Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion

Vom 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr diskutierten heute beim „Tag des Bustourismus“ von GBK und WBO auf der Touristikmesse CMT in Stuttgart  Branchenkenner das Thema „Reisebus-Chauffeure dringend" gesucht. 100 Besucher waren gekommen.

Michaela Rothe, Verlegerin des Bus Blickpunkts, moderierte die Diskussion und warf u.a. die Frage auf: Liegt's nur am Geld? Verdienen Busfahrer zu wenig oder liegt´s an der Politik, die mit weltfremden Lenk- und Ruhzeiten Busfahrer am Geldverdienen hindert, dafür sorgt, dass Busfahrer, die zu bestimmten Zeiten fahren könnten und wollten, von der Gesetzgebung her nicht dürfen?

 „Als der Bus Blickpunkt die heutige Diskussion auf der Titelseite der Januar-Ausgabe ankündigte schrieben wir auch, dass in der Branche 2.000 Busfahrer fehlen.  Dieser Satz wirkte wie eine Initialzündung“, so Michaela Rothe zu Beginn der Diskussion: Sie verwies auf zwei Leserbriefe.

„Mir platzt langsam der Kragen“, schrieb uns Busfahrer Walter Steininger und sagte, es stimme nicht, dass Busfahrer fehlten. Es sind genug da, sie werden nur zu schlecht bezahlt und für 1.500 Euro netto wolle niemand diesen Job machen. Die Busunternehmer müssten halt mal ihren Geldbeutel aufmachen!

Busunternehmer Klaus Degenhart von Amos-Reisen war genauso empört, sah die Schuld jedoch woanders: Bei der Politik. „Wir in Bayern bezahlen nach Tarif und unser Unternehmen sogar noch darüber. Doch unsinnige Lenk- und Ruhezeiten bremsen die Fahrer beim Geldverdienen aus. Sie dürfen nicht fahren, obwohl sie könnten. Sie müssen freimachen, weil bei den Lenk- und Ruhezeiten der Bus wie der LKW behandelt wird. Fällt das weg, kann der Busfahrer auch mehr verdienen." Also, fahrerfreundliche Lenk- und Ruhezeiten – so die Forderung an die Politik.

Blick in den Tagungssaal im ICS Congresscenter der Neuen Messe Stuttgart

Die Diskussion förderte eine Reihe von interessanten Standpunkten zu Tage

 

 

 

 

 

 

 Die muntere Diskussion förderte dann so einige Erkenntnis zutage. Hier einige Positionen im Detail.

Christian Seel, Buschauffeur, Heidach GmbH, in Freiburg:

Fand mit 24 Jahren bei "Avanti" in Freiburg seinen Traumberuf. Wechselte jetzt, der Freundin wegen, zum Fernbus und will dort aber wieder weg. Der Busfahrer mache alles: "Gepäck einladen, Gepäck nach Ausstiegen sortieren, Service, sich mit den Kunden streiten, wenn die dieselben Tarife wollen wie sie bei Internetbuchungen ausgewiesen sind. 

Bülent Menekse, Geschäftsführer Omnibusverkehr Spillmann, Bietigheim-Bissingen:

„Es wird für Menschen immer wichtiger, einen sicheren Arbeitsplatz bis zur Rente zu haben. Das bieten wir, verbunden mit guten Tarifen für Fahrer... Unsere Produktion wird nicht, wie beim produzierenden Gewerbe, nach Osteuropa verlagert. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen auf ausländische Busfahrer zurückgreifen, weil keine anderen da sind." 

Michael Donth, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag:

„Mit 16 kann man eine Lehre als Bäcker oder Zimmermann machen, nicht als Busfahrer. Busfahren darf man erst ab 18. Das ist ein Handicap... Lenk- und Ruhezeiten waren auch eine Reaktion auf Forderungen der schockierten Öffentlichkeit nach schweren Busunfällen. Jetzt müssen wir gegensteuern, damit diese Regelungen nicht destruktiv wirken. Das Problem muss gelöst werden. Es ist allerdings so kompliziert, dass das nicht von heute auf morgen gehen kann. Wir sind hier mit dem BDO in engem Kontakt." 

Wolfram Goslich, Busconcept Berlin, schult  u.a. Busfahrer:

„Der Busfahrer braucht Anerkennung. Die Gruppen sind kleiner geworden, damit auch die Trinkgelder für Busfahrer. Ein Busfahrer muss nicht mehr nur einparken können. Die Schulung im Konfliktmanagement beim Umgang mit Fahrgästen ist genauso wichtig."

Annette Hanfstein, Fachliche Leiterin Beratung und Förderung, Regionaldirektorin Baden-Württemberg des Bundesagentur für Arbeit, Stuttgart:

„Es gibt einen Wettbewerb um Fachkräfte: 'Spätstarter gesucht', so der Name unserer Kampagne, mit der wir ungelernten Menschen ab 25 eine zweite Chance geben wollen. Durchaus auch als Busfahrer."

Peter Schmid, Ehrenpräsident der DEHOGA in Baden-Württemberg und Betreiber eines Biosphärenhotels in Bad Urach:

„Hilfe zur Selbsthilfe: Offenheit, Kommunikation, internes Marketing, daran kommt kein Unternehmen vorbei. Insgesamt gesehen, scheint es uns gut zu gehen: Wir haben einen Überregulierungstrieb in der Politik. Verschärfte Brandschutzbestimmungen und komplizierte Lenkzeiten sind Ausdruck dafür."

Michaela Rothe resümierte: „Busfahrermangel hat Ursachen, sehr konkrete. Bezahlung, Ausbildung und Rahmenbedingungen – an allen drei Faktoren hapert es. Gleichzeitig muss man davon ausgehen, dass nicht jeder Busfahrer werden kann." Und wenn man den Beruf des Busfahrers mit dem eines Piloten vergleiche, dann müsse man sich auch bewusst sein, dass der Beruf hohe Anforderungen stellt. Verantwortungsbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit, Belastbarkeit, Kundenservice, Technikinteresse, selbständiges Handeln und Konfliktfähigkeit seien gefragt.

Bei der Ausbildung von Berufskraftfahrer komme der Industrie- und Handelskammer eine zentrale Rolle zu. Sie ist vom Gesetzgeber eingebunden und überwacht diese Ausbildung organisatorisch. Ihre Aufgaben: Beratung der Betriebe und der Auszubildenden, Überprüfung der Ausbildungseignung der Betriebe.

Der Beruf des Busfahrers brauche, so Michaela Rothe, vor allem Öffentlichkeit – Wissen über diesen Beruf. Busunternehmer seien gut beraten, sich hier mit der IHK ins Benehmen zu setzen und die Situation in eigenemTerritorium auszuloten. Abschließend sagte sie: „Mit dieser Diskussion haben GBK und WBO ein Stück Öffentlichkeit geschaffen. Die Politik ist gefordert,  die Verbände sind gefordert, die Busunternehmer sind gefordert und die Busfahrer sind gefordert.  Nur im Zusammenspiel dieser Faktoren und nicht in der gegenseitigen Schuldzuweisung liege der Lösungsansatz. Attraktiv wird der Beruf des Busfahrers nur, wenn sein Image steigt und es sich auch finanziell lohnt, Busfahrer zu werden.“