Derzeit sind Millionen von Ukrainern auf der Flucht vor dem Krieg. Der Angriff auf die Ukraine sorgt weltweit für Empörung und Entsetzen, gleichzeitig löst er aber auch eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft aus – so auch in der Busbranche. Trotz (wirtschaftlichen) Corona-Nachwehen scheuen Busunternehmer weder Kosten noch Mühe, um zu helfen, wo es nur geht.

Eine dieser unzähligen hilfsbereiten Busunternehmen ist „Meso and More“ in Kroppach/Rheinland-Pfalz. Jennifer Meutsch ist Geschäftsführerin des Unternehmens. Die 33-Jährige hat gemeinsam mit ihrem Team „von einem Tag auf den anderen beschlossen, zu helfen“, sagt sie im Gespräch mit dem Bus Blickpunkt. Sie setzte sich mit dem zuständigen Landkreis sowie Hilfsorganisationen in Verbindung und bot ehrenamtliche Unterstützung an. Kurzerhand startete sie einen Aufruf für Sachspenden. Die Resonanz darauf sei überwältigend gewesen, erzählt sie. „Ich habe bis in die frühen Morgenstunden vor meinem Rechner gesessen, Nachrichten beantwortet und mich dann auch gleich um die Koordination der unfassbar vielen Sachspenden gekümmert, die wir von Freunden, Kunden, Firmen und ganz vielen hilfsbereiten Westerwäldern erhalten haben“, so Jennifer Meutsch weiter.  Es konnten mittlerweile zwei Busse und ein Kleinbus bis oben hin vollgepackt mit Hilfsgütern ihre Reise an die polnisch-ukrainische Grenze antreten. Mit an Bord sechs ehrenamtliche Fahrer und eine Mitarbeiterin mit ukrainischen Wurzeln, „um die Sprachbarriere zu brechen“, sagt Meutsch. Am 06.März kehrte der erste Reisebus von Meso und More mit 13 Flüchtlingen an Bord wieder zurück nach Kroppach, wo sie in Flüchtlingsunterkünften im Westerwald untergebracht wurden. „Nach 30 Stunden Suche, konnten wir nicht mehr Menschen finden, die mit uns kommen wollten. Viele haben Angst, es kursieren Gerüchte über Verschleppung. Die Menschen möchten sich möglichst grenznah aufhalten“. Am Tag darauf, am 07. März, kam der zweite Bus mit 48 Geflüchteten im Westerwald an. „Wir wollen und werden weiterhin helfen, egal wie“, erklärt die junge Busunternehmerin entschlossen.

Pinkbus gründet
Helpbus

Einfach stillzustehen und nichts zu tun, kam auch für den Kölner Fernbusanbieter Pinkbus nicht infrage. Bereits mit den Nachrichten über den Angriff Russlands auf die Ukraine habe man bei Pinkbus beschlossen, schnell und unkompliziert Hilfen für die Menschen zu organisieren, erzählt Christian Höber, Pinkbus-Geschäftsführer, am Telefon. „Die Branche wird gebraucht. Wir möchten helfen, wo wir können“, betont Höber. So sei im Austausch die Idee entstanden, Busse für den Transport von Flüchtlingen zu organisieren und zu koordinieren. Nils Neumann, Produktchef bei Pinkbus, habe sich bereit erklärt, dieses Projekt federführend zu steuern. Über das Wochenende (26./27. Feb.) hat das Pinkbus-Team dann Nägel mit Köpfen gemacht: Der Verein „Helpbus“ wurde per Eilantrag gegründet, um Spenden annehmen zu können. Eine Website wurde aufgesetzt, die Social-Media-Präsenz gestartet und der Kontakt zu Partner-Busunternehmen sowie Hilfsorganisationen aufgenommen. Mehrere Unternehmer aus dem Pinkbus-Netzwerk hätten sich daraufhin bereit erklärt, ehrenamtlich Hilfen an die Grenzen zu fahren. Anfangs waren neun Busse unterwegs zu den Grenzübergängen. Auch Anfragen unterschiedlicher Hilfsorganisationen häufen sich. Alle Anfragen könne man nicht bewältigen – zumindest bisher noch nicht. Man versuche aber zu helfen, wo man kann.

Die Spenden, die über Helpbus gesammelt werden, werden ausschließlich für die Busfahrten aufgewendet. „Mit den Spendengeldern kann man zumindest den Unternehmern die Tankfüllung honorieren“, so Höber.

Schnell mobilisiert
und organisiert

Beeindruckt von der Dynamik der Branche und der einzelnen Busunternehmen zeigt sich Stephan Rabl, Geschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO). Wie schnell sich die Unternehmen mobilisiert und organisiert sowie die Hilfsbereitschaft in die Tat umgesetzt haben, hätten ihn sehr beeindruckt. Bereits zwei Tage nach dem Angriff auf die Ukraine glühten die Telefone beim LBO. Zahlreiche Busunternehmer wollten wissen, wie sie helfen können und haben dafür Busse zur Verfügung gestellt. „Dafür gebührt ihnen großer Dank und Respekt. Obwohl sie durch die Corona-Krise bereits gebeutelt sind, fahren die Busunternehmen auf eigene Rechnung los, um zu helfen“, so der LBO-Geschäftsführer.

Wolff Ost-Reisen
bleibt optimistisch

Für den Osteuropa-Spezialisten Wolff Ost-Reisen „ist es bitter“, das Russland und die Ukraine als Destinationen wegfallen, „aber klagen hilft nicht weiter“, sagt Geschäftsführerin Kirsten Wolff. „Mir blutet das Herz, wenn ich die Bilder der Zerstörung sehe. Aber es bringt uns nichts, wenn wir alle in eine kollektive Depression verfallen“, so die erfahrene Touristikerin, die sich mit ihrem Unternehmen seit Jahrzehnten den osteuropäischen Ländern als Bus- und Gruppendestination verschrieben hat. „Wir stehen ständig in Kontakt mit unseren Partnern vor Ort sowie unseren Büros in Warschau und Prag, wo es normal weitergeht.“ Am 11. März veranstaltete Wolff Ost-Reisen sein erstes Prager Kulturkaleidoskop seit Beginn der Corona-Pandemie. Dieser Kulturevent der Spitzenklasse lässt Busgruppen bereits seit 1983 in die schönsten und geschichtsträchtigsten Kulturtempel der Tschechischen Hauptstadt eintauchen. Weitere Termine für den dreitägigen Musik- und Konzertreigen sind der 17. und 31. März 2022. „Auch für die Künstler und für Theater sowie unsere Leistungsträger in Prag ist diese Veranstaltung wichtig. Damit setzen wir ein positives Zeichen“, erklärt Kirsten Wolff.

Der Paketer ist außerdem bemüht, Busunternehmen, die z.B. Hilfsgüter an die ukrainische Grenze transportieren oder Flüchtlinge befördern, zu unterstützen – sei es z.B. bei der Organisation von Unterkünften für die Busfahrer oder bei Dolmetscherbedarf. „Wir haben uns Osteuropa verschrieben. Wir helfen, wo wir können“, unterstreicht Kirsten Wolff.