses über die vordere Türe war nur schwer möglich, weil der Mittelgang im vorderen Bereich wegen der Deformierungen blockiert war. Weitere Insassen retteten sich über eingeschlagene Seitenscheiben mit einem Sprung nach draußen.

Die aus dem Bus entkommenen 30 Insassen waren zum Teil schwer verletzt. Für 17 Insassen und den Fahrer kam allerdings jede Hilfe zu spät. Die Männer und Frauen im Alter von 55 bis 81 Jahren dürften bereits nach kurzer Zeit auf Grund der starken Rauchentwicklung das Bewusstsein verloren haben. Nach der Bergung der sterblichen Überreste erfolgten im Institut für Rechtsmedizin in Erlangen die Obduktion und Identifizierung.

Ermittlungsergebnisse und Gutachten übereinstimmend

Zwischenzeitlich wurden die wesentlichen Ermittlungen durchgeführt. Die allermeisten überlebenden Businsassen – soweit bereits vernehmungsfähig – sowie die unbeteiligten Zeugen wurden vernommen. Die beauftragten Sachverständigen haben eine kurzgutachterliche Stellungnahme abgegeben. Diese beruht auch auf der Begutachtung eines baugleichen Vergleichsbusses. Zudem wurden zu sämtlichen Beteiligten und den Fahrzeugen alle verfügbaren Informationen zusammengetragen und ausgewertet.

Die Ergebnisse ließen derzeit keine vernünftigen Zweifel am dargestellten Ablauf des schrecklichen Busunglücks zu. Es stehen noch die abschließenden schriftlichen Gutachten der Sachverständigen aus. Aus momentaner Sicht sei nicht zu erwarten, dass sich noch wesentliche neue Erkenntnisse ergeben.