Die Verantwortlichen haben die Internet-Domain nicht reserviert

Wohl kaum, bis auf das wahrscheinliche Einführungsdatum 1. Mai und den neuen Namen „Deutschlandticket“ (den man mal so eben vergaß, als Internetdomain eintragen zu lassen – kleiner Treppenwitz am Rande! Da war TransDev dann doch schneller – man wird sich hier miteinander einigen müssen) ist eigentlich kaum etwas geklärt. Zumindest wenn es um die handfesten Zankäpfel Vermarktung, Einnahmeaufteilung und Tarifgenehmigung geht. Für letztere hat der Bund eine „Tariffiktion“ angesetzt – ein Wort das sehr schön den Politzirkus rund um das Ticket, das Verkehrsminister Wissing im Bundestag als „Multitalent“ bezeichnete, das „alle Probleme löst“, beschreibt. In Wahrheit wird die Verantwortung einfach nach unten durchgereicht. Der Bundesverband bdo sieht das ähnlich und schlägt gemeinsam mit den beiden Landesverbänden WBO und LBO wieder schrillen Alarm, wohingegen der VDV merkwürdig ruhig(gestellt?) geworden ist. In einer Stellungnahme auf den Gesetzesentwurf zur Änderung des Regionalisierungsmittelgesetzes, für die der Verband in üblicher Gesetzgebungsmanier gerade mal etwas mehr als 14 Stunden Zeit hatte, um Stellung zu nehmen. Das hieß wohl Nachtarbeit in der Reinhardtstraße. Christiane Leonard gibt den Mitgliedern zum Preis des Tickets zum
Beispiel mit auf den Weg: „Dabei sieht der vorliegende Gesetzesentwurf „noch“ gar keinen Höchsttarif von 49 Euro vor. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser erst durch die Länder festgesetzt werden muss. Das haben diese aber bislang nicht vorbereitet. Somit rennt die Zeit davon und eine flächendeckende Einführung wird immer unrealistischer. Noch kann hier nachgesteuert werden. Als Optimistin hoffe ich auf die Einsicht von Bundestag und Bundesrat, diesen schwerwiegenden Fehler jetzt zu beheben.“


Alexander Möller, ÖPNV-Experte und -berater, übt sich ebenfalls in vorsichtigem Optimismus: „Das Deutschlandticket evolutioniert den ÖPNV. Jetzt müssen wir aufpassen, dass bei den Unternehmen niemand unter die Räder kommt. Deshalb sollten jetzt die Regelungen zur Einnahmeaufteilung zwischen den Anbietern und die Schnittstelle zu den Kunden im Fokus der nächsten Schritte stehen. Dabei brauchen wir keine zusätzlichen Institutionen und Bürokratie, sondern digitale, faire und praktikable Lösungen.“ Das klingt fast zu schön, um wahr zu werden. Nicht ganz von ungefähr fiel aus den Oppositionsreihen bei der einstündigen ersten Lesung das böse Wort vom „Mogelticket“. Ein kämpferischer Ulrich Lange von der CDU beklagte, die ÖPNV-Einnahmen des Landkreises seien eine Blackbox, was die Verteilung betrifft. „Ich muss meinen Unternehmen dann sagen, die FDP hat euch in die Insolvenz getrieben.“
Auch Hennig Rehbaum (CDU), der letztes Jahr den Parlamentskreis Bus gegründet hat, stellte am Ende der Debatte die Frage an eine SPD-Abgeordnete, nach welchem Schlüssel denn die Einnahmen verteilt werden sollten, alleine im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr rechne man mit mehreren 100 Mio. Euro Einnahmeausfällen.

Viele Verkehrspolitiker befürchten Einnahmeausfälle

Die so angesprochene faselte kurz etwas von „vereinbarter Spitzabrechnung“ und „Coronahilfsgeldern“ und dass die ÖPNV-Betriebe selbstverständlich finanziert würden. Aber wird diese
Finanzierung auch langfristig „auskömmlich“ sein, wie es bdo, WBO und LBO unisono fordern?
Einen Trostpreis zum zehnjährigen Unternehmens-Geburtstag, der Ende Februar gefeiert wird, bekommt Flixbus dieser Tage aus Berlin und Paris serviert: zwar ist die Einbindung des Fernbusses in das Deutschlandticket offenbar endgültig vom Tisch, aber das Verkehrsmittel soll dafür in das neue deutsch-französische Freundschaftsticket für junge Menschen eingebunden werden. „Der Fernbus genießt in der jungen Zielgruppe eine breite Akzeptanz und ermöglicht flexiblen, leicht zugänglichen und sicheren Verkehr,“ heißt es in einem Brief des bdo an die beiden Ministerien. Wer weiß, vielleicht wird ja auch der Wunschtraum von Verkehrsminister Volker
Wissing wahr, und Frankreich nimmt sich ein Vorbild an uns. Im Bundestag ist er sich sicher: „Wir inspirieren viele unserer Nachbarländer mit dem Ticket!“ Na denn, ÖPNVler Europas, vereinigt euch! n