Seit Mitte dieses Jahres tobt ein heftiger Streit zwischen Wolfgang Steinbrück, Busunternehmer und Präsident des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (BDO), und Konrad Gießmann, dem amtierenden Landrat des Landkreises Gotha. Dieser Konflikt ist inzwischen so weit eskaliert, dass gegen Wolfgang Steinbrück ermittelt wird wegen Verdachts auf Subventionsbetrug. Es geht um Fördermittel, die er teilweise dazu verwendet haben soll, sein Unternehmen liquide zu halten. Von Summen in Millionenhöhe ist die Rede.

„Das ist alles erstunken und erlogen. Wir werden es widerlegen“, erklärte Wolfgang Steinbrück auf meine telefonische Nachfrage. Er vermutet hinter diesen Ermittlungen einen politisch motivierten Rachefeldzug gegen ihn. „Man will mich als privaten Busunternehmer weg haben“, ist er sich sicher. „Ich bin kein Subventionsempfänger, so wie das dargestellt wird. Ich habe einen Subunternehmervertrag und erbringe meine Leistung. Diese Leistung wird mir nach ortsüblichen Tarifen bezahlt“, so Wolfgang Steinbrück. „Mit Subventionen habe ich gar nichts zu tun.“ Am 07. November wurde im Landgericht Erfurt in dieser Sache eine Entscheidung in Form eines Beweisbeschlusses verkündet. In dieser Sache soll noch ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Eine Zeitangabe, wie es konkret weitergeht, konnte die zuständige Pressesprecherin beim Redaktionsschluss noch nicht machen.

Auslöser für den Disput zwischen Steinbrück und Gießmann waren die Pläne des Landrats Gießmann, die Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha (RVG) durch die Neugründung der Nahverkehrsgesellschaft Gotha (NVG) als 100-Prozentige Tochter des Landkreises abzulösen. Die RVG wurde damals vom Landkreis Gotha und privaten Busunternehmern gegründet. Bei der Gründung der RVG brachten die jeweiligen Unternehmen ihre eigenen Linienkonzessionen mit ein. Wolfgang Steinbrück ist zu 33 Prozent Anteilseigner der RVG und betreibt seit vielen Jahren den gesamten Stadtverkehr. Mehrheitsgesellschafter ist der Landkreis mit 54 Prozent. Zur RVG gehören zudem sechs weitere private Busunternehmen, die als Gesellschafter über die restlichen Anteile verfügen.

Das Problem des Ganzen: Eine EU-Verordnung schreibt ab 2019 die Neuordnung der Vergabe im ÖPNV vor. Der Landkreis will die Verkehrsleistungen europaweit ausschreiben. Die Erklärung des Landkreises diesbezüglich: „Aufgrund des bisherigen hohen Zuschussbedarfs im ÖPNV von mehr als 5 Millionen Euro jährlich ist eine Ausschreibung der anschließenden Verkehrsdienstleistungen notwendig. Die RVG allerdings darf dieses Vergabeverfahren aufgrund ihrer Teilhaberstruktur nicht leisten. In der Gesellschaft sind mit dem Landkreis und lokalen Busunternehmen sowohl Auftraggeber wie auch potenzielle Auftragnehmer vereint. Deshalb soll das Vergabeverfahren von einer neuen, zu 100 Prozent kreiseigenen Gesellschaft durchgeführt werden, der nun beschlossenen NVG.“

Das bestätigte auch RVG-Geschäftsführer Uwe Szpöt auf meine Anfrage. Außerdem sagte Szpöt: „Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand soll die RVG am 30. Juni 2019 abgewickelt werden.“ Also werden die Verkehrsleistungen, die der RVG momentan erbringt, ab Mitte 2019 anderweitig vergeben werden. Für Wolfgang Steinbrück steht dabei sehr viel auf dem Spiel. Außerdem ist zu hören, dass auch innerhalb der RVG Stimmen von privaten Busunternehmern laut werden, die der Meinung Wolfgang Steinbrücks widersprechen.

Zu den Vorwürfen in Sachen Verdacht auf Subventionsbetrug gegen Wolfgang Steinbrück wollte sich Uwe Szpöt nicht äußern. Im Gegensatz zu Wolfgang Steinbrück, so Szpöt, sei er nicht bereit bei einem laufenden Verfahren Streitigkeiten in der Öffentlichkeit auszutragen.Wolfgang Steinbrück nimmt zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen sowohl auf seiner Website als auch auf Facebook Stellung. Unter anderem hatte er das Kalkulationsschema der RVG auf den genannten Plattformen veröffentlicht. Steinbrück begründet das damit: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Die Vorwürfe sind unterirdisch und auf nichts begründet.“ Deswegen versuche er, Transparenz herzustellen und die Öffentlichkeit zu informieren.

Nicht genug des Ärgers: Dann läuft da auch noch das Verfahren um die Bezahlungen der Leistungen von Steinbrück in der RVG. Er verlangt eine zusätzliche Summe in Höhe von 1,3 Mio. Euro (Bus Blickpunkt berichtete im August). RVG-Chef Uwe Szpöt kommentierte: „Merkwürdig ist, dass Herr Steinbrück 4,11 Euro pro Fahrplankilometer im Stadtverkehr Gotha für das Jahr 2014 eingeklagt hat. Für 2015 verlangt er 3,98 Euro. Und jetzt hat er einen eigenwirtschaftlichen Antrag auf die Linien der Thüringer Wald- und Straßenbahn (TWSB) für zehn Jahre gestellt und will dort 2,05 Euro pro Fahrplankilometer hinkommen. Das passt irgendwie nicht zusammen.“ Der Antrag von Wolfgang Steinbrück wurde abgelehnt.