Am 6. April startete auf dem Marktplatz von Brügge in Belgien die Flandern-Rundfahrt. Eines der bedeutendsten Radrennen der Welt. Einen Tag vorher ging im Provinciaal- Hof direkt am Markt die 63. RDA-Mitgliederversammlung zu Ende. Damen, die sich in jenen Tagen von ihrem Hotel aus auf den Weg zur Mitgliederversammlung machten, hatten mit den Radrennfahrern, die auf dem Marktplatz ihre Startrunde drehten, ein Problem gemeinsam: das Kopfsteinpflaster. Für Pumps und Pneus eine Strapaze.
WLAN-Plätze in Fernbussen reichen nicht
Als ich am Morgen des ersten Beratungstages meine Schritte über den gepflasterten Marktplatz zum Provinciaal- Hof lenkte, begegnete ich Andreas Frenzel vom gleichnamigen Busausstatter. Genau wie ich wollte er die Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Buskomfort (GBK) von Anfang an erleben. Denn es standen mehrere Neuerungen an. So sollen Fünf-Sterne-Busse ab Juli 2016 eine Steckdose pro Doppelsitz haben. „Wir haben schon jede Menge Busse mit Steckdosen nachgerüstet. Das ist zeitgemäß“, sagte er. Im Fernbus leert sich schon mal der Akku im Laptop, Aufladung tut not. Mit den Internetplätzen gibt es ohnehin Probleme. Der Router reicht meist nur für 8 oder 16 Plätze aus, der Rest schaut in die Röhre. Beim ADAC-Postbus mit Lufthansasystem sollen sich schon 50 Reisende gleichzeitig einloggen können. Also, Steckdosen sind wichtig. Die Nachrüstung dieser Steckdosen, so Andreas Frenzel, kostet pro Bus 2.800 bis 3.500 Euro. Wenn noch dazu ein Stromumwandler installiert werden muss, darf man mit 8.000 Euro rechnen. In der Diskussion später auf der GBK-Tagung ging es dann auch darum, ob es nicht einfacher wäre, bei der Nachrüstung von Steckdosen die Kabel in den Servicesets über Kopf zu verlegen. Einfacher schon, doch dann hängen die Kabel runter und der Bus sieht aus, als wäre die Intensivstation der Charité auf Betriebsausflug. Nicht nur beim Thema Steckdosen rüttelt der Hype des Fernbusses an den Fundamenten der Güte- und Prüfbestimmungen der GBK. Beschlossen wurde in Brügge auch der Tod der Busforelle – Würstchen mit Brot. Nicht ganz so direkt. Aber immerhin wird künftig bei den Gütekriterien das Wort Miniküche durch den allgemeinen Begriff „Bordverpflegung“ ersetzt. Eine Miniküche ist nicht mehr zwingend notwendig. Das hat seinen Grund. Der sogenannte Snackautomat, wie er zum Beispiel von Frenzel angeboten wird, kann nur dort installiert werden, wo bisher die Miniküche war. Also: Miniküche oder Snackautomat.
Toilettengeld für soziale Zwecke spenden
Und da wir uns schon mal im Mitteleinstieg des Reisebusses befinden, gleich noch eine Anmerkung zur Bordtoilette. Dort soll die Stehhöhe ab 1. Juli 2016 immerhin 1,80 Meter betragen. Auch das scheint wohl dem Fernbushype geschuldet. Die Insassen werden nicht nur jünger, sondern auch größer. Busunternehmer Bernhard Merx aus St. Leon- Rot rief mich gleich an und hatte noch einen Verbesserungsvorschlag. Er und auch einige andere seiner Kollegen Busunternehmer wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die Bustoilette endlich mit einem Gebührenautomat verschlossen werden kann. Sie sei für Notfälle gedacht. Doch in Zeiten, da die Toilettennutzung an Raststätten 70 Cent kostet, warteten die Leute, bis der Bus abfährt und verrichten ihre Notdurft im Bus, weil es da nichts kostet. Bernhard Merx: „Das sagen die Dir ganz frech ins Gesicht:“ Und eins stellt er noch klar: „Wir wollen mit der Toilettenbenutzung kein Geld verdienen, sondern die Beträge gern für soziale Zwecke spenden. Aber es kann nicht sein, dass der Bus zur fahrenden Toilette wird.“ Abschließend nochmal vom Kopfsteinpflaster auf dem Marktplatz von Brügge zurück auf den Boden der Tatsachen. Zum Abschluss der 63. RDA-Mitgliederversammlung rollte Ronald Berlinghoff dann doch noch einmal die Bombe über den Tisch: „Ich würde mir wünschen, dass die Verbände auch personell zusammengehen. Für die Außenwirkung des IBV ist das sehr wichtig.“ Der Internationalen Bustourismus Verband IBV (Dach von RDA und GBK) stagniert in dieser Frage. Vom Prozess eines weiteren Zusammenwachsens der Verbände in dieser Frage, wie bei der IBV-Gründung vor drei Jahren avisiert, ist wenig zu spüren. Beispiel: 60 GBK-Mitglieder, so in Brügge zu erleben, beraten und beschließen am Morgen über 250 Euro Imageumlage und wandern am Nachmittag in die RDA-Versammlung und beschließen das, was sie bereits vor zwei Stunden beschlossen haben, nochmals.