Die Gurtpflicht in Reisebussen mag durchaus auf dem geduldigen Papier diverser Gesetzestexte stehen und grundsätzlich mögen Busse auch mit Gurten und allerlei Sicherheitstechnik ausgestattet sein – wenn die aber keiner nutzt, sind die Dinge, was sie sind. Ob die Reisenden in dem jüngst auf der A9 verunglückten Bus angeschnallt waren, wird noch ermittelt – neben 30 zum Teil schwer Verletzten wurden vier Frauen getötet, darunter eine 47-Jährige aus Polen, eine 20-Jährige Indonesierin aus Berlin und eine 19-Jährige aus Bayern.
Nach Einschätzung von Mario König, selbst Fernbusunternehmer und Vorsitzender des Verbands Mitteldeutscher Omnibusunternehmen, könnten Reisebusfahrer aber nicht vielmehr tun, als bei Fahrtantritt und in Pausen auf die Anschnallpflicht hinweisen. Kleine Schilder an den Sitzplätzen führen die Erforderlichkeit des Gurtanlegens auch noch sprichwörtlich vor Augen. Durchsetzbar sei die Gurtpflicht während der Fahrt dennoch nicht, so König in einer Stellungnahme gegenüber dem Fernsehsender „mdr Aktuell“.
Kontrolle der Gurtpflicht kaum realisierbar
Kontrolle sei „schlichtweg nicht machbar“, betont König, zumal selbst der Fahrer eines Autos nicht 100 Prozent sicher sein kann, dass ein Mitfahrer auf der Rückbank seinen Gurt löse. Ein Sprecher der Dresdner Polizei bestätigte die Schwierigkeiten speziell in Bezug auf die Gurtpflicht im Bus – Gurt-Verweigerer ließen sich hier noch schwerer überführen als Gurtverweigerer im Pkw. Die Kontrolle könne meist nur auf Sicht erfolgen, wenn man „auf Streife“ am Corpus Delikti im Straßenverkehr vorbeifahre. In einen Bus können die Beamten jedoch kaum hineinschauen. Technische Möglichkeiten seien ebenfalls begrenzt. Zwar wäre es theoretisch möglich, auch in Bussitzen einen Sensor einzubauen, der Alarm gibt, wenn ein Gurt nicht eingesteckt ist. Dieser würde aber auch melden, wenn sich ein Fahrgast nur für einen Toilettengang abschnalle. Im Reisebus – wie auch im Flugzeug – wäre so etwas nicht praktikabel. für nicht eingesteckte Gurte, wie er bei modernen Pkw oft verbaut ist, wäre zwar theoretisch möglich, würde aber bei jedem Toilettengang des Fahrgastes Alarm schlagen.
Im Zuge der Verkehrswende mit stärkerer Nutzung gerade von Bussen im ÖPNV ist fast schon zu erwarten, dass auch die Zahl derer steigt, die bei Unfällen verletzt werden. Die meisten Verletzungen geschehen in Linienbussen. Von 2020 bis 2023 ist die Zahl der bei Busunfällen Verletzten laut Statistik von 4.902 auf 6.153 gestiegen. Während im Linienbus allerdings meist nur Einzelne zu Schaden kommen, ist die Zahl der Verletzten und ggf. Toten bei einem Unfall u.U. hoch.