Den Angeklagten wird vorgeworfen, in den Jahren 2015 bis 2017 durch illegale Preisabsprachen bei Ausschreibungen von Aufträgen für den öffentlichen Nahverkehr in Schwaben den freien Wettbewerb ausgebremst zu haben. Die Angeklagten bestreiten das. Ein Verteidiger monierte die offensichtlich „fehlende Neutralität“ des Verfahrens. Dies sei in Gänze sehr durchschaubar darauf abgestellt, möglichst hohe Bußgelder zu vereinnahmen. Vor diesem Hintergrund würden sachliche Kernaspekte unter den Tisch fallen, um aus einer Vereinbarung, die die Busunternehmer schon im Jahr 2006 geschlossen hatten, „irgendwie eine Straftat zu kreieren“.
„Hier lässt man völlig unter den Tisch fallen, dass sich kleinere Unternehmen aufgrund einer EU-Verordnung an öffentlichen Ausschreibungen nur noch als Bietergemeinschaft beteiligen konnten“, erklärt einer der Verteidiger, Dirk Scherp, „dies mit dem Ziel, den in einer öffentlichen, nationalen oder auch EU-weiten Ausschreibung beschriebenen Auftrag zu erhalten und nach dem Zuschlag ausführen zu können. Mit einem Kartell hat das rein gar nichts zu tun.“
Wie Scherp weiter ausführt, können sich auch aktuell einzelne und besonders kleinere Unternehmen überhaupt erst durch den Zusammenschluss mit anderen Unternehmen an Ausschreibungen und deren Vergaben beteiligen, weil sie entweder in fachlicher Hinsicht nur einen Teil der abgefragten Gesamtleistung erbringen können oder weil sie aus Gründen der Kapazität nur zu einem Teil zu den geforderten Leistungen beitragen können. „Vor diesem gesetzlich vorgegebenen Hintergrund diskutierten 2006 die Busunternehmen, ob und wie man damit überhaupt umgehen kann“, sagt der Verteidiger, „pikanterweise – und das unterschlägt die Staatsanwaltschaft auch in ihrer öffentlichen Anklage – wurde keine dieser Überlegungen tatsächlich gelebt und seit 2011 auch nicht weiter besprochen. Mit anderen Worten: Die angedachte Bietergemeinschaft beteiligte sich weder an einer einzigen Ausschreibung, noch entstand irgendein Schaden.“
Hart geht Dirk Scherp am ersten Verhandlungstag auch mit dem Bundeskartellamt ins Gericht. Das wurde vom Gericht offenbar aufgefordert, eine Art „Beraterstatus“ für die Anklageseite und das Gericht einzunehmen. „Die Positionierung der Behörde ist voreingenommen, parteiisch und damit befangen“, machte der Anwalt deutlich, weshalb er auch den Ausschluss dieser Behörde von dem Verfahren erwartet. In einer 15-seitigen Stellungnahme an das Gericht habe sich das Kartellamt in der Summe ausschließlich damit beschäftigt, wie man den Bus-Unternehmen möglichst hohe Bußgelder „abknöpfen könne“ und wie man das am besten begründen müsste. „Die Argumente der Gegenseite wie zum Beispiel, dass einzelne Unternehmen sich an keiner einzigen Ausschreibung beteiligten, es somit gar keinen Schaden gibt und Bietergemeinschaften notwendig sind – für all das hat man sich im Kartellamt gar nicht interessiert. Es geht auch hier – wie im realen Leben – offensichtlich nur ums Geld.“