Das Internet ist manchmal eine große Hilfe und manchmal ein großer Mülleimer. Jeder kann fast alles einstellen, mit seinem Namen oder auch als Dracula, Anonymus oder Reh. Ich habe mir mal ein paar Online- Bewertungen von einigen Hotels angesehen: „Hotel ist die Enttäuschung pur“, „sehr schlechte Atmosphäre, schwache Glühbirnen“, „beim Frühstück fehlte so einiges“, „macht um dieses Haus einen großen Bogen“, „Minibar war defekt und wurde durch eine defekte Minibar ersetzt“. Es gibt aber auch ungeteiltes Lob: „Jederzeit wieder“, „gutes Hotel für Kurzaufenthalte“, „Nicht zu überbieten!“. Portale wie Holidaycheck, Expedia, TripAdvisor, Trustyou, HRS oder hotel.de veröffentlichen solche Bewertungen.

Die Hotels nehmen diese Online- Bewertungen inzwischen, trotz aller Wenn´s und Aber´s, sehr ernst. Große Häuser haben mittlerweile Mitarbeiter dafür abgestellt, um die Online- Reaktionen zu lesen, gegebenenfalls zu beantworten oder zumindest aus ihnen ein Stimmungsdossier für das Management zu erstellen. Ein Instrument zur Verbesserung der Serviceleistungen. Einer Umfrage der Fachhochschule Worms zufolge nutzen 90 Prozent der Befragten Hotelbewertungen im Internet immer oder häufig als Entscheidungshilfe. Sie sind wichtiger als glänzende Hotelprospekte oder Empfehlungen von Freunden. Übrigens: Große Häuser, so um die 1.000 Betten, registrieren im Jahr mitunter bis zu 4.000 Online- Kommentare über ihr Haus. Natürlich gibt es auch Fälle, wo Lobhudelei von Hotels in Auftrag gegeben wird. Experten schätzen, dass etwa 15 Prozent der Einträge Fälschungen sind. Diese Fälschungen machen den Hotels nicht minder zu schaffen als anonyme Stimmungsmache. Den Hotels wäre schon gedient, wenn die Hotelplattformen es genauso hielten wie seriöse Zeitungen: anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. Dann hätten im Netz auch Dracula, Anonymus und Reh ausgedient.

 Florierendes Hotel, Pacht nicht verlängert

Kaum zu glauben, aber wahr: am 4. Januar 2015 schließt das Müritz Hotel in Klink in Mecklenburg- Vorpommern. Das Haus hat 785 Betten und ist ein sehr beliebtes Busreiseziel. Über 500 Reisebusse fuhren pro Jahr mit ihren Gästen zu diesem Hotel. 50 Prozent der Auslastung des Müritz Hotels kam über das Gruppengeschäft. Für 2015 lagen nach Auskunft des Hotelmanagements die Vorausbuchungen bis dato höher als in den Jahren zuvor. Von Insolvenz keine Spur. In einem Schreiben vom 8. September teilte das Hotel seinen Stammkunden mit, dass „der Eigentümer des von uns gepachteten Hotels nicht bereit ist, den Pachtvertrag zu verlängern.“ Den 110 Mitarbeitern wird gekündigt. Wie das? Was war geschehen? In einem Satz gesagt: Das Müritz Hotel ist offenbar unter die Räder der Immobilienspekulation geraten und wird von ihnen platt gemacht, wie es ein Bagger nicht besser besorgen könnte. Doch der Reihe nach: Das Müritz Hotel war ein bekanntes und beliebtes Ferienhotel der DDR am Binnensee Müritz. Es gehörte dem Gewerkschaftsbund FDGB. 1990 wurde das Hotel von der Treuhand zum Verkauf ausgeschrieben. Den Zuschlag bekam die Berliner Immobilienfirma ITAG. Als Betreibergesellschaft fungierte die Müritz Hotel GmbH. Sie hatte einen Pachtvertrag mit der ITAG. 2005 geriet die ITAG in Zahlungsschwierigkeiten und musste Insolvenz anmelden. Auf der Suche nach einem Käufer wurde der Insolvenzverwalter 2011 fündig. Die Immobilienfirma Avila aus Berlin übernahm das Grundstück und das Hotel. Gleichzeitig einigte man sich mit der Müritz Hotel GmbH auf einen neuen Pachtvertrag. Laufzeit bis zum 31.12.2014. In Aussicht gestellt wurde seitens Avila der Bau eines neuen Hotels auf dem Grundstück, in dem dann auch die Mitarbeiter des bisherigen Hotels beschäftigt werden sollten. Dann eskalierten die Schwierigkeiten zwischen Verpächter und Pächter. Anzeichen bzw. Vorbereitungen, die auf den Bau eines neuen Hotels hätten schließen lassen, gab es nicht. Die Müritz Hotel GmbH hatte bis zuletzt darum gekämpft, den Pachtvertrag wenigstens solang fortführen zu können, bis die baurechtlichen Weichen für einen Hotelneubau gestellt sein würden. Vergeblich. Avila verlängerte den Pachtvertrag nicht. Der Müritz Hotel GmbH blieb nur noch, das Haus zum 4. Januar 2015 zu schließen. Das 45 ha Grundstück direkt am See Müritz ist ein Filetstück. Insider vermuten, dass Avila diesen Besitz bald weiter gewinnbringend veräußern könnte. Vielleicht braucht man das Geld sehr dringend. Möglich, dass an der Müritz irgendwann wieder ein neues Hotel entsteht. Die 110 Mitarbeiten dürften bis dahin längst wieder in Lohn und Brot sein. Der Bedarf an Arbeitskräften in der Region ist groß.