Der Name Uwe Szpöt dürfte jedem geläufig sein, der den jahrelangen Busstreit zwischen dem Busunternehmer Wolfgang Steinbrück und der Regionalen Verkehrsgemeinschaft (RVG) im thüringischen Gotha mitverfolgt hat. Szpöt ist Geschäftsführer der mittlerweile insolventen RVG. Der Rechtsstreit im Landkreis Gotha war zuletzt derart eskaliert, dass er schließlich in der Insolvenz der RVG und des traditionsreichen Busunternehmens Steinbrück (betrifft nur den Linienverkehr) gipfelte. Das Ergebnis: Eine beispiellose Schlammschlacht im ÖPNV, die von der Politik einfach hingenommen wurde. Die Zeche zahlt der Steuerzahler, während sich ein Teil der Verantwortlichen in den Ruhestand verabschiedet hat.
Worum geht’s? Ende Juli vermeldete die Thüringer Allgemeine (TA), dass Uwe Szpöt zum Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft Gotha (NVG) berufen wurde und er in dieser Funktion die Nachfolge von Wilfried Cott antritt, ehemals auch Büroleiter von Landrat Konrad Gießmann (CDU). Cott und Gießmann sind in den Ruhestand gegangen. Hintergrund: Der Gothaer Busstreit entzündete sich 2014 an der Forderung Steinbrücks nach mehr Geld für seine bei der RVG im ÖPNV erbrachten Leistungen. Gießmann war anderer Meinung. Er, als Landrat und damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der RVG, stellte sich quer und trug maßgeblich zur Eskalation des Streits bei.
Zurück zu Szpöt: Die NVG löst die RVG ab, die im Juli 2019 abgewickelt wird. Szpöt wird NVG-Chef. Wie bitte? Der Geschäftsführer, der mitverantwortlich ist für die Pleite der RVG und das Chaos im ÖPNV in Gotha soll jetzt wieder das Amt des NVG-Geschäftsführers bekleiden? Diese Frage beschäftigt auch den Verband Mitteldeutscher Omnibusunternehmer (MDO). „Es gibt in diesem Fall einen klaren Interessenkonflikt“, so der MDO auf meine telefonische Anfrage hin. Auch beim MDO habe diese Personalie für Verwunderung gesorgt. Ist Uwe Szpöt der richtige Mann, um den ÖPNV in Gotha für die nächsten zehn Jahre in die richtige Bahn zu lenken? Scheinbar ist der neue Landrat Onno Eckert (SPD) davon überzeugt. So sagte er der TA gegenüber, dass Szpöt sich als „geeignetster Bewerber“ herausgestellt habe. Und das, obwohl Eckert damals als juristischer Berater des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Thüringen das Geschehen hautnah mitbekommen hat.
Der ÖPNV im Landkreis Gotha wird jetzt europaweit ausgeschrieben. Wie denken eigentlich die Bieter darüber? Schließlich wird Szpöt maßgeblich an der Entscheidung mitbeteiligt sein, wer den Zuschlag für die nächsten zehn Jahre bekommt. Zudem ist er bis Juli 2019 immer noch Geschäftsführer der RVG und die RVG-Gesellschafter haben großes Interesse daran, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Jetzt, da Steinbrück aus dem Weg geschafft wurde, werden die Karten neu gemischt im Landkreis Gotha. Die RVG wurde damals vom Landkreis Gotha und privaten Busunternehmern wie Wolfgang Steinbrück (zu 33 % Anteilseigner) gegründet. Bei der Gründung der RVG brachten die jeweiligen Unternehmen ihre eigenen Linienkonzessionen mit ein. Mehrheitsgesellschafter ist der Landkreis. Zur RVG gehören zudem sieben weitere private Busunternehmen, die als Gesellschafter über die restlichen Anteile verfügen. Die NVG hingegen ist eine 100-prozentige Tochter des Landkreises. Damit hat man das private Unternehmertum zerschlagen – mithilfe von privaten Busunternehmern.
ZDF-Reporter decken Missstände im ÖPNV auf
Am 25. Juli beleuchtete die ZDF Zoom-Sendung „Nächster Halt: Stress im Nahverkehr“ die chaotischen Zustände im deutschen ÖPNV. Im Fokus der Sendung standen der zunehmende Ausschreibungswettbewerb und seine Folgen. Defekte Busse, chaotische Dienstpläne und schlechtbezahlte, gebeutelte Busfahrer waren u.a. das Rechercheergebnis der Reporter. Ausgelöst durch ausländische Investoren, die den ÖPNV in Deutschland betreiben. Die Aufgabenträger entscheiden sich bei den Ausschreibungen zunehmend gegen Qualität und Sozialstandards. Billig gewinnt. Wie ist das möglich? Dabei werden doch die EU-weiten Ausschreibungen im ÖPNV als Allheilmittel gesehen, wenn es nach Verdi, dem Deutschen Städtetag und dem VDV geht – also die Gegner der Eigenwirtschaftlichkeit. Von Lohn- und Sozialdumping, Aushöhlung der Tarife ist ständig die Rede, sobald das private Omnibusgewerbe und das PBefG thematisiert werden. Wo bleiben die Proteste von Verdi & Co., die mit der Lohn- und Sozialdumpingkeule seit Jahren auf das private Omnibusgewerbe prügeln, gegen diese aufgedeckten Missstände im ÖPNV?
Alle schauen dabei zu, wie einwandfrei funktionierende ÖPNV-Strukturen vielerorts kaputt gemacht und gegen die Wand gefahren werden – wie im Fall Steinbrück. Um es mit den Worten Prof. Dr. Andreas Knie, Geschäftsführer Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH (InnoZ), auszudrücken: Die organisierte Verantwortungslosigkeit im ÖPNV macht die ganze Sache schwierig.