Anfang des Jahres bekam Busunternehmer Jörg Melskotte aus Salzgitter Post vom Kurdirektor des Ostseebades Heringsdorf. Die Betreff-Zeile lautete: Pflicht zur Kurabgabe. In dem Schreiben wird ihm mitgeteilt, dass im letzten Jahr Busreisende, die mit seinem Unternehmen in Heringsdorf auf der Insel Usedom on tour waren, bei einem Aufenthalt in den drei Kaiserbädern ihrer Pflicht nicht nachgekommen seien, eine Kurabgabe zu leisten.
Die drei Kaiserbäder sind Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin. Wörtlich heißt es im Brief: „Ihre Busreisenden wurden von unserem Kurkartenkontrolleur ohne Kurkarte angetroffen. Auch wenn Busreisende sich nur kurz in unseren Seebädern aufhalten (Toilettengang) wird eine Kurabgabe fällig (Tageskurkarte) ... Diese Kurabgabe ist in einer unserer drei Tourist-Informationen zu leisten oder mit Gebühr an einem unserer Kurtaxautomaten.“ Für das Unternehmen Melskotte, das diese Tour im Auftrag des Veranstalters WTS fuhr, war dieser Sachverhalt neu. Zwar wusste man, dass in Deutschland vielerorts Kurtaxe zu entrichten ist, bei Übernachtungen dieser Betrag oft auf der Hotelrechnung ausgewiesen wird und dass man auch an Nord- und Ostseeküste mancherorts beim Betreten des Strandes einen Betrag zu zahlen hat. Doch für einen Tagesaufenthalt von zwei, drei Stunden im Ort, bei dem man Mittagessen geht undirgendwann eine öffentliche Toilette, die vielleicht sogar bezahlt werden muss, nutzt, fast drei Euro Kurtaxe zahlen zu müssen, das kam für Busunternehmer Jörg Melskotte überraschend.
Kaiserbäder schlagen fürstlich zu
Der Kurdirektor wies außerdem daraufhin, dass lt. Satzung des Ostseebades „das Antreffen ohne Kurkarte“ mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Letzteres ist in diesem Falle wohl nicht geschehen. Man beließ es bei dem Hinweis und übermittelte einen Informationsflyer für die Fahrgäste. Wie meine Nachfrage beim Fremdenverkehrsverband des Bundeslandes Mecklenburg- Vorpommerns ergab, wird das Thema Kurtaxe an der Ostseeküste von Ort zu Ort unterschiedlich gehandhabt. Während Zingst und Boltenhagen (nur am Strand) für Tagesaufenthalte im Ort keine Gebühr erheben, kostet die Tageskarte in den Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin 3,00 Euro. Busunternehmer erhalten einen Gruppenrabatt: 1,30 Euro pro Person. Hört sich zwar schon besser an, löst das Problem für den Busunternehmer aber nicht. Er muss diesen Preis kalkulieren und auf den Preis des Tagesausfluges erhöhen.
Bettensteuer, Kurtaxe, Gewerbeertragssteuer...
Das den Reisenden zu erklären, ist schwer. Schließlich sorgen sie auch für Umsatz im Ort: Restaurants, Cafés, Boutiquen, Hallenbäder und andere mehr verdienen an Busreisekunden. Ein Busunternehmer, dem Ähnliches wie dem Busfahrer von Jörg Melskotte widerfuhr, kommentierte diese Entwicklung mit den Worten: „ ... wenn einer mit dem Kassieren anfängt, dann ziehen alle anderen nach. Bei der Bettensteuer war es genauso.“ Fest steht: Mit der Kurtaxe für den Tagesaufenthalt im Ort wird die Busfahrt an die Ostsee nicht attraktiver. Bettensteuer, Gewerbeertragssteuer, Kurtaxe selbst für denToilettengang – dem zahlenden Gast wird immer tiefer in die Tasche gegriffen wird. Am besten die Kurtaxe vorher per Mail für die Gruppe anmelden, so die Empfehlung vor Ort.
Die Summe der kleinen und großen Hindernisse
Freunde der fröhlichen Gruppenreise, möchte man ausrufen, was soll die One-Man- Show Busunternehmer eigentlich noch alles machen? Fragt man Busunternehmer, die in den letzten Jahren ihren Reiseverkehr aufgegeben haben, warum sie keine Reisebusse mehr bewegen, so lautet die Antwort oft: „Es macht keinen Spaß mehr“. Die Summe der vielen kleinen und großen Hindernisse ist es, die hinter dieser Antwort steht.
Fehlende Informationen für Tageskurkarte im Ort: Stress!
Von den Behinderungen für Reiseleiter in italienischen Städten wie Rom oder Venedig, über die Umweltzonen in Berlin, Stuttgart und anderswo bis zur Tageskurkarte für den Toilettengang in Ahlbeck. An der Ostsee scheint sich nun gerade für Tagestouristen per Bus eine neue Hürde aufzubauen. Von Ort zu Ort, der Anfang ist gemacht. Zu Stress führt das erst recht,wenn die Anreisenden, nichts ahnend von ihrer „Ordnungswidrigkeit“, den Kurtaxekontrolleuren in die Arme laufen. Die Worte, die da in Heringsdorf gewechselt wurden, sind gewiss nicht druckreif.