Es ist noch früh am Morgen, die Luft schön frisch, der Himmel strahlend-blau – ein Glück, das Wetter scheint schon mal auf unserer Seite zu sein, als ich mit Christine Richtung Oberland fahre. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Unser Auftrag: eine der ersten Busgruppen aus Deutschland auf ihrer Tour durch die Tiroler Berge begleiten. Unsere Mission: ein Stimmungsbild der Gäste einholen. Im Auto bringt mich Christine auf den aktuellen Stand. Seit Österreich die Grenzen Mitte Juni öffnete, fährt der Premium-Anbieter Humboldt ReiseWelt jede Woche mit einer Gruppe die siebentägige Tour „Tiroler Alpenzauber in Landeck“, die unsere Kollegen zusammengestellt haben. „Die Gäste sind jetzt bereits seit ein paar Tagen vor Ort, haben Ausflüge nach Südtirol, in die Schweiz, nach Liechtenstein und in die Zugspitzregion unternommen. Heute ist der Abschlusstag mit einigen Highlights geplant, bevor die Gruppe morgen abreist“, berichtet Christine, die unseren Besuch mit Reiseleiter Harald abgesprochen hat. „Die 24 Gäste wohnen im Vier-Sterne-Hotel Schrofenstein mitten in der Fußgängerzone von Landeck und sind wohl ganz gut drauf.“

Kaum haben wir das Zentrum des hübschen Ortes erreicht, sehen wir auch schon den roten Bus mit dem Schild „Humboldt ReiseWelt Alpenzauber D01-07“ hinter der Frontscheibe. Schnell das Auto in der Parkgarage abgestellt, alle Sachen zusammengepackt, unsere Rollen haben wir schon verteilt – Christine macht die Fotos und nimmt kurze Videos auf, ich bin für die Interviews der Gäste, des Reiseleiters und Fahrers zuständig. Letztere kommen uns schon lachend entgegen und spendieren uns die erste Tasse Kaffee aus der Bordküche. Während wir uns damit stärken, beobachte ich die Reisenden, die nach und nach in den Bus steigen. Sie wirken gelöst und entspannt, grüßen fröhlich zu uns herüber und freuen sich sichtlich auf den Tag. Durchatmen angesagt – das sieht schon mal vielversprechend aus.

Gähnende Leere am Busparkplatz

Während Christine und ich in den Bus klettern, stellt uns Harald als „die beiden Damen, die uns heute begleiten“ vor. Im Heck machen wir es uns in der letzten Reihe gemütlich. Die Passagiere sitzen mit großem Abstand im Fahrzeug – versetzt ist nur jede zweite Sitzplatzreihe belegt. „Das ist ein sehr lockeres Reisen, ein großer Vorteil“, kommentiert der schräg vor mir sitzende Frank Schulze aus Falkenau die für die Gäste sehr komfortable Situation.

Als der Bus auf den Parkplatz der Venet Bergbahn rollt, erwartet uns ein sehr ungewohntes Bild: einige Pkws, sonst gähnende Leere – Buspilot Hagen kann aus dem vollen Schöpfen und ganz nah an den Eingang der Talstation fahren. Da das Fahrzeug nur mit der Hälfte der möglichen Reisenden unterwegs ist, gehen Ein- und Aussteigen fix. Die Hände desinfiziert und gut geschützt mit Mund-Nasen-Schutz bringt uns die moderne Gondel in ein paar Minuten auf über 2.200 Meter.

Auf dem Gipfel werden Kameras und Handys gezückt – das Berg-Panorama versetzt nicht nur die Gäste aus Sachsen in Staunen, sondern auch die sie begleitenden Tirolerinnen. Die Aussicht – ein Traum! Und das Beste: die Bergwelt gehört uns ganz alleine, außer vier jungen Leuten, die mit Rucksäcken zu einer Wanderung aufbrechen, ist weit und breit kein Mensch zu sehen. Was für ein Luxus! Vergnügt begibt sich die Gruppe auf den Rundweg rund um den Gipfel. Zwei Hobbygärtnerinnen beugen sich rechts und links über jede Pflanze, manche Gäste machen es sich auf den Holzliegen bequem und genießen den Weitblick. Jeder frönt seiner Passion, atmet die reine Luft und lässt die Bergwelt auf sich wirken.

„Die Sicherheit ist da“

Vor der Talfahrt hole ich die ersten Statements ein. „Ich habe die Reise Anfang des Jahres gebucht, weil mich die Berge reizten“, erzählt mir Eveline Klippel aus Rabenau. „In der Corona-Zeit hoffte ich, dass die Tour stattfindet und war sehr froh, als wir positiven Bescheid bekamen. Von der Humboldt ReiseWelt erhielten wir zwei Seiten Infos wegen der Corona-Situation, das war sehr wichtig für mich, da ich einige Bedenken hatte und nicht wusste, was uns vor Ort erwartet. In Deutschland gibt es ja in jedem Bundesland andere Bestimmungen. Auf der Reise fühlen wir uns sehr gut und genießen es, dass es in Österreich keine Maskenpflicht in den Geschäften gibt. Ich habe auf der Reise stets ein sicheres Gefühl und kann jedem empfehlen hierher zu fahren. Die Sicherheit ist da.“

„Meine größte Sorge war die heutige Fahrt mit der Seilbahn, da ich unter Höhenangst leide“, gesteht mir Frank Schulze, mein Vordermann im Bus. „Wir haben die Tour im Oktober gebucht und in der Corona-Zeit erstmal abgewartet wie sich alles entwickelt. Das war richtig, kann ich nun sagen. Die Tour ist unsere erste Reise nach der Corona-Pause und es ist ein schönes Gefühl, wieder unterwegs zu sein.“

Busreisen funktionieren wieder

„Wenn die Leute ankommen, sind sie noch etwas verunsichert, jeder fragt sich, wie die Tour wohl wird“, schildert Reiseleiter Harald Geier seine Erfahrungen. „Am Schluss der Reise sind die Gäste dann glücklich, die Hemmschwelle überwunden und sich getraut zu haben. Die Praxis hat uns gezeigt, dass es sehr gut funktioniert, wenn der Reiseveranstalter nach bestem Wissen und Gewissen dafür sorgt, dass sich die Gäste sicher fühlen. Wichtig ist auch, auf die jeweilige Situation vor Ort einzugehen. Es gibt Orte, die zu Beginn der Corona-Pandemie stark betroffen waren, aber heute vorbildlich dastehen. Die Situation kann sich derzeit stets rasch ändern.“

Das ganz neue Reiseerlebnis, die Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele nahezu für sich zu haben, macht eine Busreise derzeit zu etwas Besonderem. „In dieser Hinsicht hat Corona etwas Gutes“, lacht Wolfgang Lau aus Dresden am grünen Wasser des Silvretta Stausees. „Es war sehr angenehm, dass wir nirgends warten oder lange anstehen mussten. Ich hatte nie das Gefühl, in der Masse zu sein, sondern war ganz individuell unterwegs. Für uns Gäste ist das natürlich optimal.“

„Einsteigen und fahren“

Dieses Gefühl haben nicht nur die Reisenden, auch Busfahrer Hagen sieht das Positive. „Jeder Parkplatzwächter ist gerade glücklich, wenn ein Reisebus kommt und alles ist sehr entspannt. Auch die Passagiere sind relaxter und verständnisvoller. Unterwegs gibt es kein Massenaufkommen, kein langes Warten und Anstehen, weil die ganzen internationalen Gruppen fehlen. Da sind die Gäste viel befreiter als früher. Man sollte jetzt einfach Flagge zeigen, einsteigen und fahren.“

Als Christine und ich uns nach einem Tag voller grandioser Eindrücke und toller Rückmeldungen der Reisenden im Hotel von den Gästen verabschieden, sind wir ebenso guter Laune wie diese. Und überzeugt davon, dass Reiseleiter Harald recht hat, wenn er meint „man sollte derzeit aus der Not eine Tugend machen und mit kleineren Gruppen schöne individuelle Touren unternehmen, ohne Schlangen bei den Highlights. Das ist sehr luxuriös wie bei Studienreisen – zu einem normalen Preis. Dieses Argument können Busreiseveranstalter bei der Vermarktung nutzen.“