Jedes Jahr im Frühjahr gönne ich mir etwas Besonderes: Den Besuch des Deutschen Weihnachtsmarktforums. In diesem Jahr fand es bereits zum zweiten Mal statt, im Dorint Hotel in Frankfurt Niederrad. Drinnen Weihnacht, draußen Knospenknall, ein schöner Kontrast. Gut 100 Teilnehmer, die meisten Geschäftsführer von Weihnachtsmärkten, kamen zu diesem Erfahrungsaustausch. Und da wir im Bus Blickpunkt alljährlich im Juni über Weihnachtsmärkte berichten, ist das eine gute Gelegenheit, Sachkenntnis zu diesem Thema zu tanken. Zugegeben, auf den ersten Blick klingt das Thema nicht sehr spannend: Glühwein, Glitzer, Glockenklang – was soll schon sein? Beim genaueren Hinsehen jedoch entpuppt sich der Weihnachtsmarkt als ein Ereignis, als knallhartes Geschäft, das nicht nur mit Wunderkerzen für Zündstoff sorgt.
Die Gema langt kräftig zu
Zum Beispiel, wenn es um die Musik geht, die auf Weihnachtsmärkten gespielt oder aufgeführt werden darf. Das allgemeine Stöhnwort der Veranstalter heißt Gema. Das ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte mit Sitz in Berlin. Sie vertritt die Urheberrechte von Komponisten, Textdichtern bzw. Musikverlegern und verlangt Gebühren, wenn bei ihr registrierte Titel auf Weihnachtsmärkten gespielt werden. Die Größe des Betrags richtet sich nach der Fläche des Weihnachtsmarktes. Da die Karlsruher Richter in einem Rechtsstreit entschieden, dass die Gema auch Flächen, die nicht direkt beschallt werden, wie Toilettenhäuschen oder Zelte von Rettungsdiensten, dazurechnen darf, geht es bei Weihnachtsmärkten inzwischen um Lizenzgebühren von mehreren tausend Euro pro Markt. Walter Hoffmann, der den Kunsthandwerkermarkt auf Schloss Moyland im Kreis Kleve veranstaltet, sagte: „Ursprünglich hatten wir 5.000 Euro an die Gema gezahlt, dann wollten die plötzlich 25.000 Euro. Da haben wir dann ein Jahr ganz auf Musik verzichtet. Das haben uns die Besucher jedoch sehr übel genommen. Weihnachtsmarkt ohne Musik geht nicht.“
O Tannenbaum kostet nichts, Zuckowski schon
Auf Weihnachtsmärkten dudelt meist ein Mix von „Süßer die Glocken nie klingen“ bis „Last Christmas“ aus der Konserve oder Live durch die Budengassen. Wichtig zu wissen: Lieder, deren Urheber mehr als 70 Jahre tot sind, sind eine Art Allgemeingut. Wenn sich beispielsweise der Seniorenverein Silberdistel auf die Bühne stellt und „Stille Nacht, heilige Nacht“, „O Tannenbaum“ und „Lasst uns froh und munter sein“ schmettert, dann ist das der Gema schnurz. Singen dieselben Damen und Herrn vom reiferen Semester aber die größten Hits von Rolf Zuckowski, dann werden Lizenzgebühren fällig.
Ein Esel braucht neun Quadratmeter Auslauf
Weihnachtsmärkte sind ein großes Geschäft, an dem viele verdienen wollen. Und so still und friedlich, wie man meinen könnte, geht es dabei durchaus nicht zu. Da sind die Anwohner, die sich plötzlich beklagen, dass durch die Tannen die Sicht auf die schönen Fachwerkhäuser für sechs Wochen versperrt wird. Michael Bitter, Geschäftsführer Goslar Marketing, war jedoch nicht aus dem Konzept zu bringen: „Die schönen Fassaden sehen wir das ganze Jahr. Jetzt halten wir das mal sechs Wochen ohne Fassaden aus.“ Und dann noch der Ärger mit den Tierschützern, wenn es ums Krippenspiel geht. Ein Esel muss laut Tierschutz neun m² Auslauf haben. Zwei Esel im gemeinsamen Gehege 12 m². Weil zwei m² fehlten und sich Tierschützer beim Veterinäramt beschwerten, musste Veranstalter Michael Welslau aus Bad Salzuflen seine Weihnachtskrippe wieder abbauen.
Vom Weihnachstmarkt kann man das ganze Jahr leben
Kaum zu glauben, wenn´s draußen schneit und der Schnee im weißen Winterwald leise rieselt, gehen die Besucherzahlen auf den Weihnachtsmärkten oft um bis zu 15 Prozent zurück. Der Grund: Die Leute steigen bei glatten Straßen nicht ins Auto. Weihnachtsmärkte brauchen auch Disziplin. Wer seinen Stand nicht pünktlich um 10.00 Uhr offen hat: „Zack, 1.000 Euro Strafe, das muss wehtun!“ war in der Diskussion zu hören. Doch die Veranstalter der Weihnachtsmärkte haben natürlich auch so ihre Erfolgserlebnisse. Vor allem, wenn der Weihnachtsmarkt am Ende abgebaut wird und die Aussteller sich mit einem breiten Grinsen verabschieden. Manche sagen: „Ich kann davon das ganze Jahr über leben, wenn ich noch ein, zwei Nebenjobs habe.“